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Alter Hase in neuem Bau: Marcus Philipp und sein The Pink Rabbit in Wien

Passagenwärter, Hohepriester, Hasenfänger: Mit seiner ersten eigenen Bar The Pink Rabbit in der Wiener Innenstadt stiftet Marcus Philipp dem Bar- wie Cluberlebnis der einstigen Albertina Passage Reminiszenz. MIXOLOGY Online hat den Neo-Barbetreiber in seinem Hasenbau unter dem Studentencafé Stein zum Gespräch getroffen.

Von der Pflanzen- und Gewürzwelt der ehemaligen Botanical Garden Bar ist längst nichts mehr zu sehen in der Kolingasse 1 des neunten Wiener Gemeindebezirks. Nach deren Schließung vor rund zwei Jahren standen die Räumlichkeiten im Souterrain unterhalb des Café Steins mit Zugang von der Währinger Straße leer.

The Pink Rabbit als Herzensprojekt

Mittlerweile wimmelt es dort vor Kaninchen. Denn jetzt befindet sich an dieser Stelle eine neue Bar: The Pink Rabbit. Marcus Philipp hat sie zu Jahresbeginn noch während der Pandemie-Hochphase als seine erste Bar eröffnet, sie von Grund auf an den Start gebracht. Die große Eröffnungsfeier fand erst vor kurzem statt, in weniger pandemiebelasteten Zeiten als noch im Januar.

Damit ist für ihn ein „Herzensprojekt“ in Erfüllung gegangen. „Während der Pandemie habe ich so oft die Frage gehört, ob ich nicht umsatteln möchte. Nein, das will ich nicht, weil ich 20 Jahre in diesen Weg investiert habe. Umso stolzer bin ich, wie wir jetzt dastehen. Zum anderen dient eine eigene Bar auch zur Absicherung, gerade wenn man Familie hat, arbeitet man nicht mehr nur in die eigene Tasche“, findet der gelernte technische Zeichner für Hoch- und Tiefbau.

Selbst auf klassische Weise im Nebenjob am Tresen gestrandet, ist er nach 20 Berufsjahren als alter Hase in diesem Metier fest verwurzelt. Nachdem er die noch vor dem ersten Lockdown geschlossene Albertina Passage als Barchef verlassen hatte, trieb es ihn durch die gesamte österreichische Bundeshauptstadt. Er öffnete die Schleusen der Spelunke am Donaukanal, segelte auf das Sonnendeck der Aurora Rooftop Bar und verpasste als Barchef der The Chapel Speakeasy seiner Glaubensgemeinschaft die letzte Ölung im Drink-Format.

Im Erdgeschoss des Café Stein befand sich früher das Botanical Garden, zwei Jahre stand es leer. Nun hat dort Marcus Philipp sein The Pink Rabbit eröffnet.

Wanderjahre mit Qualität

„Doch nach der Albertina, die ich noch als Baustelle gesehen habe und mich mehr als fünf Jahre geformt hat, war es schwierig für mich, etwas Vergleichbares zu finden, wo ich mich jemals so zuhause gefühlt habe. Sie war einfach einmalig“, resümiert der ehemalige Barmanager des Wiener Dinnerclubs.

Die Inneneinrichtung der Botanical Garden Bar hat der gebürtige Wiener übernommen, dazu die Gitterwand am Tresenende, die vielleicht begrünt wird und wie ein „Hasenkäfig ganz gut dazu passe“. Lediglich das Bar-Equipment hat er mit Bar- und Vintage-Gläsern sowie einer Mokka-Espresso-Kanne für Espresso Martini ergänzt. Der Mokka für den populären Drink wird von seinem toskanischen Teamkollegen Marco Finotto zubereitet, der Marcus Philipps Spur vom italienisch inspirierten A‘ Frisella in Wiens Zentrum aufgenommen hat. Gülden Caliskan komplettiert das noch zu erweiternde Trio mit femininem Touch.

Mit The Pink Rabbit will er eine Reminiszenz an die Ära der Wiener Albertina, die sowohl Bar-, Restaurant- als auch Club mit 320 Sitzplätzen, 200 Mitarbeitern und ein gemischtes Publikum war und die Instagram-Gemeinde über den nun auch von Philipp verwendeten Hashtag #followthepinkrabbit vereinte. „Wahrscheinlich wird es eine solche Einrichtung in dieser Größe nicht mehr geben. Angesichts dessen waren wir damals ziemlich mutig, so aufwendige Drinks zu kreieren, die immer noch gerne getrunken werden“, so Marcus Philipp.

