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Suntory

Japanische Whisky-Geschichte: Im Herzen von Yamazaki

Die Geschichte des japanischen Whiskys beginnt 1899 mit Shinjiro Torii. Heute zählt sein Unternehmen Beam Suntory global zu den großen Fünf. Wir tauchen tief ein in die historischen Begegnungen der nicht immer reibungslosen Erfolgsgeschichte, um bei einem Besuch der Destillerie von Yamazaki wieder aufzutauchen.
Auch Sean Connery hat es getan: Er wurde zum „Japander“. Japandering entwickelte sich zum Begriff für hochbezahlte westliche Prominente, die in Werbespots für das japanische Fernsehen sonderbar und kurios ulkig auftreten, oder für Produkte werben, die sie in der Heimat womöglich nicht verwenden würden.
Fussballer Pierre Littbarski erschien so als Liebhaber frittierter Bockwürste, Madonna trank begeistert Shochu und Sean Connery, der in der Rolle des 007 bereits in „Man lebt nur zweimal“ Suntory Old trank, schlürfte 1992 genüsslich Suntory Crest Whisky für ein Werbefilmchen. Ausgerechnet japanischen Whisky. Das brachte dem schottischen Schauspieler in der Heimat mächtig Ärger ein. Ein Parlamentsmitglied beschimpfte Connery daraufhin als den „Suntory Schotten“, der der schottischen Whiskybranche erheblichen Schaden zufügt. „Er unterstützt unseren ärgsten Marktrivalen“, zeterte der Konservative Bill Walker.

Die Sonne und Shinjiro Torii

 Der Vorwurf an den schottischen Schauspieler bedeutet gleichsam ein großes Kompliment an die japanischen Whiskyhersteller und die Qualität, die ihre Produkte in nicht einmal einem Jahrhundert Produktentwicklung erreicht haben.
Die Keimzelle der japanischen Whiskykultur liegt zwischen Kyoto und Osaka, keine zehn Kilometer südwestlich vom Stadtzentrum von Kyoto entfernt, wo sich unterhalb der Höhenzüge des Berges Tenno die Flüsse Katsura, Uji und Kizu treffen. Die Wasserqualität der Region, die historisch den Namen „Minaseno“ trug, hatte bereits im 16. Jahrhundert Sen no Rikyū, den Vater der japanischen Teezeremonie, dazu bewogen, hier sein Teehaus zu errichten.
Das Jahr 1923 manifestiert den Beginn der japanischen Whiskyherstellung in Yamazaki durch Shinjiro Torii. 1879 geboren, war er für einen pharmazeutischen Großhändler tätig, der ebenfalls im Bereich von Weinen und Spirituosen tätig war. Mit 20 Jahren machte sich Shinjiro Torii mit einem Ladengeschäft in Osaka selbstständig, und seine Leidenschaft für das Blending und internationale Spirituosengattungen wuchs beständig.
1899 gilt als das Gründungsjahr seines Unternehmens „Kotobukiya“, das kurz nach der Gründung der Whisky-Destillerie zu Suntory werden sollte und heute zu den großen Fünf der Spirituosenwelt zählt. Zu jener Zeit, um 1900, machte Alkohol westlicher Prägung gerade einmal 0,3 Prozent des japanischen Marktes aus, Erzeugnisse wie Brandy oder Portwein wurden in Japan nicht nach Originalverfahren hergestellt, sondern ihre Aromen wurden durch Blenden und das Zusammenmengen von Zutaten und Aromastoffen imitiert.

Von Minaseno an die Speyside

Insbesondere Whisky faszinierte den jungen Unternehmer, der als erster den Schritt ging, Whisky nach schottischem Vorbild im Originalverfahren herzustellen und eine Malt-Destillerie zu bauen. Zudem machte er sich auf die Suche nach einem schottischen Fachmann, der ihn beraten und den Destillationsprozess verantworten solle. Ein Bekannter, Dr. Moore, wies ihn auf einen jungen Japaner hin, der sich leidenschaftlich mit Whisky beschäftigte und die Materie auch in Schottland erkundet hatte. Shinjiro Torii wusste bereits, wer gemeint war.
Masataka Taketsuru, geboren 1894, stammte aus einer Familie, die mit Reisanbau und Sake-Herstellung arbeitete. Chemie und Hefekunde waren seine Studienfächer, bevor er bei dem Unternehmen Settsu Shuzo in die Alkoholindustrie einstieg. Der Japan-Experte und Autor des großartigen Buchs „Whisky Rising – The Definite Guide to the Finest Whiskies and Distillers of Japan“, Stefan van Eycken, vermutet, dass Torii und Taketsuru sich bei bei diesem Handelsunternehmen kennengelernt haben könnten, da Torii hier etliche seiner Zutaten bezog.
1918 machte sich Masataka Taketsuru im Auftrag von Settsu Shuzo auf den Weg nach Schottland, um den Geheimnissen des Original Scotch nachzuspüren. In Glasgow belegte er Kurse an der chemischen Fakultät und der technischen Hochschule. Hier lernte er auch seine spätere Frau Rita kennen.

