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Café Wasserturm

Café Wasserturm: Bullen, Boliden und Bekehrung

Die Formel 1 mag nur einmal im Jahr vorbeischauen, im Café Wasserturm sind die rennsportlichen Anspielungen ganzjährig da. Die zum Red Bull-Reich gehörende Bar im steirischen Zeltweg hat jede Menge Energydrink-Drinks im Angebot – aber nicht nur. Auch Bekehrungsversuche zum Cocktail weitete Barchef Adam Szklenar sukzessive aus.

Zu laut, zu schnell, zu intensiv – die seriöse Barwelt hat sich mit Red Bull immer recht schwer getan. Signatures finden sich kaum im deutschsprachigen Mixologen-Reich, selbst Kollegen, die dem Energydrink nach einer langen Schicht etwas abgewinnen können, buchen das meist unter private Leidenschaft oder „guilty pleasure“. Aber mixen mit dem Welterfolg? Fehlanzeige! „Das funktioniert durchaus“, widerspricht da Adam Szklenar, 20 Meter über dem Boden der Steiermark. Er leitete bis vor wenigen Tagen die Bar im Café Wasserturm, die nicht nur den Namen des markanten Bauwerks trägt, sondern von dort auch einen weiten Ausblick gewährt. Mit 35 Sitzplätzen kommt sie dem Konzept einer Rooftop-Bar so nahe, wie das hier im Murtal eben geht.

Man kann einwenden, dass der Ungar hinterm Tresen das sagen musste. Immerhin steht sein Bar-Turm im Zentrum der von Red Bull-Eigentümer Didi Mateschitz touristisch aufgepäppelten steirischen Region. Gleich mehrere historische Unterkünfte hat der Milliardär hier saniert, die nächstgelegene Location – das Steirerschlössl etwa – bekam wieder die Eleganz einer Art-Déco-Villa verliehen. Und auch sonst krempelte der aus der Steiermark gebürtige Mäzen hier einiges um. An der Bar wiederum sorgte Szklenar für frischen Wind.

Café Wasserturm: Die Single Malts gibt es immer noch

Einige der Drink-Rezepte im Café Wasserturm stammten noch von Michael „Mike“ Steinbacher, dem Bartender des kulinarischen Bullen-Hauptquartiers Hangar 7 in Salzburg, als Szklenar hier vor dreieinhalb Jahren begann. Steinbacher leitet heute die Unbekannt Bar in der Salzburger Panzerhalle, in Zeltweg änderte sich die Karte seither aber ebenfalls. Denn zum Geheimtipp war die steirische Bar vor allem aufgrund ihrer großen Whisky-Auswahl geworden. 150 Sorten hielt man nach der Eröffnung des quer zur Turmspitze stehenden Glasquaders parat. Doch die Connaisseure, die sich während der Formel 1 in Spielberg aufhielten, flogen eben nicht jedes Wochenende ein, um in der als VIP-Zone fungierenden Bar über Fassfinish und Highland-Wasser fachzusimpeln.

Die Selektion an Single Malts im Café Wasserturm (es sind 30) und Bourbons (zehn) liegt heute immer noch über dem Austro-Durchschnitt, selbst der indische Amrut steht für Neugierige parat. Der Schwerpunkt allerdings hat sich deutlich in Richtung Cocktails verschoben. „Klassische Cocktails“, wie Adam Szklenar betont. Denn der ist kein Show-Typ, sondern hat die Schule des Mixens in der Hotellerie am Arlberg absolviert, nachdem er in Ungarn einen der ersten lokalen Foodtrucks betrieben hatte.

Mit Kombucha die Klassik bürsten

Wenn der Geräuschpegel am Formel 1-Wochenende steigt, schlägt im Café Wasserturm die Stunde der Coladas, die hier natürlich Bullada genannt werden – fünf Stück weist die Karte aus. Sie hat auch Hinweise auf die rennsportliche Nachbarschaft zu bieten, Drinks wie der Brandwagen oder Fasten Seat Belts finden sich darauf. Vor allem die Preise sorgen bei Städtern für ungläubiges Augenreiben. Der Averna-Silver kostet wie alle Longdrinks sechs Euro, die 10-Euro-Marke knackt man selten, meist werden 6,50 Euro aufgerufen, etwa für die hiesige Negroni-Variante namens Bulltower.

Um auf Szklenars persönliche Argumente für die Mixability des angeblich Flügel verleihenden Bullengetränks zurück zu kommen: Vor allem für alkoholfreie Varianten zieht er die mittlerweile auch in einigen Geschmacksrichtungen erhältlichen Dosen in Zeltweg gerne heran. „Ich orientiere mich an den klassischen Rezepten und schaue, wo es statt Spirituosen passen könnte“. Seine Bullrinha etwa baut neben Minze und Red Bull auch auf das Hefegetränk Kombucha Quitte als Säurelieferanten auf. „Kombucha funktioniert gut“, schiebt der Café Wasserturm-Missionar gleich einen Carpedito nach, in dem wieder Minze und Quitte die Basisaromatik liefern. Was nicht heißen soll, dass man unter den gut 40 Drinks auf dem Cocktail-Menü auf Spirituosen verzichtet. Für den Vodka-Signature Acabullco etwa wird die klassische Dualität Grenadine und Limette mit der Silver-Edition des Energydrinks erweitert.

Die Damenrunden verschenken Drinks

An der Weiterentwicklung der Rezepte wird auch in internen Wettbewerben gearbeitet. Szklenar selbst hat dafür den Gin and Jam beigesteuert, einen auf Heidelbeermarmelade basierenden Fizz, der schnell zum Hauscocktail wurde. Dass man gerne die süße Abteilung bedient, zeigt der Turm Lady, der Kokossirup, Amaretto und Baileys noch mit Schlagobers, wie man hier die Sahne nennt, ergänzt.

Den Damenrunden gefällt’s, und diplomatisch umschreibt der Ungar seinen ganz persönlichen Bildungsauftrag: „Als ich gekommen bin, tranken die Leute nur Wein, Bier und Spritzer (Weißweinschorle, Anm.)“. Mittlerweile gehen im Sommer auch schon die Frozen Daiquiris über den Tresen. Der ganzjährige Ersatz für den Eisbecher, schmunzelt Szklenar, „ist aber unsere Piña Colada“. Vor Weihnachten werden vor allem dafür die Cocktail-Gutscheine gekauft, sieht man die Cocktail-Mission auf einem guten (Renn-)Kurs. Und wer weiß, vielleicht kommen ja auch die Single Malt-Fans wieder zurück. Um es im Formel 1-Jargon zu sagen: Auch Kimi Räikkönen kam schließlich wieder zurück in die Boxenstraße.

Credits

Foto: Artikelbild via Philip Platzer.

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