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Küfer Gerald Buckley über die Tradition seines Handwerks und seine neue Jameson-Abfüllung

Seit 200 Jahren zimmert die Familie Buckley Fässer. Das Wissen von fünf Generationen bündelt Gerald „Ger“ Buckley. Der Pate der neuen Jameson-Abfüllung hat einiges zum Thema Fassreifung zu sagen: Whiskey aus der Küfer-Perspektive.

Gerald „Ger“ Buckley ist schwer zu überhören. Zumindest dann, wenn er irgendwo auf diesem Globus seine „Barrel Show“ präsentiert. Seit fünf Jahren tourt er damit für den irischen Whiskey-Giganten Jameson durch die Whiskymessen. „Wenn ein altrömischer Küfer reinkäme, würde er mitarbeiten können“, ist Ger stolz auf seine alte Berufstradition, die nunmehr auch mit einem eigenen Whiskey geehrt wurde. Dass Brenner Brian Nation („Distiller’s Safe“) und Blender Billy Leighton („Blender’s Dog“) mit Namen und Fingerabdruck auf eigenen Abfüllungen verewigt wurden, ist nachvollziehbar. „Für einen Handwerker wie mich ist das ungewöhnlich und eine Ehre“, freut sich der Ire beim MIXOLOGY ONLINE-Gespräch in Wien. „Je öfter ich ihn koste, desto mehr fühlt er sich nach mir an“, hebt er dazu ein Glas des nach seinem Küfer-Werkzeug benannten „Cooper’s Croze“-Whiskey.

Für viele jüngere Zuschauer hat es fast den Charakter einer Geschichtsstunde, wenn Sie ein Fass zerlegen und es dann wieder zusammenbauen…

Naja, wir sind nur eine Generation von der Zeit entfernt, als die Fässer ausschließlich von Hand gemacht wurden. Bis in die 1960er Jahre war das üblich und mein Vater, bei dem ich Lehrling war, arbeitete noch so. Deshalb kann ich auch die alten Werkzeuge noch bedienen. Wahrscheinlich bin ich da weltweit einer der Letzten. Mit dem „Cooper’s Croze“ (deutsch: Gargelkamm, Anm. d. Red) etwa schneide ich Furchen ins Holz, um die Fassböden einzusetzen. Alle anderen Werkzeuge kannst du ersetzen, aber ohne den kann ich kein Fass machen.

Ehrlich gesagt habe ich länger suchen müssen, um eine Übersetzung für „Cooper’s Croze“ im Deutschen zu finden. Küfer-Werkzeuge sind offenbar recht speziell?

Der Küfer hat immer einen sehr schweren Hammer; die meiste Kraftarbeit mache daher nicht ich, sondern das Gewicht des Hammers. Dann gibt es noch die einseitig geschliffene Breitaxt, mit der ich die Dauben zurechtschneide. Die Sägen kamen ja erst spät auf, als man Stahl verlässlich und billig bearbeiten konnte. Aber eine Axt wie diese hatte wahrscheinlich schon Cäsar mit, als er nach Britannien aufbrach. Die drei wichtigsten Werkzeuge lassen sich gut 9.000 Jahre zurückverfolgen. Wenn du in New York ins Metropolitan Museum gehst, siehst du sie alle drei aus Stein ausgestellt und mit dieser Altersangabe versehen.

Als traditioneller Küfer machst du alles, was du tust, mit dem Augenmaß. Das einzige Hilfsmittel zum Messen ist ein Kompass, mit dem ich die Rundungen abgleiche. Ansonsten rächt sich einfach jeder Fehler. Nimm schlechtes Holz und das Fass leckt! Du kannst dir also keinen schlechten Montagmorgen erlauben in dem Beruf.

Wenige wissen auch, dass die Maßeinheit Tonne vom „tun“, dem größten Fass, kam. Eine bestimmte Fass-Größe hatte früher ziemlich genau dieses Gewicht von 1.000 Kilogramm. Wenn man 200 Fässer auf ein Schiff brachte, war das dann ein 200 Tonnen-Schiff. So kam es dann dazu, dass man immer noch von „Tonnage“ bei Frachtschiffen spricht.

Wo wir gerade bei Fässern sind: Ziehen durch die globale Nachfrage nach Whisky auch die Preise auf dem Fass-Markt an?

