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Neue Bars

Die Top 10 Bar-Eröffnungen des Jahres 2017

The same procedure as every year, James – es ist wieder Zeit für den Rückblick auf zehn neue Bars, die seit 2017 die Szene in Deutschland, Österreich und der Schweiz bereichern.  Der Scheinwerferkegel traf in diesem Jahr die folgenden zehn Trinkstätten, freilich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Man kann natürlich die alte Leier anstimmen, dass (politisch) schlechte Zeiten gute Nachrichten für die Bars sind. Wer Sorgen hat, hat auch Likör und so. Das wäre allerdings ein Unfug, denn die Leistungen der heimischen Bartender verdanken sich nicht der Unbill der (immer noch nicht) Regierenden, sondern den Anstrengungen und der Kreativität Einzelner. Man sollte im Jahresrückblick nämlich eine Konstante mit Blick auf neue Bars 2017 nicht übersehen: Fast alle eröffneten mit Verzögerung, es gibt diese Bars vielfach trotz der Ordnungsämter und Magistrate und nicht aufgrund der Wirtschaftsförderung.

Doch bleiben wir milde angesichts eines Jahrs, in dem es angeblich nur besser werden kann. Die „good news“ überwiegen nämlich, denn erneut haben sich die Städte abseits der Metropolen als Quell mixologischer Freude entpuppt, während in den großen Barstädten der Wettbewerb ein immer höheres Level bedingt. Sonst braucht man gar nicht erst eröffnen. MIXOLOGY ONLINE kann schon aus Eigennutz derlei Qualitätsfanatismus nur loben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und schon gar nicht als Ranking zu verstehen, feiern wir die neuen Bars im GSA-Raum für das Jahr 2017!

10) Kawenzmann, Bamberg

Nicht alles änderte sich mit dem – damals noch jungen – Jahr 2017, Bamberg etwa blieb stabil. Neue Bars gibt es dazu passend auch an der Regnitz. Lars Baldes und Till Deininger eröffneten ihre dritte Bar im oberfränkischen Cocktail-Wunderland. Der Rum, „bislang immer zu kurz gekommen“, so Barmanagerin Linda Le, fließt nun in der Tiki-Bar Kawenzmann umso reichlicher in den Shaker.

Der Spaß kommt nicht zu kurz, dafür sorgen PC-Game-Reminiszenzen aus den 1980ern mit „LeChuck’s Revenge“ oder dem „Monkey Island Eistee“, die Pechvogel-Pirat Guybrush Threepwood wiederauferstehen lassen. Dienstag steht der Rum im Fokus, gerne auch aus deutschen Landen, während Mittwoch Daiquiri-Hochämter von Linda Le zelebriert werden. Dass der schräge Name, der eine Monsterwelle bezeichnet, vom lateinischen „cavere“ (Acht geben) kommt, passt bestens: Denn auch 2018 wird Cocktail-Deutschland auf Bambergs Kreative achten müssen.

9) Velvet, Berlin

Eigentlich befinden wir uns im „Kerngebiet von Molle und Korn“ – Berlin-Neukölln. Doch was das Kreativ-Triumvirat aus Barchef Filip Kaszubski, Ruben Neideck und Damien Guichard in der Ganghoferstraße auf die Beine gestellt hat, hat so viel mit einer Neuköllner Bierkneipe zu tun wie ein prunkvolles Casino mit einer Spielothek in der Weserstraße. Das wichtigste Stichwort scheint „Experiment” zu lauten – aber immer im Interesse des Gastes, nicht der Selbstbeweihräucherung.

Das Ergebnis ist eine Bar, die sich schnell in einschlägigen Kanälen den Ruf als die beste der Stadt erarbeiten konnte. Inklusive dem vielleicht charmantesten Gastgebertrio der Start, einem schon legendären Milk Punch und einem regelrechten Füllhorn an regionalen, saisonalen Zutaten, die Neideck nicht nur selbst im Berliner Umland erntet („ich weiß gar nicht, ob das immer legal ist”) und mithilfe der hauseigenen Laborküche urbar macht. Auf der Suche nach einem Brennnessel-Gimlet (im Sommer wurden die Nesseln dehydriert) oder einem Drink mit schwarzem „Trüffel“-Knoblauch ist, der sollte sich auf den Weg ins Velvet machen. Unlängst gab Guichard bekannt, im kommenden Frühling in Berlin-Mitte eine eigene Bar zu eröffnen – mit Blick auf die Liste für neue Bars 2018. Es bleibt also alles im Wandel im Velvet, und wir bleiben dran.

