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Trinken in der ewigen Stadt: Sieben Bars in Rom

Die italienische Hauptstadt Rom hat eine vitale Barlandschaft zu bieten. Beeindruckend dabei ist auch die Vielfalt der Konzepte. MIXOLOGY Online war auf Tour durch die ewige Stadt und hat bekannte Größen wie Drink Kong oder Jerry Thomas Project besucht, aber auch unbekanntere Orte aufgesucht.

Städte mit sehr viel Vergangenheit tun sich oft schwer mit dem Konzept Gegenwart, vom Konstrukt Zukunft ganz zu schweigen, und es gibt wenige Städte mit mehr Vergangenheit als Rom. Auch wenn die Vergangenheit so pittoresk (und einträglich) ist wie in Rom, kann sie einem doch auch im Weg rumstehen, und das nicht nur, wenn man versucht, endlich mal die U-Bahn zu erweitern.

Dennoch bringt die Stadt einen sehr eigenen Menschenschlag mit einer besonderen Resilienz hervor, der sich offensichtlich schwer tut, Hindernisse überhaupt als solche wahrzunehmen. Katastrophen? Seuchen? Hold my Cocktail … Und das geht am besten in diesen sieben ausgesuchten Bars der Stadt.

7 Barempfehlungen für Rom

Drink Kong

Piazza di S. Martino Ai Monti, 8
00154 Rom

Das Drink Kong ist Zukunft. Und Gegenwart. Und Vergangenheit, wenn auch nicht die naheliegende römische Vergangenheit. Eher eine nicht weit zurückliegende japanische Arcade-Vergangenheit mit einem Touch Blade Runner und einem Schuss Yakuza. Mastermind und oberster Kong ist Patrick Pistolesi, und seine Bar ist ein Gesamtkunstwerk, in dem sämtliche Details schlüssig und nahtlos ineinandergreifen wie selten irgendwo sonst. Die Drinks sind, natürlich, makellos und ausbalanciert wie ein Katana von Hattori Hanzo; das Essen von einer Qualität, die manches Sternerestaurant hinter sich lässt. Es gibt einen japanischen Besprechungsraum mit Bildern von tätowierten Yakuza vor der Schiebetür, um zum erfolgreichen Abschluss der Geschäfte zu motivieren. Vor dem Austreten kann man dann am Automaten ein wenig Donkey Kong spielen, und Musikinstrumente gibt es auch. Das Besondere jedoch ist, dass das Drink Kong bei aller Exzellenz der Produkte und atemberaubendem Auftritt immer noch Humor ausstrahlt, immer noch gemütlich ist. Man kann seine Bartour da drin beginnen wollen und einfach sitzen bleiben. Einfach mal Fünfe grade sein lassen und Kong sein, und sei es nur für einen Abend.

Freni e Frizioni

Via del Politeama 4
00153 Rom

Freni e Frizioni ist einer jener wundervollen Orte, die Qualität liefern, obwohl sie das nicht müssten. Zentral in Trastevere gelegen, dem Ausgeh-Brennpunkt Roms, könnte man ein betriebswirtschaftliches Erfolgskonzept für die erlebnishungrige Durstjugend ohne weiteres auf Gin & Tonic und Easy Drinking aufbauen. Will man aber nicht. Man will sich überhaupt nichts vorschreiben lassen; schließlich ist das hier Trastevere, und Trastevere vs. Everybody steht auf dem Shirt von Barmanager Riccardo Rossi. Hemdsärmlig serviert man in der ehemaligen Autowerkstatt (auf Deutsch hieße die Bar „Bremsen und Kupplungen“) Drinks hoher Güte, führt den Gast mittels eines U-Bahn-Plans durch die Geschmackshaltestellen des Planeten und stellt dem Interessierten sogar ein dickes Driver’s Manual zur Verfügung, das Rezepte, Geschichten und Hintergründe im Überfluss enthält. „Punk is not dead“ steht auf Rückdeckel. Das ist schön. Und vor allem ist es beruhigend, dass man Punk sein kann und trotzdem nicht schlecht trinken muss.

La Punta

Via di Santa Cecilia 8
00153 Rom

La Punta ist eine Perle, geboren in der austernschalenharten Sturheit ihrer Betreiber. Das Mestizenkind aus einer heißen Affäre zwischen Jerry Thomas Project und Freni e Frizioni liefert das, von dem Rom, ja vielleicht gar Europa nicht einmal wusste, wie sehr es nötig war: Die Bar (die sich auch schlicht als „Agavenladen“ bezeichnet) hat eine mit 600 Flaschen weit und breit unvergleichliche Auswahl an Tequila, Mezcal, Raicilla und Sotol, die man zum großen Teil selbst aus Mexiko herüberholt. Wer jemals an der Vielfalt dieser Spirituosen zweifelte, darf an diesem Ort Demut lernen. Ach ja, die Küche ist auch noch grandios, so nebenbei. Man braucht im La Punta auch keine Werbung. Man benötigt kein Schild vor der Tür. Der Aficionado wird, wie von unsichtbarer Hand geleitet, den sanft rauchigen Tönen des Mezcal durch die Stadt folgen und dieses Kleinod finden, das ab dem ersten Besuch zum Pflichtprogramm wird. Keine römische Bartour kann vollständig sein ohne La Punta.

