Zwischen Jazz und Jungle Birds: Die fünf besten Bars in Dortmund
Es gibt Stimmen, die sagen, der Weg in Dortmund in eine gute Bar führe über den ICE nach Berlin oder Köln. In Wahrheit muss man auch in der Ruhrpott-Metropole auf gute Drinks nicht verzichten, vorausgesetzt man weiß, wo man suchen muss. Unser Autor Manuel Bieh hat sich auf Spurensuche in seine Heimatstadt aufgemacht und ist fündig geworden.
Zuerst einmal ist vielleicht etwas historischer Kontext nötig: Die Stadt Dortmund hat eine lange und stolze Tradition in der Bierproduktion. Bis in die frühen 1980er Jahre war man hier, gemessen am Bieraustoß nach Hektolitern, die unangefochtene Nummer 1 in Europa, angetrieben von den vielen Kohle- und Stahl-Arbeitern in der Stadt, die gern ihr abendliches Feierabendbier trinken. Bis heute trinkt man hier nach Feierabend gern ein ehrliches Pils oder traditionsbewusst: Export, die untergärige Dortmunder Brauart. Auch wenn die Arbeiter immer mehr aus der Stadtlandschaft verschwinden und sich vermehrt Versicherungen und IT-Unternehmen ansiedeln, ist das Feierabendbier hier so fest in der Kultur verankert wie vielleicht kaum irgendwo.
Eine echte Cocktail-Kultur ist hier in all der Zeit so nie entstanden. Und hier beißt sich die Katze sozusagen in den Schwanz: Wie soll eine Cocktailkultur entstehen können, wo es kaum Bars gibt, und wer eröffnet schon gern eine hochklassige Bar in einer Stadt, in der das Verständnis für qualitativ hochwertige Cocktails einfach noch nicht so weit ist, wie anderswo? Glücklicherweise ist das nur die halbe Wahrheit, denn einige gute Adressen hat Dortmund, wo sich Bartender:innen Gedanken um die richtige Balance machen, sich mit modernen Bar-Techniken beschäftigen oder eigene Signatures für die saisonal wechselnde Karte entwickeln.
Sachte
Sachte: Restaurant mit Faible für gute Drink
Eigentlich ist das Sachte ein Restaurant, aber durch die große Leidenschaft von Betreiber Adrian Busch zu Cocktails werden die Gäste hier auch dazu angeregt, einen der in Perfektion und Präzision ausgeführten Drinks zu bestellen. Auf der Karte finden sich überwiegend bewährte Klassiker mit Anspruch, wie ein Vieux Carré, Sazerac oder Martinez. Diese werden zu modernen Gerichten wie Kabeljau auf Thymianschaum oder Salbeignocchi auf weißem Tomatenschaum mit confierten Kirschtomaten gereicht. In einer Ecke an der Bar blieb bei der Einrichtung des Restaurants ein kleiner Bereich frei, bei dem sich die Frage stellte: Lagerfläche oder Gästeplätze? Die Entscheidung fiel schließlich auf eine Bank mit vier zusätzlichen Plätzen, die gern an Gäste vergeben werden, die nur kleinen Hunger haben oder auch mal nur zum Trinken reinschauen möchten. Dass das hier möglich ist, beweist Adrian Busch eindrucksvoll. Die Drinks sind perfekt umgesetzt und erwecken nicht den Eindruck, dass das Sachte eigentlich gar keine Bar ist. Gern würde man diese noch etwas erweitern, was sich jedoch wegen des begrenzten Platzangebots nicht so leicht realisieren lässt. „Wir sind stark daran interessiert, mittel- bis langfristig eine reine Cocktailbar zu eröffnen, mit dem Ziel, den Gästen anspruchsvolle und zeitgenössische Drinks anzubieten”, so Busch. Einen konkreten Zeitplan gibt es dafür aber noch nicht. Wer anspruchsvolle Drinks mag, sollte das Sachte und das, was von dort in Zukunft noch kommen mag, aber genau im Auge behalten.
Vida: Liquid Kitchen auf Fine Dining Niveau
„Hier kommen nicht allzu häufig Gäste nur zum Trinken an die Bar, was ich persönlich schade finde“, erklärt Barchef Fabio Rizzo auf die Frage, ob das Vida eine Bar sein möchte, oder ob der Barbereich im Restaurant lediglich dazu dient, für eine Getränkebegleitung des Fine Dining Restaurants zu sorgen. Denn bei seiner Lage recht weit außerhalb der bekannten Dortmunder Ausgehviertel, ist das Vida eher keine Location, in die zufällig Walk-in Gäste hineinstolpern.
