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BIER, BARS & BRAUER #33

Die deutschen Kreativbrauer organisieren sich, Stone Berlin hat einen neuen General Manager, die Freien Brauer einen neuen Präsidenten, Dancing Camel schwappt nach Deutschland und ein neues Biermagazin wirft seine Schatten voraus. Eigentlich macht ja erst der Mai alles neu, und der April was er will. Dennoch wartete dieser Monat mit vielen Umwälzungen und Neugründungen auf.

Man schreibt das Jahr 1987. Deutschland ist noch geteilt, an eine gesamteuropäische Währung ist noch nicht zu denken, und selbst das vorläufige Biersteuergesetz von 1993, dessen Einhaltung es Brauereien bis heute erlaubt “gebraut nach dem deutschen Reinheitsgebot” auf ihre Etiketten zu schreiben, ist noch Zukunftsmusik. In diesem Jahr urteilte der Europäische Gerichtshof im Fall 178/84, dass es EU-Recht widersprechen würde, dass in anderen Ländern und mit anderen Zutaten gebrautes Bier in Deutschland nicht als Bier verkauft werden dürfe. Seitdem darf auch belgisches Kirschbier hierzulande so ausgezeichnet und besteuert werden.
Schnellvorlauftaste ins Jahr 2017, drei Dekaden später: Noch immer kann ein in Deutschland mit natürlichen Zutaten gebrautes Bier nur per Sondergenehmigung als Bier deklariert werden, so diese natürlichen Zutaten nicht durch jenes (später erlassene) Biersteuergesetz erlaubt sind. Außer man braut in Bayern, dann hilft nur brautechnisches Auswandern oder der beherzte Schritt an den Gulli, wie bei Camba Bavaria zweimal geschehen.

Um es mal provokant zu formulieren: Die Zielstellung des neu gegründeten Kreativbrauerverbandes ist es lediglich, geltendes EU-Recht gegen deutsches Konservendenken durchzusetzen …

Craft-Brauer, vereinigt euch! Deutsche Kreativbrauer e.V. aus der Taufe gehoben

Gemunkelt wurde in der Szene ja schon lange, dass es neben den Vertriebsgemeinschaften und Kollaborationen endlich auch einen Verband geben sollte, der die deutschen Crafties, die sich ganz bewusst nicht so bezeichnen, unter einen Hut bringen und ihre Interessen nach Außen vertreten soll.
Nun ist es soweit: Mit dem Slogan “Natürlich geht mehr” und einem Bundesadler mit hopfig-muskulösem Brustkorb als Ikone gehen die Kreativbrauer an den Start. Die nicht allzu lange Liste der Gründungsmitglieder liest sich dennoch wie die Gründungsurkunde der deutschen Craft-Bewegung selbst:

Andreas Seufert – Pax Bräu, Oberelsbach
Oliver Wesseloh – Kehrwieder Kreativbrauerei, Hamburg
Thomas Wachno – Hopfenstopfer, Bad Rappenau
Christian Hans Müller – Hanscraft & Co., Aschaffenburg
Kolja Gigla – Mashsee Brauerei, Hannover
Johannes Heidenpeter – Heidenpeters, Berlin
Simon Siemsglüss – Buddelship Brauerei, Hamburg
Fritz Wülfing – Ale-Mania Craftbeer, Bonn
Thorsten Schoppe – Schoppe Bräu, Berlin
Maximilian Krieger – Riedenburger Brauhaus, Riedenburg

Ein paar Namen fehlen da sicherlich noch, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Erklärtes Ziel des Vereins ist es, mit dem Natürlichkeitsgebot einen Gegenentwurf zu dem zum Marketingbegriff verkommenen Reinheitsgebot zu bieten, sprich: Wenn Zutaten hochwertig, natürlich und für den Konsumenten unbedenklich sind, dürfen sie auch ins Bier. Sicherlich nicht ganz zufällig wählte man für den ersten Gemeinschaftssud der Mitglieder das doch eher abgelegene Oberelsbach: Weit ab vom Schuss, aber mitten drin in Reinheitsgebot Country.

Den ganzen Artikel zur Gründung gibt es hier zu lesen.

