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Traveling Bartender: All Around the World

Wie verhält es sich mit der Barkultur in Abidjan, Vancouver und den Cayman Islands? Traveling Bartender besucht entlegene Orte. Damit beenden wir auch vorerst unsere Serie, mit der wir die Arbeit von Bartendern im Ausland beleuchtet haben. Fast. Ein Land bleibt dann noch.

Abidjan – wo liegt das? Abidjan ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Elfenbeinküste und Drehkreuz Westafrikas. Ehemals eine französische Kolonie, löste sich die Elfenbeinküste – im politisch-korrekten Namen als „Côte d’Ivoire“ bezeichnet – 1961 von seinen Kolonialherren und wurde unabhängig. Als mit wichtigster Kakao-Produzent der Welt stellte es nicht nur eines der reicheren afrikanischen Länder dar, es wurde gleichzeitig für europäische Unternehmen interessant, die sich dort niederließen. Zwar gab es Anfang der Jahrtausendwende einen etwa zehn Jahre lang andauernden Bürgerkrieg, dem viele Ivorer zu Opfer fielen, doch mausert sich das Land seit 2013 stetig und wird auch als Reiseziel für Individual-Touristen aus Europa immer beliebter.

Bénédicte Mendy kam nicht zum Reisen. Der Franco-Senegalesin Mendy lag afrikanische Kulinarik schon lange am Herzen. „2013 begann ich mich intensiv mit der Küche, aber auch mit den Gewürzen und Pflanzen Afrikas zu beschäftigen. Mir ging es darum, meine eigenen Wurzeln in meinen sehr persönlichen Drinks zum Ausdruck zu bringen. Daher gründete ich auch die Okana Nomadic Bar, die an immer unterschiedlichen Orten westafrikanische Interpretation von Barkultur offenbart.“

Bar-Vorreiter in Abidjan

Explizit nach Abidjan gegangen sei sie, weil der pulsierende und energiegeladene Charakter der Stadt, dem sie bereits auf Reisen das ein oder andere Mal begegnete, sie davon überzeugte, sich hier niederzulassen. Auch biete Abidjan als eine der wenigen westafrikanischen Großstädte die Möglichkeit, auf hohem Niveau für eine gehobene Klientel zu arbeiten. Natürlich sei der Standard und die Ausgeprägtheit der Barszene dort keinesfalls mit europäischen Verhältnissen zu vergleichen und teils nur rudimentär, aber es gebe auch immer Vorreiter, die mit ihrer Pionierarbeit etwas neues anstoßen wollen. „Der Drink als Medium der Faszination für die Barwelt ist hier ein probates Mittel, Türen zu öffnen und Interesse zu wecken“, so Bénédicte.

Einzig und allein beklagt sie die beschränkte Verfügbarkeit von hochwertigen Spirituosen oder die Tatsache, dass gute Barmaterialien noch immer Mangelware seien. Auch ist die Community noch nicht so ausgeprägt wie anderenorts, was den Import durch begrenztes Kaufinteresse zusätzlich erschwere.  Gleichzeitig wirbt sie für ihr Wahlland und unterstreicht, dass der Zugang zu Gewürzen, frischen Produkten wie Obst oder Früchten, die kreative Herstellungsweise und Techniken einzelner Gerichte oder die Kulinarik im allgemeinen ausufernd vorhanden sind und ein jedes Entdeckerherz höher schlagen lassen. „Das macht es besonders einfach, lange in diesem Land zu bleiben und es lieb zu gewinnen.“

Für die Zukunft plane sie Pop-Ups ihres Okana-Konzepts in anderen Ländern. Sie ist dabei einer der großen Pionierinnen, die nicht alleine für ein Bar-Konzept stehen, sondern Überzeugungsarbeit leisten, Schulungen durchführen, für die Bar leben und für das Thema sensibilisieren. Darüber hinaus – davon durfte ich mich letztes Jahr in Abidjan persönlich überzeugen – ist sie überaus trinkfest!

Laid-Back auf den Cayman Islands?

