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Bier, Bars & Brauer #22

Die Zeit ist reif für Bier, Bars und Brauer! Wer wissen möchte, wie Kuehn Kunz Rosen auf die neue Brauerei anstößt, ist hier richtig.  Außerdem erklären wir, warum glanzklar gefiltertes Bier womöglich nicht dem Reinheitsgebot entspricht, wie sich Bierhefe im Weltraum entwickelt und wie man an Firmenanteile von Bier-Deluxe kommt.

Fast hätten wir es geschafft, das Reinheitsgebot und die Diskussion darum schien erkaltet. Doch die große Menge wichtiger Biermessen zum Jahresende hin und die damit verbundene Tendenz zum Aufwühlen kontroverser Themen wirft noch einmal den Spot auf das 500 Jahre alte Gebot, das 70 Prozent der Deutschen wollen, weil sie glauben, es bestimme die Zutaten ihrer Biere. Im besten Falle könnte man sagen, dass das idealisierte Gebot positiven Einfluss auf die Gesetzgebung hatte. Doch zunächst zu erfreulicheren Dingen: jungen Brauern mit neuen Ideen und Bieren.

Aufbruch“-Stimmung: Kuehn Kunz Rosen bringen Umzugsbier

Die Mainzer Craft-Brauerei Kuehn Kunz Rosen bricht die alten Nomadenzelte ab und schlägt, wie bereits in Ausgabe 16 von Bier, Bars & Brauer angekündigt, ein festes Lager auf. Im Wortsinne, denn um den Anlass gebührend zu feiern, wurde der handfeste Doppelbock „Aufbruch“ (genau – ein Lagerbierstil) eingebraut, der mit ungewöhnlich intensiver Hopfenaromatik zu Buche schlägt. Auf Craft-Neudeutsch sozusagen ein Imperial India Pale Lager, in welchem die Hopfensorten Galaxy (Australien) und Summit (USA) ihren Dienst versehen. Erstere ist eine Tochter des deutschen Hopfens Perle und bekannt für Aromen von Zitrusfrüchten und Maracuja, letztere eine Hochalphasorte, also mit großer Bitterkraft gesegnet. Verkostet werden kann das neue Gebräu auf der CraftBeerMesse Mainz, die morgen und übermorgen, also am 25. und 26. November, ihre Tore öffnet.

Zum tatsächlichen Gebrauch als umzugsbegleitendes Bier empfehlen wir das „Aufbruch“ jedoch nicht. Bei einem Alkoholgehalt von 8,5% Vol. schwebt Mutters Vitrine sonst in arger Gefahr. Preis: ca. 2,10 Euro pro Flasche (Quelle: Kuehn Kunz Rosen Online Shop)

Klärungs-Bedarf: PVPP erneut im Kreuzfeuer

Das Jubiläumsjahr des Reinheitsgebots nähert sich dem Ende. Zeit, das Feuer der Veränderung nochmals anzuheizen – dachte sich zumindest Dr. Fritz Briem, seines Zeichens langjähriger Dozent am Brau- und Getränketechnologieinstitut der TU München und Geschäftsführer der Hefebank Weihenstephan sowie beim Hopfenhändler Lupex, und drückte sich im Interview bei der FAZ deutlich aus: Bier, das bis zum Hochglanz gefiltert wird, sei streng genommen nicht reinheitsgebotsgetreu, so Briem.

Dies erklärt sich über die Rückstände des Kunstofffiltermittels PVPP (Polyvinylpyrrolidon), welches insbesondere bei Großbrauereien zum Einsatz kommt, um Trübstoffe im Bier zu binden. Anschließend wird PVPP selbst wieder herausgefiltert, und nach der Gesetzgebung – vereinfacht ausgedrückt: Was nicht (mehr) drin ist, muss nicht drauf(stehen) – darf sich ein solches Bier mit „nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut” bewerben. Briem ist mit seiner Kritik an der Lücke zwischen dem Ideal und der tatsächlichen Gesetzeslage (das Reinheitsgebot ist kein Gesetz, und regelt nicht die Zutaten, die ins Bier dürfen) nicht allein, auch andere Persönlichkeiten der Bierwelt – wie z.B. Florian Perschel von der Barth-Haas Group – äußern sich in diese Richtung: Eine völlige Entfernung eines vermahlenen Pulvers sei schlicht nicht möglich. Entfernt bis auf „technisch unvermeidliche und gesundheitlich unbedenkliche Rückstände” heißt es dann im Gesetzestext. Unter Reinheit versteht der Konsument aber sicherlich etwas anderes.

So teilt sich die Fraktion der Gegner der momentanen Gesetzeslage also in jene, die gern zusätzliche, natürliche Zutaten erlaubt hätten, ohne dass man auf das Verkaufsargument „Bier” auf dem Etikett verzichten muss, und jene, die gern die Ideale des Reinheitsgebots (also Wasser, Hefe, Malz und Hopfen) auch gesetzlich endlich wieder eingehalten sehen wollen. Womöglich findet sich eine Lösung für beide Parteien. Gerüchten zufolge könnte das Jahr nach dem Reinheitsgebotsjubiläum neue Gesetzesvorschläge bringen.

Schwerkraft-los gebraut – Space IPA aus Luzern

Am Kompetenzzentrum Aerospace Biomedical Science and Technology der Hochschule Luzern beschäftigt man sich vor allem mit der Frage, wie sich biologische Zellen unter schwerelosen Bedingungen verändern. Da hier die Ernährungsforschung in Zusammenarbeit mit der Internationalen Raumstation (ISS) zunehmend an Bedeutung gewinnt, versuchte man sich unlängst an der Züchtung von Hefezellen unter Bedingungen der simulierten Schwerelosigkeit. Ergebnis: Die Hefe macht das mit.

Zum Beweis braute die Luzerner Brauerei AG ein Bier mit der Hefe (allerdings nicht im Weltall und unter normalen Braubedingungen). Das „Space Bier” ist offenbar gut angekommen, denn auf den ersten Sud von 15 Hektolitern sollen zwei weitere folgen. Bleibt nur zu hoffen, dass das Space Beer preislich nicht ganz so außerweltlich angesiedelt ist wie 2009 das Experiment von Sapporo aus Japan. Dort hatte man aus Gerstenkörnern, die an Bord der ISS gewesen waren, künstlich Nachkommen gezüchtet und diese verbraut. Das Sixpack kostete damals 74 Euro.

Anteil-Nahme – Bier-Deluxe will 300.000 Euro über Crowdsharing

Bier-Deluxe hat sich in drei Jahren zum umsatzstärksten Online-Shop für Craft Beer und Bierspezialitäten in Deutschland gemausert. Um diesen Trend fortzusetzen und sich nun auch europäisch zu etablieren, braucht die Berliner Firma eine Finanzspritze. Diese möchte man z.T. über eine Crowdsharing-Kampagne bei Companisto eintreiben. Dazu bietet die Firma 5,66% in Anteilen zu jeweils 5,00 Euro an, die maximale Beteiligung liegt bei 7.500,00 Euro, was laut Adam Riese 0,136% Anteil an der Firma erkauft.

Wie auch beim Equity for Punks-Angebot von BrewDog fällt diese Zahlung in den Bereich der Risikoinvestitionen; die Investmentschwelle, ab der die Finanzierung durchgeführt wird, liegt bei 100.000 Euro, also einem Drittel der Zielsumme.

Credits

Foto: via Shutterstock

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