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Zerstäuber

„Eau de Schnaps“: Der Fruchtbrand-Zerstäuber

Ein Hauch von Williamsbirne hinters Ohr getupft? Oder doch lieber ein Spritzer Marille aufs Handgelenk? Theoretisch ginge auch das für Edelbrand-Fans durch. Doch die Flakons der Pfau Brennerei aus dem österreichischen Klagenfurt bieten eigentlich Fruchtbrände als Cocktail-Parfüms an.
Warum gerade das südlichste Bundesland Kärnten ein Faible für Flachmänner mit Sprühkopf entwickelt hat, sollen bitte die Soziologen prüfen. Oder die Kulturhistoriker. Mögliche Ansätze wie die Jagdtradition in den Karawanken-Tälern, den unsäglichen Abwehrkampf-Mythos, tieftrauriges Viergesangs-Liedgut oder auch die Seenlandschaft gäbe es ja genug.
Geist versprühen
Jedenfalls hat der ehemalige Weltcup-Skiläufer Wolfram Ortner, heute als Brenner und Organisator der World Spirits-Messe aktiv, den Reigen vor einigen Jahren mit seinem „Parfum de Vie“ eröffnet. Gebeizter Fisch oder auch Salat wurde mit einigem Showeffekt mit den Destillaten (z.B. fassgelagerter Apfel-Brand, 100 ml ca. 21 Euro) verfeinert. Diese Sprühflaschen mit 71% Vol. Bränden dienten also stets nur der Gastronomie zur Speisenverfeinerung, getrunken wurde dazu die beigepackte 42% Vol. Variante – und Wasser.
Brenner Valentin Latschen in der Landeshauptstadt Klagenfurt hat die Idee nun ebenfalls aufgegriffen, bleibt aber auch bei den kleinen Sprühflaschen mit dem namensgebenden Pfau am Etikett bei der Trinkstärke von 43 Volumenprozent. Die vier Sorten an Bränden – Marille (Aprikose), fassgelagerte Zwetschke (Pflaume), Williamsbirne und Himbeere – bieten sich einerseits für eine zeitgeistig-gesprühte Variante des „Caffé corretto“ an, wie man ihn jenseits der Grenze gerne trinkt. Speziell die reife Zwetschke wäre hier ein Favorit, zumal sie auch deutlich milder als die meisten Grappe schmeckt und die Röstaromen verstärkt.
Doping für Roséchampagner
Für den Sommer bzw. als Aperitif veredelt Latschen selbst gerne auch Schaumweine mit ein paar Spritzern. Rosé-Sekt und -Champagner bekommen die Marille als geschmackliche Erweiterung, für versektete Weißweine wäre die Himbeere die erste Wahl. So entsteht quasi ein Bellini-Ersatz für Faule (oder Schluckspechte). Allerdings könnte man dazu auch einfach ein paar Dashs des jeweiligen Schnapses ins Glas träufeln, ohne den Zerstäuber zu bemühen, wie das Rezept des „Pfau Royal“ zeigt.
Himbeere, tanz den Twist!
Dafür schlägt an der Bar schon eher die Stunde des Flakons, der sich ähnlich wie die Aromen-Sprays, etwa der französischen Marke Brum (in Österreich bei Derksen im Vertrieb), einsetzen lässt. Von den Früchten existieren ja lediglich die diversen Zitrusfrüchte als Spray, ansonsten arbeiten die Franzosen mit den ätherischen Ölen von Kräutern und Blumen (z. B. Geranie). Im Gegensatz zur Infusion, der zweiten Methode neben dem Mixen mit Likören oder Säften, Fruchtaromen in den Cocktail zu bekommen, erlaubt die gesprühte, noch dazu in Alkohol gelöste Variante natürlich einen deutlich intensiveren, auch nasal eindeutig wahrnehmbaren Obst-Ton.
Statt eines ätherischen Öls aus der Zitronenschale lassen sich so vier neue Düfte ganz ohne Twists (bei Himbeere und Zwetschke auch eher schwierig zu bewerkstelligen) auf die Drink-Oberfläche oder den Glasrand applizieren. Auf Emulsions-Drinks, also solchen, bei denen Fette wie Milch oder Schlagobers in wässrigen Lösungen gelöst wurden, bildet die aufgesprayte Schicht zudem einen eigenen Film an der Oberfläche. Wir gewinnen also, um es im Küchen-Speak zu sagen, eine Textur mehr. Der zusätzliche aromatische Layer mag den Griff zum Ösi-Zerstäuber – der auf den halben Liter hochgerechnet alles andere als günstig ist (175 Euro wären’s etwa bei der Himbeere) – rechtfertigen. Und als „Wunderbaum“-Surrogat für hartgesottene Spirituosenfreunde geht ein Hauch von „Eau de Schnaps“ natürlich auch immer durch.

Credits

Foto: Zerstäuber via Shutterstock. Postproduktion:Tim Klöcker

Comments (1)

  • SKOERPER

    “Parfum De Vie 71°” gibt es ja schon seit einigen Jahren von mehreren (auch deutschen) Herstellern. Mein Tip: Wacholdergeist von Herrn Vallendar: http://www.vallendar.de

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