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Richtig versichert, richtig angemeldet? Wenn der Cocktail-Lieferservice zum Bärendienst wird.

Wenn Bars aufgrund der behördlich angeordneten Schließungen einen Lieferservice anbieten, dann tun sie das, um ihre Verluste zu verringern. Bars, die eine gültige Versicherung gegen Betriebsschließungen haben, sollten aber zunächst genauer hinschauen. Denn schlimmstenfalls wird aus dem Zusatzverdienst ein großer Verlust.

Aufgrund von Covid-19 unterliegen Cocktailbars einer umfassenden behördlichen Schließungsanordnung. Viele Gastronomen behelfen sich deshalb kurzfristig mit alternativen Angeboten wie zum Beispiel einem Lieferservice fertig abgefüllter „Bottled Cocktails“. Welche lebensmittelrechtlichen Probleme sich dabei ergeben könnten, haben wir in einem gestrigen Beitrag grob beleuchtet. Doch es geht noch weiter – denn nicht nur die Ware selbst gilt es genauestens zu betrachten.

Unterbrechung oder Schließung – Richtig versichert?

Für den Fall, dass ein Betrieb stillsteht, gibt es zwei gängige Versicherungsarten: Da wäre zum einen die sogenannte Versicherung für „Betriebsunterbrechung“, andererseits jene für die „Betriebsschließung“.

Für alle Gastronomen, die lediglich eine Betriebsunterbrechung abgesichert haben, gibt es im aktuellen Falle des Shutdowns aller Bars grundsätzlich eine schlechte Nachricht: In den entsprechenden Verträgen finden sich beinahe ausnahmslos Klauseln, die Betriebsunterbrechungen aufgrund von Seuchen oder ähnlichem klar von den gedeckten Fällen ausschließen. Eine Unterbrechungsversicherung ist nämlich üblicherweise vorgesehen für Sachschadensfälle (z.B. durch Feuerschäden oder Witterungseinwirkung), die in der Folge eine vorübergehende Unterbrechung des betrieblichen Geschäfts unumgänglich machen.

Anders bei der Versicherung für den Fall von Betriebsschließung: Hier sichert sich ein Betrieb explizit für Fälle wie jenen ab, den wir derzeit erleben, also etwa die zeitlich nicht absehbare Schließung des Betriebes im Zuge von Eindämmungsversuchen bezüglich einer Krankheit. Zentral kann in diesem Zusammenhang sein, dass die Schließung von außerhalb des Betriebs angewiesen wird, wie etwa aktuell durch die Behörden (wobei auch hier der Föderalismus zum Tragen kommt, die Regelungen unterscheiden sich im Detail je nach Bundesland).

Die Bar ist zu: Zählen das Coronavirus und Covid-19 zu meinen Versicherungsfällen?

Leider differiert das konkrete Leistungssprektrum der Versicherer aber auch im Falle von Schließungsversicherungen ganz erheblich. So weist etwa Rechtsanwalt David Sahlender von der Kanzlei Wittig-Ünalp mit Hauptsitz in Bremen ganz klar darauf hin: „Natürlich drehen die Versicherungen derzeit aktuell jeden Stein um, wenn es darum geht, eine konkrete Zahlung zu vermeiden.“

Sahlender und seine Kollegen sind tief in der Materie verwurzelt, die Kanzlei mit sieben Standorten gehört zu den deutschlandweit einflussreichsten in Sachen Versicherungsrecht. Freilich laufen dort aktuell die Leitungen heiß, denn die Firma vertritt keine Versicherungen, sondern ausschließlich Versicherungsnehmer. „Sie stechen mit ihrer Frage aktuell in ein Wespennest“, leitet er das Gespräch humorvoll ein.

„Zwar haben wir es bei den Schließungen mit einem behördlichen Akt im Sinne des Infektionsschutzgesetzes zu tun“, meint Sahlender, „doch es gilt immer einen Blick in den spezifischen Vertrag zu werfen.“ Darin finden sich nämlich ebenfalls oft Klauseln, die dem Versicherer in die Hände spielen – etwa durch eine Eingrenzung von Krankheitserregern, deren Auswirkungen versichert werden. In all diesen Policen ist Covid-19 natürlich noch nicht berücksichtigt. Diesbezüglich dürften noch ziemlich viele Gastronomen einen weiteren Schreckensmoment erleben.

