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Round Midnight in der Thelonious Bar

Jazz, Cocktails und Neukölln. Die Thelonious Bar hat kürzlich auf der Weserstraße eröffnet und vereint klassische Cocktailbar mit modernen Zügen. MIXOLOGY ONLINE macht sich auf nach Neukölln, setzt sich mit einem Drink an den Tresen und Thelonious Monk spielt dazu.

Wandert einer die Weserstraße entlang. Egal von welcher Seite man sich der Neuen im Block, der Thelonious Bar, annähert – der Weg führt über die zuweilen zu amüsante Amüsiermeile Weserstraße.
Kommt man vom Herrmannplatz aus, passiert man von Pizzarestaurant und Weinbar über Kneipe alle möglichen Lokalitäten der illustren Abendgestaltung in Berlins ehemaligen „Problembezirk“. Von Rathaus Neukölln hingegen kommend, hat man die Chance einen Blick auf die ehemaligen Hallen des ehrwürdigen „Freies Neukölln“ zu werfen – die Kneipe war eine der ersten in der Straße und musste sich unlängst als Opfer der neu erlangten Prominenz des Kiezes geschlagen geben. Die Mietpreise wurden zu hoch, hier wird jetzt investiert.

Bierkneipen und Cocktailbars

Wo die einen schließen müssen, machen andere auf. Die Belebung des Kiezes und der Ruf als „Coolest Kid in Town“ zieht seit einigen Jahren neben Cafés und japanischen Dumpling-Läden auch Cocktailbars in die Gegend. Pionier war fraglos die Bar Tier, es folgten so einige andere, die neben den Bierkneipen Nordneuköllns ihre Räume bezogen. Seit Dezember vergangenen Jahres gehört die Thelonious Bar dazu.

Eingetreten durch die schräge Tür, hinein ins Dämmerlicht. Die besten Plätze sind die drei an der Fensterfront, denn sie geben den Blick frei auf die Straße. Wer gerade nicht spricht, hat gerne was zu sehen und draußen flanieren die Horden nicht nur an den Wochenenden die Weserstraße entlang. Gegenüber und einen Steinwurf entfernt wirft die Yuma Bar ihr Licht rot auf das Kopfsteinpflaster, deren drei Macher übrigens mit denen der Thelonious Bar identisch sind.

Laura Maria Marsueschke ist eine von ihnen. Sie ist unter Anderem die Schöpferin der Cocktailkarte im Thelonious. Jahre hinter unterschiedlichen Tresen in der Schweiz und Berlin, sowie Reisen durch verschiedenste Teile der Welt liegen hinter ihr. Die Frage, die sie sich zuletzt stellte, war: Weltreise oder Selbstständigkeit? Es wurde Letzteres, eben zusammen mit den zwei Betreibern der Yuma Bar.

Thelonious Bar: Inspirierende Gäste und neue Gesichter

Vor dem Gast erstreckt sich ein schlauchlanger Raum. Das Interieur der Bar ist „Klassisch Neukölln“: dunkles Holz auf dem Boden und an den Tischen, Dunkelgrün an den Wänden, durchbrochen von Kupfertönen und Lampen mit Schimmerfäden sorgen für das gedämpfte Licht. Der Tresen zur Linken dominiert, zehn Meter lang ragt er in den Raum und stellt die Bühne für die jungen Bartender. Just in dieser Februarwoche hatte Tony Galea einen Gastabend am Brett, die Idee von der Gastschicht soll auch in Zukunft bestehen. Einmal im Monat wird ein Bartender, nicht zwingend aus Berlin, hinter dem Tresen stehen und damit das Angebot des Hauses vital halten, internationale Einflüsse bescheren und frische Ideen bringen.

Die Karte ist inspiriert und verleiht dem Anspruch, zu einer klassischen Cocktailbar mit modernen Zügen zu gehören, ein Gesicht. Zu den üblichen Verdächtigen wie Negroni, Sazerac & Co gesellt sich so manches Novum. Infundiert wird gerne, das lässt sich erlesen und reicht von der Mango-in-Rum Infusion für den Ginger Mango Mai Tai – würzig – bis zum Round Midnight – rauchig-, wo Campari mit Chili auf Mezcal und Lapsang Souchong-Sirup trifft. Thelonious Monk hätte den vielleicht gemocht. Nicht nur weil ein Stück, dass er schrieb und das von Miles Davis vertont wurde, genauso heißt.

Gut erzogene Neuköllner

Preislich stellen 10 € die obere Grenze der Karte dar, das Gros bewegt sich zwischen 7,50 € und 10 €. Bei den Highballs trifft man auf die Klassiker von Gin & Tonic, hin zum Dunkel-Stürmischen bis zu Chartreuse an Tonic. Das SPQ-Tonic Wasser stammt von der Störtebecker Brauerei aus Stralsund und es prangt nicht etwa ein altbekanntes Gesicht auf der Bitterlimonadeflasche, wie man es aus so vielen anderen Bars kennt. Zusätzlich dazu gibt es auch Fever Tree-Tonic.

Das Publikum, jung, vermutlich kreativ und oft in Unterhaltungen auf Englisch verwickelt, weiß die Auswahl an Cocktails auf der Karte sichtlich zu schätzen. Auf Tresen und Tischen dominieren die Cocktails in geschliffenen Gläsern. Die drei Biersorten, die sich auf der Karte tummeln – alle drei von den Hamburger Ratsherrn, eins davon ein IPA – zeigen sich nur am frühen Abend. Die Cocktail-Kultur wird angenommen, dank Tier, Bürkner Eck und Bellmanns Bar wurde das Publikum gut erzogen. Der Namensgeber, Thelonious Monk, Vorreiter der Jazz-Richtung Bebop, findet seinen Platz in der Musikauswahl und in der Karte.

„I do pretty well, till after sundown, suppertime I’m feelin’ sad; But it really gets bad, ’round midnight.“, heißt es in dem Song zum Cocktail `Round Midnight, aber das bedeutet damit tatsächlich eher das absolute Gegenteil von dem, was in der Thelonious Bar geschieht. Je später, desto voller, und das auch an einem Dienstagabend. So kurz ist sie erst da, aber ihren Platz hat sie bereits gefunden.

 

Credits

Foto: Fotos via Ute Haufe

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