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Der Angostura Fizz: Wer wagt, gewinnt

Der Angostura Fizz hält, was der Name verspricht: Er beruht auf Angostura Bitters, und zwar ganzen 3 cl davon. Das ist eine Unmenge für eine Zutat, von der ansonsten höchstens ein paar Trpfen pro Drink zur Anwendung kommen. Trotzdem funktioniert der Angostura Fizz im Glas wunderbar.

Die einfachste Einteilung von Cocktails ist nach wie vor, sie in der Wahl ihrer Basisspirituose zu unterscheiden. Was aber ist, wenn es keine Basisspirituose gibt? Dann muss es wohl ein alkoholfreier Cocktail und verkehrt auch unter dieser Bezeichnung.

Die kleine Flasche mit dem gelben Deckel

Aber ist das immer so? Muss das so sein? Nein, immerhin führt eine Bande kleiner Fläschchen einen „bitteren“ Kampf und wehrt sich heftigst, nur in Tropfenform in den Drink zu gelangen. Bitters sind schließlich alkoholisch und so alt wie Cocktails selbst; man denke nur an das häufig verwendete Zitat aus dem Jahre 1806, das lange Zeit als erste Erwähnung des Wortes Cocktail galt: „Cock-tail is a stimulating liquor, composed of spirits of any kind, sugar, water, and bitters—it is vulgarly called bittered sling.“

Heute zählt eine kleine Armada an diversen Fläschchen an der Mixstation zu einer Selbstverständlichkeit. Gäste fragen gerne, warum diese Tropfen in den Shaker oder das Rührglas gegeben werden, und es folgt zumeist eine Aufklärung, was ein Bitters eigentlich ist und welchen Sinn er hat. Meist geht es dann um die „fehlende Komponente“, die den Drink erst interessant mache, oder das „Abrunden“ eines Geschmacksprofils. „Bitters Bridge the Gap“ hat einmal jemand gesagt, und das ist vielleicht die schönste Umschreibung.

Jigger statt Dashes im Angostura Fizz

Aber was, wenn der Bitters nicht die abrundende Komponente für einen Drink ist, sondern die Basis? Ist ein Angostura Bitters dann noch trinkbar? Immerhin war der eigentliche Ursprung ein medizinischer. Gegen die Malaria sollte das vom deutschen Doktor Siegert im 19. Jahrhundert in Südamerika entwickelte Elixier wirken.

Aber schon bald setzte sich das Produkt vor allem als Zutat in der Küche und hinter der Bar durch, 1908 erschien das Dr. Siegert‘s Angostura Bitters Recipe Booklet, in dem der Angostura Fizz zum ersten Mal erwähnt wird. Und zwar in der Kombination aus Puderzucker, Zitrone, Eiweiß, Sahne, Sodawasser und Angostura Bitters. Wirklich bekannt hat den Drink aber erst der Eintrag im „The Gentleman‘s Companion II“ von Charles H. Baker, Jr. gemacht.

„Angostura Aromatic Bitters“, kurz wird meist nur „Angostura“ genannt
„Angostura Aromatic Bitters“, kurz wird meist nur „Angostura“ genannt
Dem Angostura Fizz zuerst einen Dry Shake ohne Eis geben
Dem Angostura Fizz zuerst einen Dry Shake ohne Eis geben

Aroma und Beigeschmack im Angostura Fizz

Das Ergebnis – hier in der adaptieren Verison von Brad Thomas Parsons aus dessen Buch Bitters – ist jedenfalls ein voluminöser Drink, der einen bei jedem Schluck mit neuen Aromen überrascht. Würzige und fruchtige Noten wechseln sich ab und ergeben im Zusammenspiel mit Limette einen gleichfalls frischen und belebenden Drink. Je nach persönlicher Vorliebe kann man an der Süße geschraubt werden, stellen sich dem Bitters mit Zuckersirup, Grenadine und Sahne doch gleich drei sehr süße Komponenten entgegen.

Beim Einsatz von Angostura Bitters ist allerdings leichte Vorsicht geboten. Zum einen ist der Angostura Fizz alles andere als ein alkoholfreier Drink, zum anderen muss man natürlich den Kostenfaktor im Auge behalten. In ihrer herkömmlichen, tröpfchenweisen Verwendung scheinen Bitters keine kostenintensive Zutat zu sein. Wer aber die Mengen für einen Angostura Fizz hochrechnet, erkennt, dass der Preis pro Liter locker jenseits der 50 Euro liegt.

Angostura Fizz

Zutaten

3 cl Angostura Bitters
3 cl frischer Limettensaft
0,75 cl Zuckersirup
0,75 cl Grenadine
1,5 cl Sahne
1 Eiweiss
Sodawasser

Angostura Fizz als Überraschungseffekt

Eine Summe also, die selbst anerkannte Basisspirituosen eines Cocktails kaum aufweisen – und bestimmt eine, die den Angostura Fizz wohl kaum jemals zu einem Bestseller machen wird. Dennoch handelt es sich um einen großartigen Drink nicht nur für die kalte Jahreszeit – und als Überraschung für solche, die sich nicht vorstellen können, dass diese Kombination im Glas funktioniert.

Credits

Foto: Sarah Swantje Fischer

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