Grundsatz für Bars und Versicherungen in Zeiten des Coronavirus: Kommunizieren!

Um eine möglichst reibungslose Abwicklung von potentiell berechtigten Zahlungen in die Wege zu leiten, empfiehlt Sahlender vor allem: „Als Versicherter haben Sie bestimmte ‚Obliegenheiten‘, also Verhaltensvorgaben, denen man nachkommen muss, um Leistungen beanspruchen zu können!“

Zu diesen Obliegenheiten gehören beispielsweise schnelle und lückenlose Kommunikation im Eintrittsfall, wie also jetzt durch die Schließung. Auch Weisungen durch Behörden müssen durchgereicht werden. Und zusätzlich rät der Fachjurist auch hier: „Die Obliegenheiten variieren von Versicherung zu Versicherung. Lesen Sie die Obliegenheiten gründlich durch, um keine formalen Fehler zu begehen.“

Soll das geschlossene Unternehmen entschädigt werden, muss es auch wirklich geschlossen sein

Und dann gibt es noch einen Aspekt, der so vielleicht nicht unbedingt auf der Hand liegen mag: Doch nach Ansicht von Sahlender ist es sehr wahrscheinlich, dass sich viele Bars, die nun kurzfristig auf einen Lieferdienst oder ein Take-Away-Angebot setzen, sich letztlich eventuell selbst einen echten Bärendienst erweisen. Denn es kann verlockend sein, die Umsatzausfälle so ein wenig abzufedern um die Zeit bis zur Auszahlung der Versicherung zu überbrücken.

„Es könnte aber sein, dass die Versicherung dann einfach nicht mehr zahlt“, meint der Bremer Anwalt. „Denn de facto ist der Betrieb ja nicht geschlossen, wenn er Waren produziert und ausliefert.“ Dass der Betrieb das tut, ist an sich auch rechtens, denn die aktuelle Allgemeinverfügung stellt kein generelles Tätigkeitsverbot dar, sondern lediglich der Betrieb des Lokals an sich ist untersagt. Dementsprechend prophezeiht Sahlender: „Die Versicherung wird dann selbstverständlich darauf hinweisen, dass der Betrieb eindeutig nicht geschlossen ist. Damit ist die Sache klar: Die Schließungsversicherung greift natürlich nicht, der Gastronom erhält kein Geld.“

Der Weg kann über Neugründung führen

Ein ernüchternder Gedanke. Allerdings ein ebenso wichtiger: Schließlich bleibt zu bezweifeln, ob der stundenweise Lieferverkauf einiger Bottled Cocktails es am Ende lohnt, die Auszahlung der Versicherung zu riskieren. Und eine Lösung könnte es ebenfalls geben, meint der Jurist: „Wer weiterhin solche Alternativangebote aufrechterhalten und sich gleichzeitig absichern möchte, der gründet optimalerweise schnell ein weiteres Gewerbe: So könnte eine ‚Bar XY‘ schnell einen ‚Lieferdienst XY‘ zur Seite gestellt bekommen.“

Diese Lösung scheint sinnvoll: Ein solch neues Gewerbe, etwa in Form einer GbR, kann quasi spontan und zunächst ohne notarielle Eintragung gegründet werden. Der Verkauf des Lieferdienstes erfolgt dann über dieses neue Gewerbe – und in der versicherten Bar steht der Betrieb auch wirklich still. Das freut vielleicht nicht die Versicherung. Aber den Gastronomen.

Hinweis ~ Wie immer in rechtlichen Themen gilt: Die MIXOLOGY-Redaktion kann lediglich allgemeine Sachverhalte darstellen und an selbigen Sachverhalten ausgerichtete Aussagen einholen. Überdies können sich Sachlagen aufgrund der allgemeinem Dynamik im Falle von Covid-19 rasch ändern. Für einen spezifischen, persönlichen Fall empfiehlt sich daher meist eine kurze anwaltliche Beratung.

Im Falle von Streitigkeiten mit Versicherern bieten viele Fachanwälte eine kostenlose Ersteinschätzung an.

Credits

Foto: Photo by Masaaki Komori on Unsplash

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