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Der Competition-Olymp. Wie komme ich dort hin?

Cocktailwettbewerbe sind so eine Sache. Richtig angepackt und vor allem wohldosiert, können sie den Bartender und seine Bar zu einiger Bekanntheit führen. Allerdings passieren immer wieder erstaunliche Fehler, sowohl in der Vorbereitung als auch während des Wettbewerbes selbst. 


Ambitionierte Bartender sind manchmal ungeschickt, teilweise sogar bösartig, wenn sie versuchen, sich und ihre Fertigkeiten zu steigern und auf Wettbewerben zu demonstrieren. Ein weiteres großes Manko sind Eindimensionalität und ein Mangel an „Hospitality“. Diese Schwächen sind ein Spiegel allgemeiner Unfertigkeiten, die sich dann auch im Tagesgeschäft offenbaren. Es fehlt an einem 360-Grad-Blick, mentaler Robustheit und Horizont, dafür regieren Starallüren und Tunnelblick. Gerade auf Wettbewerben kann man viel lernen — wenn man mit der entsprechenden geistigen Haltung daran teilnimmt! Mit anderen Worten: Zu viel Ehrgeiz essen Seele auf.

Die Regeln beherrschen

Oft fängt es schon vor dem eigentlichen Wettbewerb an. Was denken sich manche Bartender, wen sie da in der Jury vor sich haben, wer den Wettbewerb veranstaltet und mit welcher Intention das geschieht? Da werden schon im Vorfeld im freien Blindflug Rezepte geändert oder an den Regeln vorbei Interpretationen angefertigt. Das Ganze garniert mit endlosen Mails an die Jury oder den Veranstalter bezüglich ominöser Sonderwünsche.

Das verhilft sicherlich nicht zu Sympathie-Bonuspunkten. Es ist eigentlich nicht so schwer zu begreifen, dass während einer Competition die Jury wie ein Gast zu betrachten ist. Es ist die nachempfundene Alltagssituation in der Bar. Es wird ein Manhattan bestellt und der Gast erhält darauf keinen Martini – jedenfalls nicht ungefragt. Die Vorgaben für Rezepturen enthalten meist genügend Interpretationsspielraum in sich.

Dabei sein ist der Sieg

Ebenso weniger gefragt ist übertriebener Ehrgeiz. „Wettbewerbe sind nicht unbedingt der goldene Weg, um sich eine Karriere aufzubauen. Der Ruhm einer guten Platzierung ist vergänglich. Wichtiger ist es, irgendwann einmal in einem renommierten Haus zu arbeiten“, gibt sich Gabriel Daun, Barmanager (Gekkos, Frankfurt) und häufiger Juror bei Wettbewerben, überzeugt. Wettbewerbe sind für ihn vor allen Dingen „Schule“. Man beobachtet andere Bartender, tauscht sich aus: „dabei sein ist alles, Demut ist der Sieg“, sagt Klaus St. Rainer (Goldene Bar, München).

Diese Haltung bewahrt einen dann auch davor etwa das Set-up und die Bartools des Mitkonkurrenten zu sabotieren oder seine Missgunst anderweitig auszudrücken. Es ist ein normaler Wettstreit, in dem nicht immer der Beste, aber der Tagesbeste die Nase vorn hat. „Ich will das Gesamtpaket sehen. Wer beherrscht den Raum, balanciert seinen Drink am besten aus, ist Charmant und hat eine gute Ansprache. Das ist nicht leicht, das macht die Komplexität von Wettbewerben aus“, so Gabriel Daun. Klaus St. Rainer betont außerdem, dass es neben der handwerklichen Versiertheit auch und sogar immer mehr auf die Persönlichkeit ankommt: „Typen werden gesucht“. Weiterhin betont auch er, wie wichtig eine gute Vorbereitung ist, Regelsicherheit und so einfache Dinge, wie ein gutes Timing. „Die alten Hasen legen sich ihr Smartphone als Zeitnehmer zurecht, da scheitern ja viele bereits“, wundert sich Rainer.

Mit intelligenten Lösungen in die Champions League

Auch mangelnde Hygiene oder unsauberes Arbeiten sind immer wieder ein Ärgernis für die Juroren. Der Arbeitsplatz ist eine einzige Pfütze, der Präsentierende versinkt nach drei einleitenden Sätzen in langatmiges Schweigen und verliert jeden Blickkontakt zur Jury. Die Nervosität ist sicherlich immer groß bei Competitions, aber viele Nachlässigkeiten und Fehler lassen sich mit einer guten Vorbereitung und Sicherheit im Regelwerk ausschließen.

Klaus St. Rainer moniert noch einen anderen Aspekt.“Ein Cocktailwettbewerb ist kein Fasching. Wer im Bademantel oder als Frau/Mann verkleidet ankommt, der hat irgendwas nicht verstanden.“ Auf die einfachen und intelligenten Lösungen komme es an, schließlich wünschen sich die meisten Veranstalter, dass man mit den Kreationen des Wettbewerbs international arbeiten kann.

Aber es gibt auch viele positive Entwicklungen. Junge Bartender, die noch vor wenigen Monaten eher schüchtern und defensiv aufgetreten sind, beherrschen nun das Spiel mit Jury und Materie auf Wettbewerben, sind zu souveränen Persönlichkeiten herangereift und präsentieren auch in der Barsprache Englisch auf hohem Niveau. Sie haben durchdachte und optimierte Drinks dabei, die nachvollziehbar und dennoch sensorisch hochkomplex sind. Von dort aus ist es dann kein ganz so weiter Weg mehr hin in die Champions League der großen internationalen Competitions. Um mit Gabriel Daun zu schließen: „Dazu muss man alle Aspekte berücksichtigen, sich umfassend bilden – und Spaß haben.“

Credits

Foto: Sumo-Kämpfer via Shutterstock

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