Jerry Thomas Project

Das Jerry Thomas Project ist ein Speakeasy, dessen Geheimnis ungefähr so gut gehütet ist wie das der Kinder von Papst Innozenz VIII. Wer Bars liebt und nach Rom kommt, will auch zu Jerry Thomas und dessen unglaublich liebevolle und kompetente, flüssige Verbeugung vor dem Altmeister der Cocktailgeschichte erleben. Man muss, wenn man denn darf, Mitglied des Clubs werden, dann kann man hinein, trinken, genießen und sogar rauchen (was Dank einer ausgezeichneten Klimatisierung kaum auffällt). Die Bar zelebriert unter dem Schrein einer Originalausgabe des Bartender’s Guide Klassiker der Cocktailgeschichte in eigener, hervorragender Interpretation; in den Sesseln lässt es sich trefflich versinken, kein Tageslicht stört den Trinkgenuss, und ein Polizeifoto des jungen Frank Sinatra erinnert uns freundlicherweise daran, dass auch die Größten unter uns nicht ohne Fehl und Tadel sind. Wenn das die Prohibition ist, dann wünscht man sie sich wieder herbei, den eines wird klar: Cocktailgenuss ist ja schon was Besonderes.

The Court

Via Labicana 125
00184 Rom

Wenn Oscar Wilde noch leben würde, könnte man ihn mit Sicherheit in The Court antreffen, der Bar des wunderschönen Palazzo Manfredi, gleich neben dem Kolosseum, mit einem außergewöhnlichen, unverbaubaren Blick auf selbiges, hinweg über die Ruinen der alten Gladiatorenschule. Vermutlich würde er einen Roman Martini mit Kamille, Absinth und Lorbeer genießen und dabei das Schicksal der muskulösen Todgeweihten zu seinen Füßen kontemplieren, sich dann einen Happen aus dem Aroma Restaurant kommen lassen und sich darüber freuen, zu jenen Charakterstarken zu gehören, die all die optische und sensorische Schönheit unbeschadet ertragen können. Bar Manager Matteo Zed, ausgewiesener Amaro-Experte, trägt mit unaufdringlicher Würde zum Funktionieren eines Ortes bei, der einen nahe an die Genussfreude alten Patriziertums führt, ohne prahlerisch zu wirken – was an diesem Ort gar nicht so einfach ist. Man betrachtet den distanzierten Trubel in den Straßen herum und kann sich schließlich doch nicht des Gefühls erwehren, dass man hier oben zum Senatus gehört. Und die da draußen sind Populusque.

Co.So

Via Braccio da Montone 80
00176 Rom

Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig Platz manche Menschen brauchen, um ein wirklich großes Angebot auf die Füße zu stellen. Das Co.So (für „Cocktails & Social“) ist so ein Miniatur-Wunderland, das mit 20 Sitzplätzen, eineinhalb Metern Theke und einer Miniküche zeigt, was alles möglich ist. Man nützt den Vorstadt-Charme des massentouristisch eher unentdeckten Stadtteils Pigneto und ruft dort einfach eine hochklassige kleine Nachbarschaftsbar ins Leben, unter dem Zeichen des Pinienzapfens, einem alten römischen Fuchtbarkeitssymbol, das dem Viertel seinen Namen gab. Wer dann nach einem herrlichen Carbonara Sour noch ein Hüngerchen verspüren sollte, der darf sich erstaunen lassen, welches Essen aus so gut wie keiner Küche kommen kann. Überhaupt sollte jeder Bartender die Eingangstüren mit ihren Griffen in Form eines japanischen Shakers mit berechtigter Vorfreude auf das Drinnen öffnen dürfen.

CH 1887

Via di Monte Testaccio 30
00153 Rom

Das da Checchino dal 1887 liegt gegenüber des alten zentralen Schlachthofs von Rom, und das Restaurant mit seiner Bar CH 1887, das stolz sein Gründungsjahr im Titel trägt, darf schon als Geschwisterchen dieses Schlachthofes gesehen werden, hat es doch in den gut 130 Jahren seines Bestehens die kulinarische Verwertung dessen zur Perfektion gebracht, was man in der Gegend als „fünftes Viertel“ bezeichnet: also jene Teile des Tiers, die so minderwertig schienen, dass man sie bei den solventen vier Vierteln der Kundschaft nicht verwerten konnte: Innereien, Bauch, Kopf, Schwanz etc. Arme-Leute-Essen also, und noch bevor die Spitzengastronomie dieses Nahrungsmittel wieder für sich entdecken konnte, wusste man, dass der kochen kann, der das kochen kann. Das Eingangstor des Schlachthofes mit der massiven Skulptur, einen geflügelten Heroen darstellend, der einen Stier niederringt, symbolisiert bereits einen Anti-Tönnies-Approach zu einem Genuss, dem man sich unbedingt hingeben sollte – umso mehr, als Simone Mina, in sechster Generation Fahnenträger der Familie, auch das Essen durch die passenden Cocktails ergänzt – und das nicht nur durch den kundigen Einsatz der guatemaltekischen Rums von Botran, deren europäischer Markenbotschafter er ist.

Offenlegung: Die Tour durch Rom erfolgte auf Einladung des Magazins Blue Blazer. Es erfolgte kein Einfluss auf den Umfang und die Art der Berichterstattung. 

Credits

Foto: Fotos via Blue Blazer; Alberto Blasetti für Drink Kong, Jerry Thomas Project & Freni e Frizioni

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