Doch in der Tat: Mit einem eigenen abgetrennten Bereich steht die Bar durchaus für sich – und das nicht nur räumlich. Die Karte ist spannend, die Drinks mit viel Sorgfalt gemischt. Von Neoklassikern wie dem Espresso Martini (natürlich mit Parmesan Espuma) über Varianten des Negroni mit saisonalem Twist bis hin zu Tiki-Drinks, wie etwa dem Jungle Bird, werden hier auch anspruchsvolle Bargänger fündig. Wie das Menü im Restaurant, passt sich auch die „Liquid Kitchen” der Saison an und wechselt regelmäßig. Wer die knapp 15 Minuten Taxifahrt aus Dortmunds Stadtmitte nicht scheut, sollte sich die Bar mal anschauen. Belohnt wird die Fahrt mit guten Drinks und Bar-Food auf Fine Dining Niveau.
Vida
Balke Bar
Balke, das Urgestein
Fußballer, Models, Zivilisten. Vermutlich selten gab es ein passenderes Motto, das eine Bar für sich selbst ausgegeben hat, wie beim Balke. Begann man hier vor rund 15 Jahren noch als Kneipe mit BVB-Übertragungen, entwickelte sich der Fokus in den letzten Jahren immer weiter in Richtung Cocktailbar, und so trifft hier nun ein völlig gemischtes Publikum aufeinander. Fußball wird hier längst nicht mehr übertragen, dafür hat eine anspruchsvolle Cocktail-Karte den Weg in die Bar gefunden. Diese ist umfangreich, aber nicht so sehr, dass man sich darin verliert. Viele Zutaten werden selbst hergestellt und auch eine wechselnde Monatskarte, die stets zu einem anderen Thema gestaltet wird, gibt es. Im Themen-Monat „Tiki“ wird die Bar auch schon mal liebevoll mit Blumenkränzen geschmückt. Die Atmosphäre ist dementsprechend entspannt und locker, oder einfach ausgedrückt: authentisch. An Wochenenden kann es bei fortschreitender Uhrzeit schon mal etwas lauter werden, dann sorgt ein DJ für Musik und gute Stimmung.
Domicil: Jazzclub mit anspruchsvoller Bar
Die Geschichte des überregional bekannten Domicil reicht bis in die späten 1960er Jahre zurück, als es seine Türen als Jazzclub öffnete, in dem sich im Laufe der Jahre immer wieder internationale Größen wie Betty Carter oder Dexter Gordon die Ehre gaben. Auch heute finden immer noch Live-Konzerte im Konzertsaal im Obergeschoss des mittlerweile seit 2005 an neuer Location beheimateten Domicils statt. Lange war die Bar im Erdgeschoss vor allem dazu gedacht, durstige Konzertbesucher mit Getränken zu versorgen. 2022 stieg Olga Lobert zur Betriebsleiterin auf und überarbeitete Bar und Konzept, um es, wie sie sagt, „ins Hier und Jetzt zu holen, ohne dass dabei das schöne Flair des ehemaligen Kinos verloren geht“. Um die Bar aufs nächste Level zu bringen, arbeitete man mit einem Designstudio zusammen und zog die Expertise eines erfahrenen Bartenders heran, um die Karte zu überarbeiten. Im Zuge dieser Veränderung wurden auch neue Bartender eingestellt, die das überarbeitete Konzept auf angemessenem Niveau umsetzen. Die Bar emanzipiert sich von ihrer Funktion als Ergänzung zum Jazzclub. Heute lädt sie auch Gäste zum Verweilen bei einem guten Drink in gemütlicher Atmosphäre an, die keinen Konzertbesuch planen.
Domicil
Schwarzgold
Schwarzgold: Ausblick auf einen Stern
Das Schwarzgold ist ein kleiner Ausblick auf einen möglicherweise kommenen Stern, denn in Zukunft könnte es sich lohnen, die Augen auf den beschaulichen und eher unspektakulären Stadtteil Huckarde zu richten. Auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei Hansa investieren aktuell Bund, Land und Kommune im Zuge Internationalen Gartenausstellung 2027, um das verwahrloste Gelände attraktiv für Besucher zu machen. Den Beginn machte bereits das Restaurant SchwarzGold. Hier haben sich der Sternekoch und Küchenchef Pierre Beckerling und Barchef Roland Kulik zusammengetan und bringen Fine Dining mit regionalem Bezug auf die Teller. Nicht fehlen darf natürlich eine Bar, die dem würdig ist.
Kulik, der in der Dortmunder Gastro-Szene kein Unbekannter ist und zuvor die Bar im Vida leitete, wird hier für die Bar verantwortlich sein. Öffnen soll diese offiziell im September. Bei einem Vorab-Besuch überzeugte die offen gestaltete Bar, die tagsüber als Tagescafé betrieben wird und am Abend in den Barbetrieb übergehen soll, bereits durch ihre beeindruckende Raumgestaltung. Geplant sind Abende mit Live-Musik, Cocktails, die von der Finesse der Küche inspiriert sind und Barfood auf einem entsprechend hohen Niveau.
Credits
Foto: Domicil (Aufmacher); Sachte, Vida, Balke; Sascha Perrone (Schwarzgold)
Felix
Im Schlips gibt es zwar nur Bier, Schnaps und Gin Tonic aber ich würde ihn auch unter die besten Bars von Dortmund zählen! Ist gar nicht weit vom Domicil aber nur Di und Sa geöffnet.