Start mit Suntory Whisky Shirofuda

Dann ging es in die Destillerien. Der eifrige Praktikant wollte alles wissen über den Destillationsprozess und die Fassreifungsprozesse. Ihm öffneten sich die Pforten der Single Malt Hersteller Longmorn in der Speyside Region, Hazelburn in Campbeltown und der Grain Destillerie Bo’ness in den Lowlands.
1920 kehrte Taketsuru nach Japan zurück – verheiratet und voller Enthusiasmus, die erlangten Whisky-Kenntnisse mit Kihei Abe, dem Chef von Settsu Shuzo, umzusetzen. Die Enttäuschung war groß, als er von Abe erfuhr, dass das Unternehmen die Pläne, echten Scotch herzustellen, in der Zwischenzeit verworfen hatte und ihn damit beauftragte, Whiskyimitat zu blenden. 1922 kündigte der frustrierte Whisky-Enthusiast bei Settsu Shuzo.
Im Juni 1923 begann er seine Tätigkeit bei Kotobukiya für Shinjiro Torii. Das Abenteuer begann. 1924 ist die Destillerie fertig gebaut und produziert das erste Destillat. 1929 kommt der erste Whisky der Marke heraus. Suntory Whisky Shirofuda hieß das Produkt, was so viel bedeutet, wie Suntory White Label. Die frühen Jahre gestalteten sich jedenfalls zäh. Produktionsweisen und Erzeugnisse ließen noch zu wünschen übrig und Shinjiro Torii musste kreative Unternehmungen angehen, um die Destillerie finanzieren zu können. So verkaufte er beispielsweise Curry, Tee, Sojasoße und Zahnreinigungsmittel.
Auch eine Brauerei kam hinzu, deren Geschicke der bierunerfahrene Taketsuru leiten sollte. 1934 trennen sich die Wege der beiden Whisky-Pioniere im Land der aufgehenden Sonne. Taketsuru zog es in den Norden des Landes, wo er eine eigene Destillerie erbauen würde, um eine eigene Marke zu gründen – Nikka. Was mühsam als Kotobukiya begann, sollte sich im Laufe der Jahrzehnte mit Nikka und Yamazaki, beziehungsweise Suntory, zu den beiden größten Erfolgsgeschichten des Whiskys in Japan weiter entwickeln.

Suntory for Visitors: Zu Gast bei Yamazaki

2013 wurde die eindrucksolle Anlage von Yamazaki zuletzt modernisiert und erweitert. Ein Jahr später gab Suntory die Übernahme von Beam Global für 13,6 Milliarden US-Dollar bekannt.
Die Nachfrage nach japanischem Whisky steigt stetig weiter.
Die dunkelroten Bauten schmiegen sich in das satte Grün der Höhenzüge oberhalb der Flüsse. Der Destilleriebesuch sollte sehr frühzeitig gebucht werden. Die Führungen und Verkostungen sind begehrt, sechs bis acht Wochen Vorlaufzeit sollten mindestens eingeplant werden. Der Besuch aber lohnt. Auch für Schottland-erfahrene Destillenpilger ist die Kombination von Tradition und Innovation bemerkenswert.
Dazu kommen die japanischen Besonderheiten. Anders als in Schottland, findet in Japan kein Austausch an Destillaten zwischen den Herstellern statt, um ihre Blends zu komponieren. Die unterschiedlichen Aromafacetten müssen also alle innerhalb der eigenen Brennerei hergestellt werden. Von mild über würzig bis zu torfig – alles kommt aus den eigenen Brennblasen. So darf es nicht verwundern, dass die Brennblasen bei Yamazaki sehr unterschiedlich aussehen. Die Schwanenhälse sind mal kurz und dick, mal schlank und hoch. Manche erinnern eher an die Brennblasen der Obstbrenner oder im Cognac.

Die Fässer der japanischen Wassereiche

Auch das Fasslager ist bemerkenswert. Vielfältige Fasstypen mit den unterschiedlichsten Vorbelegungen sorgen für eine Erweiterung der Aromenvielfalt, aus denen der Blending Master die ideale Mischung wählt. Darunter auch Matsubara-Fässer. Die japanische Wassereiche hat sich bereits für die Whiskyreifung bewährt und erzeugt eine eigene, subtil-würzige Aromatik.
Die Fässer sind nur auf zwei, maximal drei Ebenen gestapelt, was mit der Erdbebengefahr in Japan zusammenhängt. Angeschlossen ist ein Destillerie-Museum, welches die Unternehmensgeschichte beleuchtet und umfangreiche (und preisgünstige) Verkostungsmöglichkeiten offeriert. Einige der Whiskys sind nur hier vor Ort erhältlich.

Die Bibel nach Jim Murray

Den Yamazaki Single Malt Sherry Cask 2013 gibt es leider auch hier nicht mehr. Jener Whisky, den der einflussreiche Whisky-Autor Jim Murray in der 2015er-Ausgabe seiner berühmt-berüchtigten Whisky Bible zum besten Whisky der Welt erkor.
Eine erneute Bestürzung brach in Schottland hervor, diesmal auch ohne Sean Connery. Der Rest der Welt (ach, Schottland bestimmt auch) blickt gespannt nach Japan und auf die weitere Entwicklung der immer rarer werdenden Whiskys und dem steten Verschwinden der Altersangaben. Aber auch ohne Age Statement klingt fröhlich das japanische Prost: Kanpai!

Credits

Foto: Titelbild: Beam Suntory Strecke: Peter Eichhorn

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