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Mit der Belétage Bar zieht in Traunkirchen eine hochwertige Hotelbar ein

Mit der Belétage Bar zieht in Traunkirchen eine hochwertige Hotelbar ein

In Metropolen gehört zu Spitzenhotels längst auch eine satisfaktionsfähige Bar. Aber am beschaulichen Traunsee in Österreich? Der Eigentümer des Hotels Post am See denkt seit jeher ehrgeizig. Und hat mit Barchef Marcus Volsa einen ungewöhnlichen Partner für seine Belétage Bar gefunden. Der tritt dort seine erste Station als Barchef an.

Die Belétage setzt ihre eigenen Akzente, das bekamen selbst ernannte Ezzes-Geber schon mit. Denn sofort nachdem das neue Angebot im Hotel Post am See präsentiert wurde, mokierte man sich über den falsch gesetzten accent aigu. Schreibt man das „schöne Stockwerk“ zusammen, dann ist er fehl am Platz. Doch das ist Wolfgang Gröller egal, der mit dieser Akzentsetzung um 16 Millionen Euro auch auf die „Belle Époque“ anspielen wollte. Denn eigentlich ist die Bar am Traunsee ein Salon. Und genau wie in der besten Zeit der Sommerfrische im Salzkammergut soll man an Marcus Volsas Tresen parlieren, lachen und Champagner genießen.

Barchef Marcus Volsa möchte mit dem Belétage eine lange Reise antreten
Der Drink „Schmetterlinge“ beruht auf einem Werk des Malers Fujishima Takeji und übersetzt die Farbpalette in Noten von Mezcal und Ponzu-Sauce
Der Drink „Schmetterlinge“ beruht auf einem Werk des Malers Fujishima Takeji und übersetzt die Farbpalette in Noten von Mezcal und Ponzu-Sauce

Exzellenz-Streben auch in der Bar

Die Bar ist Teil eines Ausbaus des Hauses, das im Kern eine 700 Jahre alte Post-Station darstellt. Womit sich zwischen Altbestand und Neubau (mit 21 Zimmern) ein ganzes Stockwerk für Foodies ausging. „Wir wollen eine Ganzjahres-Destination für Genießer werden“, gibt Wolfgang Gröller die Linie vor. Bei vielen anderen gälte das schon als größenwahnsinniges Ansinnen. Doch mit der Gröller Hospitality Group, dem Platzhirsch von Traunkirchen, hat er die letzten 16 Jahre konsequent am Image der Hotels gearbeitet. Das galt vor allem für die Küche: An Lukas Nagl kommt heute niemand vorbei, der sich seriös mit Österreichs Spitzenküche – vor allem der Neigungsgruppe Fisch – beschäftigen will.

Das Bootshaus ist Inspirationsquelle für nachhaltige Verarbeitung von See-Fischen, wobei der moralische Holzhammer im „Küchenkastl“ bleibt. Gerichte wie die Weißwurst vom Karpfen zaubern sogar ein Lächeln. Und sie sorgten dafür, dass Oberösterreichs bester Koch gemäß aller Austro-Guides heute abseits der Städte kocht. Diesen selbst kreierten Esprit pflegt auch Max Deukers Küche in der Belétage. Doch Deuker, der die lokale Brachse zu einer spacigen „Backfisch“-Variante formt, ist Nagl-Schüler. Da erwartet man das. Marcus Volsa als Herr des flüssigen Entertainments hingegen ist ein „homo novus“. So hätten seine Tübinger Rhetorik-Professoren wohl in Anlehnung an Marcus Tullius Cicero formuliert. Simpler gesagt: Es ist seine erste Stelle als Bar-Chef.

Jeder Coaster in der Belétage Bar bezieht sich auf ein Gemälde und somit auf ein Getränk

Belétage

Ortsplatz 5
4801 Traunkirchen Österreich

Rhetorik-Student am Rührglas

Dabei ist Volsa kein Newcomer, sondern näherte sich der Barwelt schon als Jugendlicher über Sensorik-Schulungen an der Seite seines Vaters an. Berufsausbildung war damals noch die Tischler-Lehre, der aber eine scharfe Kehre zum nächsten Karriereziel folgte. Das „Campaigning Bureau“ von Philipp Maderthaner kennen Österreichs Polit-Beobachter vor allem wegen seiner Unterstützung in den Wahlkämpfen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Hier verdiente sich auch Volsa seine Sporen in der Politberatung, ehe er bei Semih Aybar im Wiener Speakeasy +43 anheuerte. Spannende Conclusio: „Vom Gast bekommt man direktes Feedback“ – so ganz anders als von Ministern und ihren Stäben.

Zu sagen gibt es auch genug zur Premieren-Karte am Traunsee, denn sie verlässt sich nicht auf bekannte Edelspirituosen. Dafür findet man etwa raren Melonen-Likör aus Frankreich, der besonders stimmig wirkt, wenn die Spätnachmittagssonne durch die Fenster lugt und Pflanzen-Schatten wirft wie in einem Patio in St. Raphael. Ein hellfruchtiger Auftakt, mit dem sich gut die Zeit zwischen Strandbesuch und Abendessen verdämmern lässt! Das Wetter hat die Belétage-Crew nicht bestellt, doch es passt perfekt zum Stimmungsimpressionismus, der als Kartenthema zur Eröffnung auserkoren wurde.