Für Kamyar Behzad war Reise von jeher ein Hobby. „Ich reise viel und will die Welt kennenlernen. Auf den Cayman Islands hatte ich die Möglichkeit, als Barmanager ein Ressort mit vier Bars zu eröffnen, da habe ich natürlich nicht zweimal überlegen müssen“, so Kamyar Behzad. Die in der westlichen Karibik liegenden Cayman Islands – Steuerparadies und finanzielle Oase von so manchem A-Promi – sei ein regelrechter Traumposten für Gastronomen, so Kamyar weiter. „Die Leute dort sind offen für Neues, somit hat man viele Möglichkeiten, sich auszuprobieren. Darüber hinaus schwingt natürlich auch der finanzielle Aspekt mit und 30 Grad im Dezember sind auch nicht unbedingt die schlechteste Voraussetzung für einen Ortswechsel.“

Die Zeiten, in denen urlaubssüchtige Amerikaner laut schreiend nach Piña Coladas und Frozen Drinks verlangten, sind zwar noch nicht gänzlich vorüber, dennoch hat sich die Bar-Szene auf den Cayman Islands in den letzten Jahren stark gewandelt. Das liegt zum einen an einer Vielzahl guter Hotelbars, aber auch an zahlreichen talentierten Bartendern, die jene Idee der gehobenen Barkultur verinnerlicht und durchdrungen haben und sie in ihrer Interpretation weitergeben möchten. „Es gibt sogar eine Speakeasy-Bar auf den Cayman Islands“, erläutert Kamyar Behzad.

„Manchmal habe ich natürlich das Großstadt-Leben vermisst. Auch das deutsche Essen hat mir ab und an gefehlt, obwohl ich sagen muss, dass die Qualität der Speisen hier in der Karibik in ihrer Frische jener in Deutschland überlegen ist.“ Wichtig sei es für den Bartender, ins Ausland zu gehen. Das bringe nicht nur auf einem professionellen, sondern eben auch auf menschlichem Level weiter. „Man wird mit der Zeit außerdem gelassener und legt nicht mehr alles so sehr auf die Goldwaage. Es sind Erinnerungen und Erfahrungen, die ein Leben lang bleiben“, so Behzad.

Nordamerika ist auch Kanada!

Florian Benjamin arbeitet zurzeit in Melbourne. Das war jedoch nicht immer so, verschlug es den Weltenbummler für 18 Monate auch schon nach Vancouver. „Vancouver ist fantastisch. Die Bar-Szene kreativ und jung, international erfolgreich mit guten Platzierungen bei Competitions. Der Zusammenhalt ist grandios“, so das Loblied, das Benjamin auf die kanadische Metropole singen kann. Kritisieren tut er die Tatsache, dass Alkohol relativ teuer und strikt geregelt sei. Auch das Infusionieren von Spirituosen war eine Zeit lang verboten. „British Columbia ist da schon drastisch. Die einzelnen Regionen regeln das relativ unabhängig.“

Restaurantbars seinen deutlich wichtiger als in Deutschland, was vor allem darin mündet, dass Bartender allgemein ein höheres Wissen über Wein besitzen als hierzulande. Das gleiche gilt – wie zu vermuten war – auch für Craft Beer, das eine deutlich größere Rolle spielt. Generell möchte Florian anmerken, dass die hohe Besteuerung von Spirituosen es teils enorm erschwert, Cocktails mit hochwertigen Marken zu kreieren. Anders als in Deutschland konzentriert sich die Barlandschaft in Kanada „wie eigentlich alles hier im öffentlichen Leben“ auf die großen zentralen Städte wie Vancouver, Toronto oder Montreal. Abschließend möchte Benjamin noch einmal unterstreichen, dass die Bar-Szene Kanadas eine unheimlich starke Community hat, Bars aber einfach entspannter Rückzugsort sind und unprätentiöse Drinks kommunizieren.

Und beim nächsten mal… Deutschland

Wir haben nun die Welt gesehen. Ob das nahe Europa mit all seinen kulturellen Unterschieden im Norden und Süden oder das mit besonderer Gastfreundschaft aufwartende Asien mit inspirierender Gastronomie. Wir haben den fünften Kontinent bereist, uns auf die Spuren des Work & Travel begeben und sind auf dem Dschungelpfad der Exoten durch die Städte gewandert, die in der Barkultur noch als Geheimtipps gelten.

Doch nun ist es Zeit, sich einmal zu fragen: Wie ergeht es ausländischen Bartendern in Deutschland? Was vermissen sie hierzulande und warum sind sie gekommen, um zu bleiben? Drei dieser Bartender mit ganz persönlichen Geschichten stellen wir Ihnen im letzten Teil unserer Reihe vor, wenn es heißt: Traveling Bartender – auf nach Deutschland!

Credits

Foto: Foto via Shutterstock.

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