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spitz bar zürich

Sie sind der Meinung, das war Spitz Bar?!

Die Spitz Bar ist Teil des Landesmuseums Zürich und weit mehr als ein Garant für Wortspiele. Das beweist die Nominierung bei den MIXOLOGY BAR AWARDS 2018. Dort wurde die kleine Bar in den Kreis der besten neuen Schweizer Bars des Jahres gerufen. Das hat selbst Barchef Rodrigo Zimmermann erstaunt. Wenn auch aus anderen Gründen, als man annehmen könnte.

Die Spitz Bar ist ein kleines Juwel, sehr kompakt und heimelig. Das stellt man fest, wenn man die kleine, mit Holz vertäfelte Einrichtung, ihre liquiden Schätze und kommunikativen Gastgeber erst einmal entdeckt hat. Schlendert man nämlich im Innenhof des umgebauten und erweiterten Zürcher Landesmuseums umher, ist nicht sofort offen- und erkennbar, dass sich im Inneren der ehemaligen Räumlichkeiten des Museumsflügels seit mehr als einem Jahr auch eine Bar, die Spitz Bar, befindet. Sie ist Teil des Gastronomiebetriebes Spitz mit Restaurant, Bistro und Bar, der von vier bekannten, in Zürich aktiven Gastronomen betrieben wird.

Spitz Bar: Start mit Slow Food-Konzept

„Vor dem Umbau sind die Räumlichkeiten des zum Landesmuseum Zürich gehörigen Flügels nicht öffentlich oder durch gastronomische Nutzung zugänglich gewesen. Wir haben den Rohbau übernommen und erstmals zu einer Gastronomiefläche umgebaut“, erklärt Benjamin Ott aus dem Pächter-Quartett. Gemeinsam mit seinem Bruder Markus Ott, der in Zürich die Clubs Kauz und Zukunft leitet, Basil Nufer, der mit Benjamin Ott die Cucina Paradiso GmbH führt, und Simon Leuzinger haben sie Anfang August 2016 das Spitz mit einem Slow Food-Konzept als Restaurant und Bistro sowie der zugehörigen Spitz Bar eröffnet.

Die junge Zürcher Trinkstätte ist zwar spitze, aber keineswegs spitz. Mit ihrem Namen bezieht sie sich viel mehr auf den angrenzenden Park Platzspitz in unmittelbarer Nähe zum Zürcher Hauptbahnhof, der bis in die frühen 1990er-Jahre als Drogenumschlagplatz auch medial für große Aufmerksamkeit gesorgt hat.

Die Spitz Bar jedenfalls ist quadratisch, mit einer Fensterfront hinter dem Bartresen und einem über den Köpfen der Gäste angebrachten Bar-Regal für die hauseigenen Raritäten sowie dunkler Holzvertäfelung an den Seitenwänden ausgerichtet. Das Bistro geht zeitgleich mit den Öffnungszeiten des Museums einher und schließt um 17:00 Uhr. Während dieser Zeit zählen vor allem Museumsbesucher, Tagesgäste oder Touristen in der Züri-Seegemeinde zur Zielgruppe der gesamten lukullischen Einrichtung, die den Standort sowohl belebt als auch aufwertet.

Zürich, Apéro-Hauptstadt

Danach drängen vermehrt Stammgäste, Nachtschwärmer, Bar- und Cocktail-Aficionados sowie Einheimische in die mit 19 Sitzplätzen sehr klein gehaltene Bar zum abendlichen Treffpunkt oder zum Apéro. An Letztgenanntem „führt kein Weg in Zürich vorbei“, weiß der 30-jährige Spitz-Barchef Rodrigo Zimmermann aus Immensee, einem kleinen Küssnachter „Dörflein“ nahe Luzern, und hält für seine Gäste einen spritzigen Bruno auf Weißweinbasis und keinen Aperol Spritz, sondern „Aperol Spitz“ mit Holunderblüten- und Enzianlikör parat, und „der läuft wie geschmiert“.

Die Spitz Bar grenzt direkt an das durch Türen trennbare Restaurant, dessen Speisekarte auch dort Gültigkeit und Schlagkraft besitzt. „Unsere Bar ist Teil des Ganzen, und so ist es schön, Synergien nutzen zu können“, so Ott.

Inhaltlich konzeptioniert wurde die Bar von Barchef Rodrigo Zimmermann und seinem Freund und Spitz-Teilhaber Felix Dleikea.

„Es hat sich durch Zufall beim Fondue-Essen mit Felix ergeben“, erzählt Zimmermann. Zum damaligen Zeitpunkt war er noch Barchef in der Zürcher Raygrodski Bar. Die Nominierung zur besten neuen Bar der Schweiz im Rahmen der MIXOLOGY BAR AWARDS 2018 kam für das Spitz Bar-Team unerwartet: „Wir waren total überrascht und hätten es nie erwartet. Wir können es zwar inhaltlich nachvollziehen, dachten aber, dass da mehr Industrie-Verbandelungen mit reinspielen.“

Schwerpunkt schottische Whiskys in der Spitz Bar

Mit ihrem Spirituosen-Sortiment, dessen Herzstück rund 250 Whiskys bilden, einem regional-nationalen Produktfokus sowie selbst hergestellten Sirups und Infusionen wollten sie vor allem eine liquide „Genuss-Landschaft“ kreieren. Den Schwerpunkt innerhalb dieser Whisky-Flotte bilden schottische Whiskys. „Weil sie die größte Vielfalt bieten. Aber wir haben auch zirka 40 für Cocktails spannendere Amis hier“, grinst Zimmermann.