Trink Deinen Van Gogh aus!

Volsa setzt dabei auf einen Spannungseffekt, den Rhetorik-Guru Quintilian vielleicht „Personifikation“ genannt hätte. Ein frittiertes Nori-Blatt etwa stimmt geschmacklich darauf ein, dass mit der „Mandelblüte“ nun reichlich Umami-Geschmack die Zunge netzen wird. Zu jedem Signature Cocktail gibt es einen Coaster, der ein impressionistisches Gemälde zeigt. „Hier sieht der Gast dann das konkrete Gemälde, das den Cocktail inspirierte“, hat man auf die Abbildung in der Karte verzichtet. Die Überraschung für den Gast gehört zum Servieren dazu.

So erweist sich etwa der Prinzessin Bibesco als keineswegs so spielerisch wie der Name – die Mischung aus Traunstein Gin, Williamsbirnen-Brand, Fernet Hunter und Rosé-Schaumwein hat es in sich. Überhaupt pflegt man ähnlich wie in der Küche lokale Zutaten, selbst Filler aus Oberösterreich gibt es zur Wahl. Doch zurück in Volsas Galerie! Maler wie Fujishima Takeji muss man erst googlen, aber der Drink zu seinen „Schmetterlingen“ übersetzt die Farbpalette in ebenso explosive Noten von Mezcal und Ponzu-Sauce. Genauso lässt sich freilich auch Van Gogh (die erwähnte „Mandelblüte“) oder Manet („Bei der Hutmacherin“) ertrinken. Damit ist in der jüngsten Bar Oberösterreichs auch ein altes Konzept zurück: die einem Thema folgende Cocktailkarte. Und das soll so bleiben. Für die Wintersaison wird schon an einem Menü gebastelt, „das sich der Region widmet“.

Kräutersammler sind bereits im Salzkammergut unterwegs, erste Mazerate stehen in der Küche parat. Die hat Marcus Volsa im ehemaligen Kloster eingerichtet, in dem er auch wohnt. Als flüssige Sneak Preview mixt er schon seinen SteinpilzManhattan, den es dann im Winter in Traunkirchen geben wird. Aber auch sein Bywater-Twist mit selbst angesetztem Thymian-Honig-Likör anstelle des Falernum überzeugt.

Mit Strukturiertheit und Tiefgang überrascht der 29-Jährige auch im Gespräch. Seine persönliche Typologie von Barbesuchern etwa könnte so auch in einem Hospitality-Lehrbuch stehen: „Es gibt die Wirkungstrinker, die sich einen bestimmten Aspekt vom Getränk erwarten.“ Durstlöschen, Entspannen, aber auch Berauschung etwa. „Dann sind da noch die Statustrinker, die gerne zeigen, was sie sich zum Konsum leisten.“ Beide stellen nicht sein Ideal eines Gasts dar.

In der Belétage in Traunkirchen geht es nicht nur im Glas farbenfroh zu
In der Belétage in Traunkirchen geht es nicht nur im Glas farbenfroh zu

Traunseer Trink-Typologien

Das wäre der „ästhetische Genießer“, laut Volsas Definition sind das z. B. „Menschen, die sich den besten Champagner bestellen, aber ihn lieber in der Wiese sitzend genießen, weil das schöner ist“. Für diesen raren Menschschlag stellt die Zusatzebene der künstlerischen Inspirationen, Namen und Coaster einen zusätzlichen Reiz zum Cocktail dar, so die Überlegung. Schon nach wenigen Sätzen mit dem intellektuellen Mixer, der das aber nicht vor sich herträgt wie eine Auszeichnung, fühlt man sich wohl. Und man kann es Hotelier Gröller ruhig sagen: Sein Mut hat sich gelohnt.

Er wollte keinen Bartender aus einem anderen Hotel abwerben, der im Kopf ständig Vergleiche zieht – „und dann vielleicht bald wieder weg ist“ –, antwortet der Traunseer Visionär. Viel lieber sollte jemand wie einst Lukas Nagl gemeinsam die Vision mitentwickeln. Die Vorsicht war durchaus berechtigt, denn einer von Volsas Stellvertreter sprang schon nach wenigen Wochen ab. Im Wesentlichen zu zweit bewältigt man das Mixen und die Laufwege. Sie sind lang, weil die komplette Cocktail-Karte auch am „Chef’s Table“ zwei Räume weiter gereicht wird.

Mit Blick auf die Küche, die unter anderem ein Holzkohlegrill schmückt (u.a. für Flusskrebse und Steaks), bekommt man einen Vorgeschmack auf die elaborierte Mixkunst des 29-Jährigen. Auch das ist clever. Denn so interessieren sich auch jene, die eine explizite Bar in der Post am See meiden, für die Impressionen, die Volsa flüssig nachmalt.

Credits

Foto: Roland Graf

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