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Alkosteuer: Schnaps-Idee zur Budget-Sanierung

Cocktail-Genuss wird teurer. Zumindest, wenn die Bartender der Logik des österreichischen Staates folgen, der die Spirituosen- und Sektpreise per 1. März deutlich erhöhte. Wenn es nicht traurig wäre, könnte man scherzen, dass jedes Glas der Gesundung des Staatshaushaltes dient.
Besonders in Rage geriet Hans Reisetbauer. Der Vater des bekannten „Blue Gin“, Edelbrand-Produzent im oberösterreichischen Kirchberg-Thening, hätte eigentlich sein 25-jähriges Firmenjubiläum zu feiern und musste nun mit dem Wirtschaftsminister und dem Landeshauptmann (Ministerpräsident) telefonieren: „Wann bitte ist das letzte Mal eine Steuer um 20% erhöht worden, ich kann mich nicht erinnern?“
Argumente zählen nichts
Seine geharnischten Anrufe beim ebenfalls aus seinem Bundesland stammenden Minister fruchteten letztlich auch nichts: Der abzuliefernde Betrag für einen Liter 100%-igen Alkohol wurde per Regierungsmehrheit mit 12 statt bisher 10 Euro festgesetzt. Für Spirituosen mit – sagen wir – 40 Volumenprozent verteuert dieser Parlamentsbeschluss die 0,7 Liter-Flasche um 56 Cent.
Die Rechnung dazu geht so: 12 Euro x 0,7 Liter x 0,4 Alkohol= 3,36 Euro statt bisher 2,80. Dabei ging die Erhöhung der für die Barflys wesentlicheren „Branntweinsteuer“ fast ein wenig unter in der Berichterstattung. Besser gesagt übertönte sie der Aufschrei der Sektproduzenten. Denn die parallel auf einen Euro je Liter festgesetzte Schaumweinsteuer, war erst 2005 abgeschafft worden. Neun Jahre später zählt das Argument von damals – das Erheben dieser Bagatellsteuer koste im Verhältnis zum Einspielergebnis zu viel – plötzlich nicht mehr. Denn Österreichs neue Regierung braucht Geld und erhöhte per 1. März nicht nur die Normverbrauchsabgabe bei den Autos und die Tabaksteuer kräftig, sondern eben auch die Taxen auf Sprudel und Schnaps.
Vor allem beim Sekt zeigte sich nach 2005 auch ein aus Sicht der Produzenten positiver Trend: Die Jahresproduktion stieg in dieser Zeit von 17 Millionen auf 24 Millionen Flaschen. Dass jetzt ausgerechnet der mit weniger Druck und der billigeren Tank- oder Charmat-Methode produzierte italienische Frizzante Nutznießer eines österreichischen Gesetzes sein soll, verstehen die Austro-Versekter daher überhaupt nicht. Zumal erst im Vorjahr die Sektwirtschaft „einsprang“, als der Bund seine Förderunganteil für die Österreichische Weinmarketing Gesellschaft (ÖWM) kürzte.
Erwartungen herunterschrauben
Seitens der Firma Schlumberger, Österreichs Marktführer im Bereich Premium-Sekt und Premium-Spirituosen, gibt Dr. Eduard Kranebitter dem Finanzminister kurz Rechennachhilfe:
„Das Finanzministerium wird kaum mehr als 20 Millionen von dieser Steuer sehen, da in die Berechnung der kolportierten Mehreinnahmen auch Prosecco Frizzante mit einbezogen wurde, dieser aber von der neuen Steuer gar nicht erfasst wird. Diese maximal 20 Millionen Euro werden von der Verwaltung größtenteils aufgefressen werden“.
Kranebitter spielt damit auf eine von Getränke-Spezialisten als einigermaßen peinlich empfundene erste Fassung des Steuervorhabens an, das auch Frizzante besteuern wollte, der keinen Schaum-, sondern Perlwein darstellt und als solcher von der EU ausgenommen ist. Somit gibt es die Mehreinnahmen nur von Sekten, die über drei Bar Druck in der Flasche haben und/oder mit der Agraffe, dem Drahtgeflecht, verschlossen sind. Die erwarteten Einnahmen von 25-30 Mio. Euro, die auch in den offiziellen Begründungen der Steuer zu finden waren, korrigierte man danach aber nicht mehr.
„Ich verstehe den Gesetzgeber wirklich nicht“, wurde auch der stets charmante ÖWM-Geschäftsführer Willi Klinger im Interview grantig, wie man in der Alpenrepublik „sehr sauer“ nennt. „Frizzante und Prosecco aus Italien dürfen sich freuen, da sie es noch leichter haben werden. Das Gesetz ist eine unüberlegte Hauruck-Aktion und es würde mich nicht wundern, wenn man schon in wenigen Jahren diese Abgabe wieder abschaffen würde.“ Genau zu diesem Zweck formierte sich auch ein Personenkomitee, dem unter anderen die Chefs der größten Lebensmittel-Ketten Rewe und Spar sowie die Vorsitzenden der Bank Austria, der Industriellenvereinigung und der Casinos Austria angehören. Keine schlechte Lobby, aber eine in Sachen Steuer bis dato erfolglose.
Eine prinzipielle Frage
Seitens des Staates verblüfft vor allem die Scheinheiligkeit, mit der auf „gesundheitspolitisch und volkswirtschaftlich nachteilige Folgen“ des Sektgenusses (!) hingewiesen wird. Zwei Gläser Sekt pro Monat beträgt der aktuelle Pro-Kopf-Verbrauch, wie Kranebitter vorrechnet. Dass der zudem nicht linear, sondern anlassbezogen (Geburtstag, Silvester) erfolgt, sei noch angefügt. Doch es geht nicht darum, die Zahlenspielereien der Politiker mit anderen Statistiken auszuhebeln, sondern eine grundsätzlichere Frage, die der Bevormundung: Wird durch Warnhinweise und Erhöhungen die Genusskultur schleichend zu einer Sache der „happy few“, die sich’s leisten wollen und können? Dann allerdings werden diese „Luxussteuern“ genau das Gegenteil erreichen. Und irgendwann taumelt das Prekariat im Fuselrausch durch die Städte.

Credits

Foto: Münze via Shutterstock

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