Die Preise waren schon weit höher und sind momentan wieder etwas niedriger, so bei 150 Dollar für ein neues 200-Liter-Fass aus amerikanischer Weißeiche. Ein gebrauchtes kann man derzeit für 130 Dollar kaufen. Wenn man es so sieht, kostet das Fass die Amerikaner gerade mal 20 Dollar. Gehst du in den Laden und kaufst nur das Holz dafür, wird das wohl drei Mal so teuer.

Wie unterscheidet sich eigentlich die Arbeit für ein Whiskey-Haus aus Sicht des Küfers von der Weinfass-Herstellung?

Was wir suchen, ist der größtmögliche Einfluss des Holzes in möglichst kurzer Zeit. Anders als beim Wein gibt es also kein Toasting (also nur leichtes Anrösten, Anm. d. Red.) bei uns, sondern Charring, die Fässer werden also wirklich ausgekohlt. Das wäre für den Wein aromatisch viel zu viel Holzeinsatz. Das Charring kann man mit Dampf machen oder eben mit offenem Feuer. Beim Jameson Black Barrel erfolgt das bei uns am intensivsten, bis zum so genannten Alligator Char.

Ich bin dafür jedes Jahr einmal in Amerika, um das zu überwachen. Die Frage bleibt aber immer noch, wie das erfunden wurde. Ich frage das immer meine Kollegen in den USA, und die meisten in Kentucky meinen, man wollte damit ursprünglich unangenehme Gerüche loswerden. Aber es gibt auch Hinweise, dass das Verfahren schon die Römer kannten.

Was bei Jamesons Küferei auffällt, ist, dass alle leeren Fässer indoor lagern, in Schottland stehen die aber in der Regel auch im Freien. Woher kommt das?

Für mich liegt die Überlegung darin, dass man einfach Platz sparte und keine weiteren Warehouses für die Leer-Fässer bauen wollte. Wir haben genau das getan, denn bei Frost kann es natürlich Risse im Holz geben und dann dringt Feuchtigkeit ein. Bei uns steht nie ein Fass draußen! Das spart schließlich auch Reparaturen und man verbraucht weniger Metallreifen, weil sie nicht rostig werden.

Wie sieht es eigentlich mit dem Nachwuchs in der Küferei aus? Und vor allem: Warum sieht man da keine Küferinnen in den Destillerien?

Wir haben aktuell drei Küfer und einen Fassbinder-Lehrling in Midleton. Den haben wir nur per Mundpropaganda gesucht und großen Zulauf gehabt. Was die Frauen betrifft, spricht man von der trockenen Küferei (dry cooperage), da findest du auch Frauen. Das bezieht sich auf die Herstellung von kleineren Objekten wie Eimern, Waschzuber oder ähnlichem. In der so genannten „wet cooperage“, die für Brenner, Brauer und Weinerzeuger tätig ist, weiß ich nur von einer Kollegin in den USA.

Merkt man am Heimmarkt eigentlich schon viel von der Wiedergeburt des irischen Whiskeys?

Naja, die eigentlich wundersame Geschichte war der Niedergang nach dem Zweiten Weltkrieg. Da haben viele Faktoren – u. a. die Spannungen mit den Engländern nach der Unabhängigkeit und die Verteilung des schottischen Whiskys an die Streitkräfte der Alliierten – den einstmals weltweit geschätzten Irish Whiskey verdrängt. Mit dem Erfolg von Jameson in den letzten Jahren kamen dann wieder neue Destillerien. William Grant hatte ja Tullamore Dew, aber auch Brown-Forman hat die neue Destillerie in Slane Castle aufgebaut.

Man sollte aber nicht vergessen, dass es zur Blütezeit nur 28 irische Destillerien gab und aktuell sind es 32. Wenn mich jemand fragt, ob er eine kleine Brennerei eröffnen soll, sage ich meist „nein“. Finanziell musst du die ersten Jahre durchstehen. Und wenn dein erstes Produkt dann rauskommt nach drei Jahren, hast du einmal ein Medienecho. Ab dem Zeitpunkt aber bist du aber nur ein weiterer Whiskey mehr im Regal.

Credits

Foto: Foto via Roland Graf.

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