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jabberwocky cocktail

Die Faszination der dunklen Seite: Der Jabberwocky

Die Berliner Fairytale Bar trägt ihren Namen nicht grundlos: Hier werden Cocktails nach Märchenfiguren benannt. Und da das so ist, darf natürlich Lewis Carroll nicht fehlen. Seine Drachenfigur Jabberwocky findet hier als eine gekonnte Mischung aus Rum, Pflaumenbrand und Birnenlikör Eingang ins Cocktail-Wunderland.

Eine kitschige Stimme sagt, Cocktails seien die Märchen der modernen Zeit. Weit hergeholt ist das nicht, lässt einen so mancher Drink doch in eine andere Welt entfliehen, oder steht so manche Kreation metaphorisch für wesentlich mehr, als mit bloßem Auge an der Rezeptur festzumachen ist.

Spieglein, Spieglein …

Märchen weisen eben viele Parallelen zu Cocktails auf. Sie sind ähnlich wie ein guter Drink thematisch breit gefächert und haben nicht immer zwingend ein Happy End. Nein, mal Spaß beiseite: Mag die Geschichte rund um die Erzählung meist herrlich unreif und plump erscheinen, so offenbart sich zumeist mit finalem Ausgang die eigentliche Moral dahinter. Auch bei einem Drink mögen die Zutaten anfangs nicht immer einleuchten, im Abgang jedoch vereinen sie sich meist, harmonieren und geben das stimmige Ganze ab, das die charakteristische DNA des Cocktails ausmacht.

Und so ist eine Kombination aus Ron Zacapa 23, Pflaumenbrand und Birnenlikör zunächst ebenfalls eine, der man leicht skeptisch mit hochgezogenen Augenbrauen begegnen könnte. Eben weil sie so untypisch erscheint. In der im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg beheimateten Fairytale Bar wird sie jedoch wie das Selbstverständlichste gelebt und unter dem Namen Jabberwocky feilgeboten.

Living next door to Alice!

Es bedarf schon ein wenig Ironie und augenzwinkernden Humor, einen seiner Drinks nach der von Autor Lewis Carroll entworfenen Figur Jabberwocky aus Alice im Wunderland zu benennen. Der große, seine Klauen weitende Drache aus der bekannten Erzählung und Inhalt eines eigenen, mehr oder weniger sinnfreien Gedichts ist nicht gerade Sympathieträger per se in der Geschichte. „Wir haben unsere Drinks im Fairytale alle nach Figuren aus bekannten Märchen benannt. Ihnen auch gerecht zu werden und ihren unterschiedlichen Charakteren zu entsprechen, haben wir über die Auswahl an Ingredienzien versucht“, so Elena Fahr, Bartenderin im Fairytale.

So verrückt die Komposition auch zu scheinen mag, funktioniert sie doch am Ende, im Zusammenklang aller Zutaten, auf beeindruckende Art und Weise. Der edle, dunkle, aus Guatemala stammende Ron Zacapa zeichnet sich zwar vordergründig durch seine stark Karamell-verheißenden Noten und einen Anklang von Vanille aus, gerade auf Grund seines Finish in Sherry-Fässern wird die Schwere jedoch durch ein fruchtiges, Aprikosen-artiges Seitenaroma ergänzt, das ihn komplexer und deutlich breiter erscheinen lässt. Diese fruchtige Note bildet letztlich auch die Brücke hin zu der zu allererst befremdlich wirkenden Süße des Pflaumenlikörs.

Jabberwocky: Äpfel mit Birnen…

Interessanterweise stellt der Umeshu-Reminiszenzen weckende Pflaumenbrand gar das Substitut zum „schnöden“ Zuckersirup dar, indem er dem Drink nicht nur Süße, sondern gar ein erweitertes Aroma, nämlich das erweiterte Gewand der Aprikose, verleiht. Die Leichtigkeit versprühende Birne in Form des Birnenlikör rundet den Jabberwocky ab. Mit dieser heimischen Note, dem heimlichen Star im Drink, wird nicht nur der regionale Bezug unter Beweis gestellt, sondern gleichzeitig die Tatsache hervorgehoben, dass diese oftmals die Besonderheit und das Zünglein an der Waage in einem Drink sein können.

Letztlich ist der Jabberwocky ein gekonnt inszeniertes Meisterstück. Ein kleiner Verwirrungsstifter, der ähnlich wie ein Drache dunkle Seiten besitzt und gleichzeitig eine gewisse Faszination ausübt. Ein Drink, der auf Grund seiner nicht zu erahnenden Komplexität erstaunt und nunmehr beweist, dass es nicht vieler Zutaten bedarf, um etwas Bleibendes und Spannendes zu schaffen.

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker.

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