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Der Barroom. Oder die kleinste Cocktailbar der Stadt.

Weniger Quadratmeter als ein durchschnittliches Wohnzimmer und eine Auswahl an hochkarätigen Rums, die viele Bars im Lande vor Neid erblassen lassen. Reservierungen für 30 Personen werden abgelehnt. Nicht weil man keine großen Gruppen möchte, sondern weil für so viele Menschen schlichtweg kein Platz ist. Die Rede ist von Münchens wahrscheinlich kleinster Cocktailbar, dem Barroom.

Wer an die Milchstraße denkt, hat unendliche Weiten im Sinn, ein Raumschiff und Wesen mit seltsamen Ohren. In der Münchener Milchstraße findet man genau das Gegenteil. Hinter zwei Fenstern und einem unscheinbaren Schild verbirgt sich seit nunmehr fünf Jahren der Barroom. Und der Name ist Programm. Ein einziger, recht winziger Raum bildet die Gaststätte von Inhaber Emanuele Ingusci, den wir vor einigen Wochen schon einmal in unserem Porträt haben zu Wort kommen lassen, und den viele Bartender in Deutschland letztes Jahr als Botschafter für Disaronno kennenlernen durften. Außerdem ist Emanuele, genau wie der Autor dieser Zeilen, Gründungsmitglied im Barzirkel München.

Der auf Rum spezialisierte Italiener hat mit dem Schiff die ganze Welt bereist und sich unter anderem in Berlin seine Sporen verdient um sich schlussendlich in München selbstständig zu machen. Als er einem ehemaligen Chef von seiner Bar berichtet, stellen beide fest, dass eben dieser Chef an gleicher Adresse im gleichen Raum ebenso eine Bar hatte. Viele Jahre zuvor, bevor es zu einer, man würde heute vielleicht Eckkneipe sagen, verkam in dem es außer dem klassischen Herrengedeck aus Bier und Schnaps nichts weiter gab und in dem sich täglich dieselben Gestalten die Flasche in die Hand gaben.

Bierbestellung als Lotterie

Ein Bier zu bekommen ist mittlerweile eher Glückssache. Manchmal bestellt er eine Kiste, aber da diese des Öfteren das Verfallsdatum überschritten hat, ist Bier nicht immer auf Lager. Stattdessen gibt es Cocktails. Nach einer charmanten Begrüßung und der wohl überlegten Platzierung zwischen Stammgästen und Barflys wird einem die Karte gereicht und man hat ein wenig Zeit sich in seinem neuen Wohnzimmer einzuleben. Unaufdringlich wird der Unschlüssige nach seinen Vorlieben befragt und im Anschluss wird mit höchster Sorgfalt und in bewundernswerter Ruhe ein Cocktail zubereitet, der alles andere vergessen lässt.

Den Alltag für einen Moment ausblenden und sich fallen lassen. Dazu gehört neben einem guten Drink eben dieser unaufgeregte Service, der diese Bar zu solch einem besondern Ort werden lässt und der Emanuele bei seinen Gästen und Freunden zu einem Beispiel des perfekten Gastgebers werden lässt.

Dabei waren die ersten Monate harte Lehrzeit. Im Gespräch erzählt Emanuele von vielen einsamen Abenden, die er auf seiner Sitzbank im Fenster verbracht hat und sich gefragt hat, ob jemals ein Gast kommen würde. Wenn denn einer kam, wollten

ihn viele belehren, dass er ohne ein „g‘scheits Weißbier“ auch gleich wieder schließen könne.

Aber es gab da diesen Traum. Den Traum einer eigenen Bar und den, seinem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Und die anfängliche Geduld zahlt sich mittlerweile aus. Weit über die Grenzen des Stadtviertels hinaus hat er sich einen Namen gemacht und nicht selten muss er teils prominente Gäste an der Tür abweisen da bereits zu viele den Weg zu ihm gefunden hatten.

So konnte beispielsweise Simon Difford auf seiner München-Tour lediglich Außenaufnahmen des Lokals machen, und Charles Schumann musste mit dem Stehplatz an der Tür vorlieb nehmen und für eine Zeit den Job des Doorman übernehmen.

Auf weitere Jahre im Kleinod

Vergrößern war nie eine Idee bisher. Zum einen ist es räumlich nicht möglich, zum anderen ist diese Oase der Ruhe exakt das, was Emanuele sich vorstellt. Auch wenn er tagsüber die Emanuela spielen muss, die putzt, aufräumt und den Einkauf erledigt, so ist spätestens in dem Moment, in dem er seine Weste anzieht und die Krawatte richtet der Moment gekommen in dem nur noch der Gast und dessen Erwartungen an einen tollen Abend stehen.

Dass zu diesem Wohlbefinden eine exzellente Beratung und der Service von erstklassigen Drinks gehören, erscheint beinahe als Beiwerk und so sind es mittlerweile fünf Jahre, die der Barroom feiern darf. Zu diesem Jubiläum wollen wir nachträglich gratulieren und hoffen auf viele weitere Jahrestage des Barroom.

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