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BIER, BARS & BRAUER #20

Es ist wieder Zeit für Bier, Bars und Brauer, diesmal mit selbstsprudelnden Seideln aus Japan und selbstkühlenden Stangen (nein, nicht die Kölner!) aus San Francisco. Zusätzlich gibt es eine Legion von Biersommeliers in Kulmbach, die BrauBeviale in Nürnberg und rauen Wind im US-Craft Beer-Geschäft.

Vielleicht hat es etwas für sich, dass die großen Bierproduzenten in Deutschland einerseits gar nicht – im globalen Vergleich – so groß sind, andererseits von Anfang an Teil der deutschen Kreativbierbewegung waren und ihr teils sogar tatkräftig auf die Sprünge geholfen haben. So wurde die “Wir gegen die!”-Mentalität von Anfang an aufgebrochen und die Craft-Bewegung stets eher als Bewegung hin zu einer größeren Wertschätzung des Produktes denn als ideologienverzerrtes Revolutionsgehabe empfunden. Denn was passiert, wenn Brauereien zwar boomen ohne Ende, die Bevölkerung aber eigentlich nicht mehr, sondern weniger Bier trinkt, sehen wir jetzt jenseits des großen Teiches:

Kuschelzeit in den USA neigt sich dem Ende

Dass Craft Beer in den USA vor einer neuen Etappe steht, sollte inzwischen jedem Beobachter dieses Wirtschaftsbereiches klar geworden sein. Die Zeit der harmonischen Craft-Gesellschaft, in sich alle lieb haben und sonntags zusammen brauen, ist spätestens seit dem Einstieg der “Großen” ins Craft-Geschäft vorbei. Auch das Überwinden der Finanzkrise und die plötzliche Verfügbarkeit enormer Summen an Investitionskapital trägt zu dieser Entwicklung bei.

Warum? Dazu stellt Wolf Richter beim Business Insider eine einfache Rechnung auf:
“2015 sanken die Bierverkäufe in den USA um 0.2%. Craft Beer-Verkäufe hingegen stiegen um 12.8%. Die Anzahl der Craft-Brauer aber stieg um 40%!”, schreibt er. Die logische Konsequenz: Jedes neu verkaufte Bier bedeutet für eine andere Brauerei ein Bier, das weniger verkauft wird. War dies lange ein Problem der großen Industriebrauereien, trifft es inzwischen vermehrt auch bisher die von Wachstumszahlen im zweistelligen Prozentbereich verwöhnten Craft-Erfolgsunternehmen wie Stone Brewing aus San Diego, deren langjähriger CEO Greg Koch im August abdankte – wobei dies auch mit seiner intensiven Involvierung in Berlin zu tun haben kann. Die Verkäufe für manch etablierten Craft-Brauer stagnieren inzwischen ebenso wie der gesamte Biermarkt in den USA, und während die Zahl der Brauereien weiterhin explodiert – darunter auch Projekte, mit denen die Braukonzerne ihr Stück vom Kuchen sichern – findet insgesamt eher eine Umverteilung statt, manchmal zu Ungunsten der Pioniere. Die vermehrte Kooperation mit großen Vertriebsgesellschaften und Expansion ins Ausland sind die Konsequenzen dieser Entwicklung.

Die magische 1000 – Biersommelier-Verband wächst ungebrochen

Wer hätte es gedacht? Als der Biersommelierverband 2005 ins Leben gerufen wurde, kannten Eingefleischte noch sämtliche Mitglieder und Funktionäre persönlich. Letztere durften nun Mitglied Nummer Eintausend begrüßen, Philipp Ketterer von der Familienbrauerei M. Ketterer aus dem Schwarzwald. Parallel wurde bei der Verbandssitzung im fränkischen Kulmbach vom 14.-16. Oktober auch eine neue Satzung verabschiedet, die vor allem auf eine Professionalisierung des Verbandes und seiner Mitglieder abzielt.

