TOP
baltho bar zürich

LUIS ALBERTO ESTRADA UND DIE ROMANTIK DER BALTHO KÜCHE & BAR

In der Baltho Küche & Bar setzt Luis Alberto Estrada  auf Romantik anstatt auf Trends und notiert Geschmacksvorlieben der Gäste im hauseigenen Notizbuch. So hat der in Mexiko City geborene Barchef die Hotelbar des Marktgasse Hotel in Zürich zu einem beliebten Treffpunkt geformt. Gerade auch für Nicht-Hotelgäste.

Genau genommen ist die Baltho Küche & Bar die Hotelbar des vor zwei Jahren nach einer umfassenden Renovierung neu eröffneten Marktgasse Hotel in Zürich. Dieses befindet sich in der gleichnamigen Straße des Niederdörfli, einem Teil der Altstadt, der Fußgängerzone, Einkaufsareal, Touristenmeile, abendliches Ausgehviertel und Schauplatz des jährlichen „Dörflifäscht“ zugleich darstellt.

Luis Alberto Estrada leitet von Anfang an die Geschicke der hauseigenen Bar, deren Hotelgäste neben der täglichen und bunt gemischten Besucherklientel in der Minderzahl sind. „Der Anteil unserer Hotelgäste ist relativ gering. Das Gros unserer Besucher sind tatsächlich die Zürcher“, freut sich der in Mexico City geborene und im Süden Mexikos aufgewachsene Baltho-Barchef über die Entwicklung der gehobenen Trinkstätte im sanierten mittelalterlichen „Rothus“, das seit eh und je in rote Fassadenfarbe getaucht ist.

Luis Alberto Estrada steht früh auf

Als Mittelamerikaner sei ihm das Gastgeber-Gen bereits in die Wiege gelegt worden. „Wir sind ein Land mit starken Wurzeln in der Hospitalität. Diese liegt mir im Blut. Viele Orte leben einzig und allein vom Tourismus“, erzählt Estrada, der aus der Hotellerie kommt und in der Schweiz ein Barfach-Diplom abgelegt hat. Da sei zum Beispiel die Stadt Cancun, wo auch er viele Erfahrungen im Service, aber auch in der Konzeptionierung von Restaurants sowie Night Clubs gesammelt hat.

Vor zehn Jahren verschlägt es den heute 40-Jährigen nach Zürich. „Ich wollte eigentlich nur ein Jahr bleiben, schlussendlich sind daraus mittlerweile zehn geworden“, resümiert der Vater eines einjährigen Sohnes, der ihn „jung und aktiv hält und jeden Tag zu einer Überraschung werden lässt“. Im Hause Estrada wird die Familienarbeit geteilt. Seine Frau ist als Kindergärtnerin tätig und beginnt frühmorgens zu schaffen. Das bedeutet für den Hausherren: Nach getanem Dienst im Eilschritt nach Hause zu gehen, um früh aufzustehen und für den Sohnemann ebenso kulinarisch-kreativ und vor allem tagsüber da zu sein.

Der Weg des Luis Alberto Estrada in das Baltho

Nach Stationen als Restaurant-Mitarbeiter im kanadischen Toronto oder als Barchef und Serviceleiter in der Zürcher Bolero Lounge mit klassischen „Latino-Cocktails“, auferlegtem Selbststudium von Cocktail-Kultur und Spirituosenvielfalt sowie Experimentierfreude bekleidet er im Anschluss die Position des Barchefs im Renaissance Zürich Tower Hotel und mixt dort unter gegenseitiger Inspiration und Motivation mit Bar-Kollegen wie zum Beispiel David Bandak.

Seit zwei Jahren prägt der Autodidakt die Atmosphäre der Baltho Küche & Bar. Diese hat sich seit ihres Bestehens zu einem Ort der Geselligkeit und zum Treffpunkt Einheimischer und Gast-Bartender aus Zürichs Barstätten sowie Geschäftsleuten und Liebhabern exquisiter Cocktailkunst entwickelt. Gästeklientel und Altersunterschied sind durchaus gemischt. „Es ist einfach schön, wenn auf einem Tisch ein möglicherweise erstes Date zu beobachten ist, und auf dem anderen ältere Pärchen nach einem Opernbesuch zusammen sitzen“, findet Estrada.

Dass die Bar nicht als Hotelbar, sondern eigenständige Bar wahrgenommen wird, macht den Hausherren der Marktgasse 17 sehr stolz. „Schließlich haben wir bereits zu Beginn an dem Konzept gefeilt, um ein breites Publikum mit unserer liquiden Ausrichtung und unserem Dasein als Gastgeber anzusprechen. Für mich war klar, dass dies ein langer und konstanter Prozess wird und es Zeit, Geduld und Liebe braucht, um einen solchen Ort zu schaffen“, so der Gastgeber, der stets sein Bestes geben will. Nicht muss. Das sei man einerseits natürlich den Gästen, andererseits auch der Bartender-Profession schuldig. Das Gastgeber-Dasein zu perfektionieren, sollte verinnerlicht und automatisiert sein.