8) Spelunke, Wien

Blättert man eigentlich auch bei einem Online-Medium in den Annalen? Egal, es waren jedenfalls acht neue Bars, die wir 2017 in Wien besprechen konnten (die Spätherbst-Neulinge Bitter Mendez, Bar 3, Clandestino und Salopp sind da noch nicht dabei!). Vor allem hat auch der Typus der Restaurant-Bar die Donaustadt erobert. Neben dem Aï wäre hier vor allem der neue Tresen, an dem Österreichs World Class-Sieger Marcus Philipp mixt, zu nennen.

Die Spelunke wird vor allem mit den Mexiko-inspirierten Drinks mehr als ein weiteres legeres Lokal am Donaukanal. Und die Ambitionen der Bar-Crew gehen im neuen Jahr weiter – vor allem, wenn Philipp an die erste Sommersaison der mit September 2017 gestarteten „Hafenkneipe“ denkt: „Die Abfüllanlage für ‚Cocktails to go‘ ist schon bestellt“. Aye, aye, Captain!

7) Lieblingsbar, Hannover

„Herri“ oder „Mashsee“ – die Bier-Optionen in Hannovers programmatisch benannter Lieblingsbar sagen schon einiges über den Anspruch aus. Manuel Mauritz will die arrivierten Gäste der Messe-Stadt ebenso ansprechen wie die niedersächsischen Studenten. Inklusion statt Exklusivität hat sich schnell herumgesprochen, zumal auch die Qualität der (sehr oft regionalen) Ingredienzen hier stimmt: Ob bei den vier Hannover Gins am Tasting-Brett oder einem Hot Buttered Jägermeister, der die Winterkarte ziert.

Die Saisonalität paart sich am Herrenhäuser Markt mit Entspanntheit. Statt komplexer Storys hinter den Eigenkreationen reicht man einfach einen „Lieblingsglühwein“ oder gleich den „Niemand friert“ – das alles so selbsterklärend und selbstverständlich wie die ganze Lieblingsbar. Auf dass die Leine-Metropole bald noch mehr neue Bars erleben darf!

6) Jigger & Spoon, Stuttgart

Warten, warten, warten – die beständige Antwort des Stuttgarter Rathauses zerrte an den Nerven von Eric Bergmann und Uwe Heine. Denn nicht nur die Barflys wollten endlich sehen, wie sich ein Tresorraum in eine voll funktionierende Bar verwandelt, auch die Jigger & Spoon-Macher wollten ihre Rezepte endlich zwei Räume unter der Erdoberfläche ausschenken. Mittlerweile brummt der Laden, dessen wichtigste Auflage (die Tresortür muss immer offen sein!) man nur allzu gerne erfüllt.

Die Drinks des Duos entstehen großteils direkt im Dialog mit den Gästen an der Bar, selbst eine Zigarrenlounge hat man in Kooperation mit Rauchwaren-Platzhirsch Klenk eingerichtet. Die prickelnde Stimmung der ersten zwei Betriebsmonate soll auch 2018 weitergehen – als erste Veranstaltung steht am 10. Januar eine Champagner-Verkostung an.

Neue Bars 2017: Die Qual der Wahl gehört dazu!

5) Josef, Wien

Eine Coco Mademoiselle – die „boozy“ Floristen-Version der Wiener Melange – für die Ladies, einen Snickers Old Fashioned für die Buben! Mit der Konzentration auf seine Signatures, die immer weiter verfeinert werden, gibt Philipp Ernst den Japaner. Die Bar, in der das gemeinsam mit Andrea Hörzer und Andreas Portz geschieht, heißt zwar Josef, aber sie könnte sich auch Total Quality Management nennen. Kommt endlich glasklares Eis aus der Maschine, feiert die Josef-Crew das wie einen neuen Drink auf der Karte.

Den gibt es natürlich auch, denn im Herbst hat Hörzer Moos und Hagebutten gesammelt. Was daraus wird, gibt es sicher demnächst zu verkosten in diesem Spielzimmer, das sich nie zu ernst nimmt. Meister-Techniken verinnerlichen und dann die Regeln brechen war von alters her ein gutes Rezept. Und immerhin ist die Josef ja den Großvätern gewidmet.

