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Gŏng-Bar, hoch hinaus in London

Schweizer werden schmunzeln, aber die höchst gelegene Bar West-Europas reklamiert das Londoner Hotel „At the Shard“ für sich. Dessen Cocktail-Karte wird soeben umgekrempelt, für MIXOLOGY ONLINE gab es von Barchef Christian Maspes einen ersten Einblick.
Willis Gedanken schweifen herum: „Ich kann mich immer noch nicht entscheiden, ob es mir am Tag besser gefällt oder in der Nacht”. Doch der Berliner ist kein Hotelgast. Er arbeitet hier und genießt nach vier Monaten als Bartender noch immer die Aussicht aus dem 52. Stock des Renzo Piano-Gebäudes „The Shard“:
Tower Bridge, St. Paul’s Cathedral, das Kriegsschiff H.M.S. Belfast. Die Londoner Sights wirken durch die raumhohen Fenster zum Greifen nah.
Der Wettstreit
Etwas weniger lang hielt es seinen Chef, Head-Bartender Henning Neufeld, der die Eröffnung der chinesisch inspirierten Gŏng im Mai gefeiert hat. Auf ihn folgte mit Christian Maspes vor zwei Monaten ein Italiener, der sich bereits im Hotel Savoy (bei „World Class“-Gewinner Eric Lorincz) einen Namen gemacht hat.
„Wir müssen in einen ernsthaften Wettstreit mit dem Savoy, der Connaught-Bar, dem Artesian und all den anderen großen Bars treten“, gibt er daher auch als Linie für Willi, den Österreicher Günter und sein gesamtes Barteam vor.
Champagner. What else?
„Wir sind die höchstgelegene Bar, aber die Leute sollen auch wegen der Drinks kommen“, krempelt er gerade die für ein Fünf-Stern-Haus recht kurze Liste der Signature-Cocktails (für 17 Pfund, also rund 21 Euro) um. Darunter stellte der „Black and Blue Swizzle“ einen der bekanntesten dar; Neufeld kombinierte Talisker, Honig, Limette, PX-Sherry und Blauschimmel-Käse zu einem Drink, der in Erinnerung bleibt.
Lieferte man bisher an der sieben Meter langen Champagner-Bar jede Menge große Namen glas- und flaschenweise, soll der Schaumwein nun nicht mehr das Hauptthema bleiben. Zwar spielt er immer noch beim beliebten Hausdrink „Bermondsey Bubbles“ eine Rolle, wo er auf den lokalen Gin aus Southwark trifft, den der Däne Christian Jensen zehn Minuten entfernt von The Shard in einem Stadtbahnbogen destilliert.
Und auch die „Waterloo Punch Bowl“ für bis zu vier Personen wird mit der Hausmarke Deutz gefüllt. Aber auch hier wollen neue Horizonte erobert werden.
Das Bar-Menü als Atlas
„Wegen klassischen Drinks geht man nicht unbedingt in eine 5-Stern-Bar“ – Maspes weiß, was er will. Das neue Drink-Konzept ist klar umrissen und es greift die Romanvorlage „Lost Horizon“ auf, die der in Hongkong beheimateten Shangri-La-Kette den Namen gab.
Wie zum mythischen Ort der ewigen Jugend in Tibet, soll man auch zum „The Shard“ eine Reise antreten. „Die kann dann in Indien starten oder in China, etwa wenn der Drink in einem Dim Sum-Korb serviert wird“. Teetassen aus Japan sind schon in Verwendung, die tibetischen Klangschalen für seinen „Shangri-La“-Serve geordert.
Neben der „Journey“-Kategorie wird die neue Karte einen lokalen Schwerpunkt unter dem Titel „Nest of London“ beinhalten. Mit den Hauptstadt-Gins – neben Jensen’s Bermondsey führt die Gŏng auch Sacred Spirits, Dodd’s und die Ginseng-Spirituose von Kamm & Sons – ist ein An.“ng gemacht. Dazu kommen multisensorische Erlebnisse bei den Drinks der „Discover your senses“-Seite und eine Reihe „Forgotten Drinks“.
Vier Themen für jede Gelegenheit
Zu jedem dieser vier Themenfelder findet der Gast dann leichte Aperitifs, Sours, After-Dinner-Drinks, „kurz: die ganze Palette der Trinkgelegenheiten“. Die Lieblingsspirituose des emsig planenden Italieners ist übrigens der Sake, „ich spiele gerne damit in Cocktails“.
Als Ausbildner der Sake Sommelier Association für Italien und Juror beim jährlichen Sake-Contest von Harrod’s liegt diese Leidenschaft nahe. Für die Zukunft verspricht Maspes den Gästen daher auch „jede Menge Umami“.
Jürgen Ammerstorfer, der österreichische Hotelchef, schätzt den Anteil der Hausgäste (Doppelzimmer im Shangri-La sind ab 560 Euro zu haben) in der Bar übrigens auf nur rund 5 Prozent. Entsprechend ratsam sind Reservierungen, vor allem am Wochenende. Da weichen Gäste dann selbst in die Pool-Area aus, die ab 21 Uhr Teil der Bar wird. Und trotzen dem Chlorgeruch. Der Blick auf das nächtliche East London entschädigt dafür ebenso wie die Drinks.

Credits

Foto: Gong Bar

Comments (1)

  • Serhan Kusaksizoglu

    Auf dem Bild sieht man nur die Champagner Bar, die Main Bar ist nebenan.
    Cheers,
    Charly

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