Die Whisky-Armada wird laufend und durch zirka 30 Rums, 20 Mezcals, Vodkas, Piscos, Cassis-Whisky, Erdbeer-Kirschbrand, eidgenössisches Craft Beer und vorwiegend Schweizer Gins oder dem eigenen Spitz-Gin aus der Humbel-Manufaktur ergänzt. „Regionalität ist uns sehr wichtig. Das haben wir von Anfang an klargestellt“, so der Barchef.

Spitz Bar: Regionalität und Hip-Hop

Selbstverständlich darf es einer Schweizer Bar vor allem nicht an Kirsch-, aber auch nicht an Quitten-, Trauben- und sogar Kastanienbrand fehlen. Angesichts ihres Trink-Repertoires müsste die Spitz Bar den Vergleich mit The Old Crow oder der Widder Bar nicht scheuen. „Will man es aber entspannter, dann kommt man zu uns“, findet Zimmermann, der am liebsten locker-leger, im T-Shirt und im elegant-saloppen Hosenbein antritt und sich „bei guter Musik, die auch mal Hip Hop sein darf“ auf Augenhöhe mit den Gästen begibt.

Die Sommerkarte bestand zur Gänze aus Signature Drinks mit Schweizer Produkten. Kreiert wird eine solch kleine Karte im Plenum des drei- bis vierköpfigen Mitarbeiterteams und soll zukünftig im viermonatigen Rhythmus erscheinen. Auf einer großen Karte existieren bis zu 30 internationale Klassiker. Anfang Dezember werden die montäglichen Malt-Tasting-Abende durch monatlich stattfindende Cocktail- und Whiskydinners erweitert. Bis zu sechs Gerichte aus der Restaurantkarte sollen von „Mini-Cocktails“ oder kleinen Drams begleitet werden.

Die Rigi und das Matterhorn

Natürlich gibt es auch einen gewissen Hendrick’s Gin vor Ort, aber der Fokus wird lieber auf Regionalität geleitet. „Für die Winterkarte haben wir ein ehrgeiziges Projekt mit insgesamt sechs Cocktail-Paaren aus vorwiegend Schweizer Spirituosen kreiert“, verrät der ETH-Absolvent in Kommunikationswissenschaft. „Das Cocktailpärchen Rigi//Matterhorn steht für den Gegensatz lieblich-kräftig“, nennt Zimmermann ein Beispiel. Beide bestehen aus Johannisbeer-Vodka, weißem Wermut, Verjus, Honigwasser und einem Absinth-Rinse, nur deren Mischverhältnisse werden verändert. Die Rigi ist der einzig „weibliche Berg“ der Schweiz. „Daher der Name für diesen leicht süffigen Cocktail“, heißt es aus der Spitz-Kreativschmiede. Die kräftigere Variante heißt Matterhorn, „vor allem wegen Absinth, der wie der namensgebende Berg dem Wallis entstammt“.

Während des Zivildienstes hat Zimmermann den Weg an und hinter die Bar gefunden. „Ich weiß, dass ich anderswo mehr verdienen könnte, aber mein Beruf war eine klare Wahl. Mein Arbeitstag fühlt sich nie wie ein solcher an“, empfindet der leidenschaftliche Gastgeber. Das direkte Feedback und den geselligen sowie fachlich-informativen Austausch mit Menschen schätzt er besonders an seiner Profession, die eine positive Grundeinstellung bedingen sollte. „Wenn jemand kommt und nicht das bestellt, was ich mir zwei Wochen lang überlegt habe, kann das nicht der Anspruch sein. Wenn der Gast es aber will und Zeit auf mehr als nur ein Bier hat, zeige ich gerne Optionen auf“, liebt Rodrigo, Empfehlung und Beratung abzugeben.

Learning by drinking in und mit der Spitz Bar

Mittlerweile seien beinahe alle Whisky-Flaschen auf den über der bunt gemischten Besucherklientel gelegenen Hochregalen geöffnet. Dabei wird es wohl nicht bleiben, „denn in der kälteren Zeit ist Whisky bestimmt mehr Thema als im Sommer, wenn auch zusätzliche Plätze auf den Terrassen zur Verfügung stehen. Das Sommergeschäft läuft anders, und ich bin schon auf den Geschäftsgang im kommenden Winter gespannt. Im Vorjahr waren wir schon gut besucht“, erinnert sich der 30-Jährige, der sich privat und beruflich dem Genuss von Essen und Trinken verschrieben hat, gerne Städtereisen unternimmt und Spirituosen, vor allem gute Whiskys, genießt – und das durchaus mehr pur als in Cocktails. Sein die eigene Erfahrung ausbauendes Motto: „Learning by drinking“.

Credits

Foto: Foto via Spitz Bar.

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