4) Matiki, Wien

„Es ist ein großartiges Gefühl, Tiki in Wien zum Leben zu erwecken”, haben Arik und Matty Vinnitski auch vier Monate nach Eröffnung ihrer Themen-Bar Matiki den gleichen Elan wie zu Beginn. Soeben wurde das Team um Zoé Heins aus dem Peruke & Periwik in Dublin verstärkt, auch die lang erwarteten Keramik-Punch Bowls aus der Ukraine sind endlich eingetroffen. Befüllt werden sie in der Gardegasse mit dem Suffering Bastard (1942 von Joe Scialom kreiert).

Wer derlei tropische Verspieltheit nicht kennt, freut sich immer noch an den Drinks aus Kokosnuss-Schalen, Ananas-Hälften und den schrägen Tiki-Mugs nach eigenen Entwürfen der Brüder. Wochentags haben die Rum-Trinker das Matiki in Beschlag, „doch es kommen auch schon Gäste mit ihrem Lieblingshawaii-Shirt zu uns“. Vielleicht hat den Donau-Piraten ja bislang nur die Anlegestelle gefehlt.

3) Cinchona, Zürich

Wenn sich Bartender rechtfertigen: „Ich schließe an den Erfolg der Cinchona von Joerg Meyer an“, hieß es letztens an einem Wiener Tresen. Ja, die ernst genommene Highball-Kultur passt nicht nur in Alte Hafenämter, sondern auch an die Limmat. Das bewies die im April 2017 – wieder in einem Hotel der 25 hours-Gruppe – eröffnete Cinchona Bar, für die im Hintergrund ein All Star-Team aus dem Le Lion die Wege bereitete. In den Langstraßen-Kiez reiht sich derlei Lockerheit natürlich bestens ein.

Dass es in Zürich „Apéro“ heißt, wenn tagsüber Drinks mit „Fortified Wines“ wie Sherry oder Port geordert werden, hat die Crew um Michael Kampmann schnell verinnerlicht. Stark wie Hulk sind natürlich auch hier die Basilikum-Büschel, denn unter den als Highball gereichten Klassikern der Shaker-Verweigerer im 25 hours rangiert der mit Soda getoppte „Gin Basil Smash“ natürlich ganz oben.

2) Hildegard Bar, Berlin

Eindlich hat er ihn, seinen ganz eigenen Bar-Spielplatz: das Berliner Bar-Urgestein Thomas Pflanz lässt bitten – natürlich in die City West. Lange hat die Suche nach einer passenden Liegenschaft gedauert, bis im Herbst „die Hilde“ in der Marburger Straße, nur einen Steinwurf entfernt von Ku’Damm und Wittenbergplatz, erstmals ihre Türen aufgesperren konnte.

Dort zelebriert der hauptstädtische Supergastgeber, der auf mehr als drei Jahrzehnte Berliner Bar-Erfahrung an Orten wie der Bar am Lützowplatz, dem Lebensstern und der Victoria Bar zurückblicken kann, nun seine Version von lockerer Baratmosphäre mit feinsten Drinks. Zur Seite stehen Pflanz dabei ein kleines, aber hochkarätiges Barteam, ein rauchender Frosch und – natürlich! – die heißgeliebte Jukebox. Wer also demnächst die Lust auf einen Watermelon Man (oder natürlich ein Hilde-Gedeck) verspürt, der kann sich auf den Weg zu Thomas Pflanz machen, um zwischen „Smoke on the Water“ und „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ endlich anzukommen.

1) Stairs, Berlin

Willkommen im Wohnzimmer! Konstantin Hennrich empfängt seit Sommer 2017 mit seinem alten Chapel-Buddy Kersten Wruck in Charlottenburg-Wilmersdorf. Der Gast wird nicht nur aus seiner Welt in die Stairs geleitet, auch dort selbst gibt es eine freundliche Handreichung. In diesem Falle, wie man durch die Cocktailgeschichte wandert. Denn das „Stiegen-Prinzip“ verbindet auch die Drinks, die es vom Original bis zu den modernen Twist zu erkunden gilt.

Hennrich und sein Hund als Maskottchen der Cocktailkarte führen durch die sechs Dreier-Paarungen. Und schnell wird dem Gast klar, dass er bislang einer Fehlinformation aufgesessen ist: Stiegen-Steigen muss nicht anstrengend sein. Es kann sogar eine ganze Nacht lang Spaß machen!

 

Credits

Foto: Foto via Shutterstock.

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