Dies dürfte dringend notwendig sein, denn trotz der steigenden Mitgliederzahl ist die tatsächliche Aufgabe des Biersommeliers gesellschaftlich vage und gastronomisch auf sehr spezialisierte Biergastronomien beschränkt. Dennoch sorgt das mehr an Beratung, dass die Biersommeliers bieten können, sicherlich weiterhin an Schub für die wachsende Aufmerksamkeit, die Bier als Genussmittel zukommt.

Nürnberg, wir kommen!

Es ist mal wieder an der Zeit: Die BrauBeviale, oder kurz einfach “Brau”, in Nürnberg öffnet vom 8. bis 10. November 2016erneut ihre Pforten. Mit 1.100 Ausstellern und geschätzt weit über 30.000 Besuchern ist die BrauBeviale im Messezentrum Nürnberg die wichtigste Messe für Investitionsgüter in der Getränkewirtschaft. Insbesondere Brauer finden hier vom Korn bis zum Kessel, vom Marketing bis zur Logistik jede Menge Ideen, ihre Brauerei mit Essentiellem ebenso auszustatten wie mit Schnickschnack.

Mit dem Ausbau des Craft Corner, der vor zwei Jahren sein Debüt feierte, trägt man auch hier der steigenden Bedeutung der Kreativbrauszene Rechnung. Wer hinterher dennoch vom Gerstensaft nicht genug bekommen kann, für den bieten zahlreiche Gastronomien der Stadt extra zur Messe Sondersude und andere Bierspezialitäten an. Welche wo und wann verfügbar sind, verrät ganz modern die BierErlebnis Nürnberg-App, erhältlich auf den gängigen Plattformen.

Sprudelkrug von den Pokémon-Machern und bitte ein Beer Bit zum Mitmachen

Aus dem Bereich “Kurioses” haben wir diesmal einen selbstschäumenden Krug… wobei Krug für den Jokki Hour getauften Behälter eventuell etwas euphemistisch ist. Sagen wir salopp Plasteseidel! Der Ursprung dieser genialen Erfindung, die über einen Hebel am Henkel schales Bier vom Behälterboden her neu aufsprudeln möchte, liegt natürlich in Japan, wo die Firma Takara Tomy, hierzulande vor allem für den Minimonster-Sammelwahn Pokémon bekannt, ähnliches bereits mit einem Einfüllaufsatz für Bierdosen probiert hat.

Das Problem: Der Bierseidel funktioniert ohne Kohlensäurezufuhr, was bedeutet, dass man sich einfach Luft ins Bier pumpt. Somit steht die Attraktion des Produktes, nämlich ein abgeflachtes Bier wieder frisch und schaumig zu machen, der eigentlichen Funktion komplett entgegen – denn wer mehr Sauerstoff im Bier haben möchte, kann es auch aufschütteln. Zu empfehlen nur mit Bieren, bei denen der Geschmack ohnehin zweitrangig und die Kohlensäure sinnlos brausig ist!

Ungleich nerdfreundlicher ist da das Beer Bit, welches sich statt um die Rezenz um die Temperatur kümmert – und das, wie es sich für ein Craft Beer-Gadget gehört, aus den USA kommt, genauer aus San Francisco. Dabei packt man sich eine gekühlte Metallstange ins Glas, die über einen magnetischen Untersatz, der einem amerikanisches Pintglas angepasst ist, verankert wird und auch beim Trinken stabil bleibt. Ob sich das Produkt angesichts des zusätzlichen Reinigungsaufwands, der Vorkühldauer und der Diebstahlgefahr für die Gastronomie eignet, ist eher zweifelhaft. Für die Verwendung zu Hause hingegen mag es für langsame Genusstrinker durchaus seinen Zweck erfüllen. 16.000 von gewünschten 20.000 US-Dollar hat Nick Piscotty, Gründer des Projektes, bei Kickstarter bereits gesammelt. Bei noch über einem Monat Zeit sieht es also gut aus für das gute Bierstück.

Credits

Foto: Foto via Shutterstock.

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