The Pink Rabbit

Kolingasse 1
1090 Wien

Di - Do 18 - 1 Uhr, Fr & Sa 18 - 2 Uhr

Das Eröffnungs-Team des Pink Rabbit: Marco Finotto (links), Gülden Caliskan und Marcus Philipp

Eigene Getränkedosenpresse für das To-Go-Geschäft

Einige jener liquiden Albertina-Klassiker finden sich auf der ersten Karte der neuen Bar nahe der Fußgängerzone wieder. Der Gin & Tea stammt genauso aus dieser Zeit wie der Martini-Twist Mamma Mia oder der klassische Persuan Mule. Auch der Passion Martini mit Passionsfrucht, Philipps erster für die Albertina Passage kreierte Drink, ist auf dem Premierenmenü. Der mit Tequila und rauchigem Mezcal gemixte Mosquito Brutal-Cocktail, den der Österreich-Sieger der Diageo World Class 2017 für das World Class Finale in Mexiko kreiert hat, ist neben weiteren Eigenkreationen, Klassik-Twists, Shots, alkoholfreien Cocktails, Weiß- und Rotweinen wie Champagner und Barsnacks Teil der Karte. Bildlich mit dem Dürer-Hasen betitelt, ziert dieser auch die Drinks-to-go in Dosen.

Dafür hat der Hasenbau-Betreiber eine eigene Getränkedosenpresse angeschafft. „Das To-go-Geschäft ist ein Modell, das uns der Lockdown offeriert hat“, und das wolle er fortführen. Gedellte, gedörrte oder für die Garnitur nicht mehr verwendbare Früchte landen im hauseigenen Rumtopf, um daraus später Likör herzustellen. „Less Waste ist mir schon immer ein Anliegen gewesen. Das fängt bei wiederverwendbaren Servietten oder Strohhalmen an. Ich glaube, der erste in Österreich gewesen zu sein, der damals Pasta-Nudeln als Strohhalme eingesetzt hat. Leider habe ich verabsäumt, das als Geschäftsidee zu sehen. Sinnhaft ist auch, Produkte zu wählen, die regional zur Verfügung stehen, aber man sollte nicht christlicher sein als der Papst. Für eine Bar braucht man eben Angostura Bitters.“

Kulinarische Synergieeffekte nutzen

Im Inneren bietet The Pink Rabbit Platz für rund 80 Gäste. „Der offene Raum mit der langen Bar ist aber auch prädestiniert für Privatveranstaltungen, Tastings oder Masterclasses“, könnte Philipp sich vorstellen. Live-Musik- oder DJ-Abende sind Programm im „Rabbit Hole“, das für Tanzfreudige am Ende des Tresens öffnet. Die dicken, schalldämmenden Kellermauern des Altbaus sorgen für die nötige Ruhe.

Dort, am Ende des Tresens, befindet sich auch der Treppenaufgang zum Café Stein, der am Wochenende geöffnet wird. Die mit dem Studentencafé einhergehenden Synergieeffekte will Philipp zukünftig nutzen: „Die Kombination war zwar nicht Gründungsintention, aber es wäre dumm, sie nicht zu initiieren.“ Ein vorhandener Speiseaufzug könnte alles Kulinarische leichter von oben nach unten und umgekehrt bringen. Es sei denn, in der hinter der Bar bestehenden Küche wird vielleicht doch noch ein Koch aktiv. „Genauso gut können unsere Drinks auch im Stein geordert werden. Aber lieber ist es mir, wenn Gäste den Weg zu uns herunter finden“, sagt er und meint damit: Bar-Atmosphäre bei gedämpftem Licht, Musik und Cocktails schnuppern und Drink-Geschichte schreiben. In der nächsten Karte will das Team die mittlerweile fachkundige Gästeklientel auf Geschmacksreise mitnehmen, ihre Wünsche und Kreationen namentlich in die Karte einbinden, um die Geschichte dieses Hauses praller zu machen.

Der Außenbereich soll umgebaut und ein bisschen „lauschiger“ werden. Hierfür steht eine sommerliche, pinke Zusatzkarte mit einer Auswahl an Rosé-Weinen oder Highballs auf dem Plan. Eine Bildgalerie im rechten Eck hinter dem langen Tresen zeugt von den nächtlichen Ereignissen in der Passage und bildet besondere Momente, Gäste wie Auszeichnungen ab. Darunter jene der Bar des Jahres bei den MIXOLOGY BAR AWARDS 2013. „Die Hommage-Ecke soll mit ebenso erlebnisstarken Momenten in unserem Haus bereichert werden. Wir bieten den Rahmen für ein Bild, das wir mit unseren Gästen gemeinsam malen“, stellt Marcus Philipp sich vor.

The Pink Rabbit als erster Schritt

Der Barname dockt an der pinken Skulptur des Dürer-Hasens von Ottmar Hörl auf dem Dach des Albertina Museums an, der damals den Eingang in das angesagte Abendlokal markierte. Mit dem Betrieb seines Herzensprojekts The Pink Rabbit fühlt Marcus Philipp sich „gerade auf seinem Weg angekommen“. Ein weiteres, fertiges Konzept hat er bereits in der Tasche und begibt sich damit auf die Suche nach dem geeigneten Standort. „Wenn ich das umgesetzt habe, bin ich angekommen“, sagt er.

Doch bis dahin ist sein Name Hase.

Credits

Foto: The Pink Rabbit

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