TOP
Émile

Platz für die Grüne Fee! Absinth-Malerei im Émile

Von der Art déco-Eleganz seiner Lobby hat man sich im Wiener Hilton Plaza zum neuen Barkonzept Émile inspirieren lassen. Umgesetzt hat es Kan Zuo. Dafür hat das Sign Lounge-Mastermind ziemlich freakige Reisesouvenirs auf die Karte der Hotelbar gebracht.

Pfauenfedern statt Blumen am Zimmer? Van Gogh-Inspirationen in den Gängen und nun eine Bar, die dem Weltreisenden Émile ihren Namen verdankt – und all diese Fin de siècle-Träumereien finden sich in einem Hilton?

Das Vienna Plaza in der Nähe der Universität reiht sich damit in eine Reihe Wiener Hotelbars ein, die sich im letzten Jahr vom braven, aber in die Jahre gekommenen Konzept einer International American Bar lösten. Das Herrenhof gab sich dem Desperado-Image des Tequila hin, die Motel Ones – hier war ebenfalls Kan Zuo beratend tätig – servieren regionalen G&T und auch das Hyatt spielt mit The Bank auf das Vorleben des Hauses an, Geldscheine als Karte inklusive.

Ein Monat hat man am Schottenring, der ruhigsten Ecke der prächtigen Wiener Ringstraße, amerikanische Hotelkultur und kreative Höhenflüge des zweimaligen „Beste Bar Österreich“-Gewinners der MIXOLOGY BAR AWARDS in Interaktion erleben können. Denn das neue Barkonzept der Émile wurde täglich vorgelebt von Zuo – und wer ihn kennt, weiß, dass er nicht unbedingt ein Thema allein mitbringt.

Entschleunigen mit der Fee im Émile

So nimmt man einerseits die Architektur auf, die bereits in der Lobby den Zeitreise-Wecker auf 1920 gestellt hat. Zwischen den PCs steht eine Schreibmaschine im „Business Center“, eine Stativkamera verbirgt eine digitale Photobox und die schwarz-weißen Art déco-Fliesen sind mondän, ohne einzuschüchtern. Diese Stimmung nimmt ein Bar-Tool auf, das zu dieser Zeit bereits verfemt war – der Absinth-Brunnen soll wieder sprudeln. Und wer jetzt glaubt, dass hier auf Pre-Prohibitionskarneval gemacht werden soll, während anderswo Schiebermützen, Ärmelschoner und Hosenträger wieder im Fundus bei den Lavalampen und Blumengirlanden landen, irrt. Schwer sogar.

Denn wenn das Konzept aufgeht, wird der „Grünen Fee“ ein Upload um wohlfeile 5,50 Euro verpasst. Das Sirup-Malbrett, ein bewährter Spaßbringer in der Sign Lounge, liegt nun nämlich auch am Schottenring auf! Da ein Strich Paprika, dort eine Lage Minze aufgetragen, dazu Absinth nach Wahl ergänzt („nur“ 3 cl, man hat schließlich schon mittags geöffnet) und Wasser je nach Wagemut, fertig ist die Eigenkreation. „Vielfältiger und sommerlicher als viele Gin & Tonics“ soll das Ergebnis sein, hofft Zuo, der in seiner einmonatigen Einarbeitung des Teams aber auch viel Überzeugungsarbeit leistete in Sachen Absinth.

Die Souvenirs des Monsieur Émile

Wem derlei Cocktail-Demokratie grundsätzlich zu weit geht, der wird vom Barteam des Émile mit einer edlen, ledergebundenen Karte versorgt. Auch hier sieht man die Grüne Fee zuerst, gleich dreifach kommt sie dem Gast in einem kunstvollen Pop-up entgegen, wie man es aus Bilderbüchern (und der Scherenschnitt-Karte des Londoner Savoy) kennt. Einmal mehr wird das Absinth-Konzept erklärt, das so manchen Business-Gast oder „Beer, please“-Shouter im wahrsten Sinn des Wortes kalt erwischt hat. Diesmal schriftlich und mit viel Liebe zum Detail, die auch nach dem Abflug der Fee sichtbar bleibt. Denn des Weiteren erinnert die Karte an ein Fotoalbum. Der leicht psychedelische Porträt-Stil lässt einen ein wenig zögern … soll das wirklich Charles Schumann sein? „Ja, das ist er, und wir haben seinen Flying Kangaroo auf die Karte gesetzt.“ Schließlich will auch Australien nicht nur mit Hugh Jackmans Favoriten vertreten sein.

Außerdem tut Zuo etwas, wenn ihm ein Drink fehlt. „Den Flip muss man bei uns auch nicht suchen, der steht auf der Karte.“ Diese widmet sich anhand der Bilder den Reisesouvenirs des Monsieur Émile. Dabei relativiert sich Exotik, „die indischen Gäste kennen Kurkuma und eine Chinesin freute sich, dass wir was mit Osmanthus anbieten.“ Die bunte Sammlung bringt auch Dinge zusammen, die kategorial verschieden sind, sich aber durch eine Zutat doch wieder ins flüssige Reisegepäck einordnen. Das kann Tatra-Tea-Sirup bei einem Schlenker in die Slowakei sein, oder beim Afrika-Menü Amarula als Cocktailzutat. Genauso kommt aber auch die Guinness-Champagner-Paarung „Black Velvet“ – immerhin halten viele Stout-Fans die Afrika-Abfüllung immer noch für die beste der Iren – zu Ehren (12,50 Euro).

Und wo wir schon beim schwarzen Kontinent sind: Hier residiert auch die „Black Beauty“, der Twist auf die „White Lady“, neben dem „Wise President“, einer Mandela-inspirierten Abwandlung des „El Presidente“ (15,50 Euro). Mit F&B-Manager Wolfram Pizzera feilte man an vielen Kleinigkeiten, selbst die Bilder der Bar wurden schließlich analog zu den „Reise-Stories“ der Karte erneuert.

Achse zwischen den beiden Bars

Dass hier nicht nur ein Consulting-Job eines lokalen Bar-Heroen (Zuo vertritt Österreich auch im aktuellen Phaidon-Buch „Where Bartenders Drink“) abgeliefert wurde, sieht man. Sobald nämlich der Coaster am Tisch liegt, der in seinem Sonderformat nicht nur Glas und Filler oder Snack eine Unterlage bietet, sondern auch die Logos von Émile und The Sign zeigt. Die Partnerschaft soll ausgeweitet werden, auch der von Kan bereits angekündigte Shuttle-Service für seine Gäste wird das Hilton Vienna Plaza auf seiner Route haben.

„Wir haben einmal drei von fünf geplanten Stufen umgesetzt“, lächelt Zuo, der auch schon einen Standort für die geplanten privaten Fässchen mit gereiften Lieblingsdrinks von Stammgästen auserkoren hat. Denn die vielen Business-Gäste sollen spielerisch an die Bar gebunden werden. So kann man bereits jetzt die eigene Bar-Karte kreieren. Indem man sich mit seinem Drink in die Foto-Box setzt. „Wie ein Panini-Album mit Cocktails statt Fussballern“, stellen sich Pizzera und Zuo das vor, und stellen sich bereits auf den Verkauf der aufwendigen Karte (zu 39 Euro) ein.

Sukzessive kann man so trinkend alle Reisen auf Émiles Spuren unternehmen. Wahlweise mit und ohne der Grünen Fee als Flugbegleiterin.

Credits

Foto: Alle Fotos via Hilton Vienna.

Kommentieren