Das geheime Notizheft der Baltho Küche & Bar

In der Baltho Bar werden Gäste empfangen, begrüßt und nach Abnahme ihrer Garderobe an einer der über 40 Sitzmöglichkeiten der heimeligen Bar mit tiefgrünen Wänden und langem Holztresen platziert. „Daraus lernen wir täglich, und die Gäste profitieren davon“, weiß der Schweizer Diplomático World Tournament-Sieger von 2015 und zweifacher World Class-Finalist von 2013 und 2015, der wie seine jeweils zwei männlichen und weiblichen Baltho-Teamkollegen laufend zwischen Service und Bar rotiert.

Die Team-Schlagworte hierfür lauten: ehrlich, authentisch und respektvoll sein sowie dem Gast in Old School-Manier auf Augenhöhe begegnen. „Wir gehen romantisch vor! Wir beraten gerne hinsichtlich geschmacklicher Trinkgewohnheiten oder erwünschter Klassiker, haken nach, präsentieren den Cocktail, schauen dem Gast dabei in die Augen und wünschen ,Zum Wohle’“, schildert der Barchef die Bedeutung eines professionellen Gesamtbildes der Allround-Tätigkeit für den Gast.

Dessen besondere Spirituosen-Präferenz und vor allem darauf aufbauende, eigens initiierte Trinkkreationen werden in einem griffbereiten, hauseigenen Barbuch von allen Mitarbeitern notiert, damit Wiederkehrer und Stammgäste ihren einzigartigen Drink stets und von jedem Baltho-Bartender überreicht bekommen können. Zudem diene jeder Kritikpunkt der steten Verbesserung der Mixturen und ihrer Darbietung. „So können wir unsere Stärken und Schwächen erkennen. Wenn ich sonntags und montags frei habe, weiß ich zudem, dass der Laden auch ohne mich funktioniert“, sagt der Chef der Bar, die an das Restaurant angrenzt – in dieser Formation in der Limmatstadt zwar nicht mehr ein Alleinstellungsmerkmal, aber durchaus ein deutliches Kennzeichen.

Baltho Bar gibt Cocktail-Kurse für Interessierte

Zudem profitiert das Barteam von der unweit gelegenen Küche, wo durchaus an den selbst hergestellten Sirups, Infusionen, Rezepten und neben Signature Drinks auch an „liquid kitchen“-Cocktails experimentiert wird. Dabei werden alle Zutaten wie Kräuter oder Früchte gemeinsam im Baltho’schen Sous Vide-Garer erhitzt, um zu einer Aroma-Einheit zu verschmelzen und erst zum Schluss durch Zugabe der Basisspirituose abgerundet zu werden.

Grundsätzlich aber gilt auch für das trinkfreudige Konzept die Hausregel: „Wir folgen keinen Trends, sondern gehen romantisch vor“. An jedem letzten Sonntag des Monats veranstaltet Luis Estrada in der Bar eigene Cocktail-Kurse für Interessierte und setzt dabei entweder ein Thema oder eine Spirituose auf den Lehrplan.

In Sachen „Bartender Training“ hat das Baltho-Team im vergangenen Jahr ein System eingeführt. Während der Probezeit eines Mitarbeiters werden im ersten Arbeitsmonat nur Service und Gastgeberfunktion trainiert. Ab dem zweiten Monat wird der junge Kollege oder die Kollegin über die Besonderheiten und Merkmale einer jeden Spirituose sowie Destillationsverfahren aufgeklärt. „Danach gehen wir alle Mix-Techniken durch, um zu sehen, wo Verbesserungspotenzial gegeben ist“, erklärt Luis Alberto Estrada. Wichtig ist ihm, dass jeder Teamkollege seinen eigenen Stil entwickelt, aber alle auf der gleichen Ebene im „Cocktail making“ und im Ablauf sind.

Bühne und Show

Die Selbstständigkeit kommt für Luis Estrada zwar in Frage, will aber im Moment nicht konkretisiert werden. „Sehr glücklich“ wähnt er sich in der Baltho Küche & Bar und in dem mit gegenseitigen Vertrauen, Verbundenheit und Loyalität ausgestatteten Verhältnis zu seinen Arbeitgebern. „Es ist ihre Bühne, aber es ist unsere Show“, sagt er. Bleibt also nur zu wünschen übrig: The show must go on.

Credits

Foto: Foto via Baltho Bar / Marktgasse Hotel

Kommentieren