Neuer Vize bei Stone Berlin – Marcus Thieme wird General Manager und Vizepräsident

Einen Namen hat sich der Berliner mit Diplom in Business Economics von der Business School Lippstadt durch seine Arbeit für Jägermeister gemacht. Ganze 16 Jahre lang entwickelte Thieme in Europa, Afrika und den USA die Marke des Wolfenbütteler Kräuterlikörs. Nun zieht es ihn zurück nach Berlin, in die Mariendorfer Craft Beer-Schmiede des ursprünglich aus San Diego stammenden Unternehmens Stone Brewing.
Über mangelnde Beschäftigung wird er sich als GM nicht zu beklagen brauchen: Nicht nur wagte Stone im letzten Jahr den für eine deutsche Craft-Brauerei noch immer schwierigen Schritt in die Supermärkte (und das mit den in Deutschland verpönten Dosen), man möchte sich zudem auf dem europäischen Markt etablieren, bevor dieser im Craft-Segment ähnlich umkämpft ist wie in den USA. Unlängst angelte man sich auch noch das Deutsch-Amerikanische Volksfest, welches vom 21. Juli bis 13. August auf dem Gelände zwischen Lankwitzer Straße und Ringstraße stattfinden wird.

Thieme untersteht bei seinen Tätigkeiten direkt CEO Dominic Engels und Mitbegründer & Executive Chairman Greg Koch, der weiterhin stark in den Aufbau der neuen Brauereien in Berlin und Richmond, Virginia, involviert sein wird.

Das Kamel tanzen lassen – Dancing Camel Deutschland?

The Dancing Camel war anno 2005 die erste Craft-Brauerei Israels und ist weiterhin die einzige Brauerei, die im Stadtkern von Tel Aviv braut. Gegründet vom New Yorker Auswanderer David Cohen, versuchte dieser von Anfang an, lokale Gebräuche und Genüsse aufzugreifen, und braut so z.B. uralte Rezepte mit Dattelhonig nach oder setzt seinen Gebräuen Nana-Minze zu – in der Hitze Israels sicherlich ein erfrischend kühler Segen. Mit einem 12-Hektoliter-Sudhaus und voraussichtlich knappen 1.500 Hektoliter Jahresausstoß ist Dancing Camel dabei auch in der israelischen Szene eine kleine Brauerei.
Doch seit ein paar Jahren sieht man Cohen immer häufiger in Berlin sein Unwesen treiben. Bei einem Bierfest auf dem Gelände der Bierfabrik Berlin vor mehreren Jahren verkündete er bereits seine Begeisterung für die lokale Szene: “Es ist aufregend, diese Entwicklung hin zum Craft Beer ein drittes Mal zu erleben. Erst USA, dann Israel, jetzt hier.” Vor Kurzem kam dann die Facebook Seite Dancing Camel Deutschland. Cohen bestätigt, dass er Pläne für Deutschland habe, vorerst in Form von speziell für den hiesigen Markt gebrauten Bieren (produziert bei den Freunden der o.g. Bierfabrik Berlin) und Kollaborationen.

Spekulationen rund um Brewpub oder Brauerei verweist er allerdings noch ins Reich der Wunschträume: “Ich kann nicht leugnen, dass ich mit dem Gedanken spiele. Momentan ist das allerdings noch nach der Formel: Wäre es nicht cool, wenn…”

Freunde des israelischen Craft Beers können sich also auf jeden Fall über eine breitere Verfügbarkeit der Dancing Camel-Biere freuen.

Axel Stauder folgt Georg Schneider als Präsident der Freien Brauer

Und nochmal Präsidenten, Vizepräsidenten und Brauerbünde: Mit Axel Stauder tritt der logische Kandidat die Nachfolge von Georg Schneider bei den Freien Brauern an. Da der geschäftsführende Gesellschafter von Schneider Weisse mittlerweile Präsident des Bayerischen Brauerbundes ist, übernimmt der bisherige Vize Stauder nun bei den Freien Brauern. Er lobte die Arbeit seines Vorgängers, insbesondere dessen diplomatisches Geschick. Dieses wird Schneider beim konservativsten aller Brauerbünde sicherlich benötigen.
Die Freien Brauer hingegen verstehen sich als Bedarfs- und Wertegemeinschaft. Der Verband setzt sich zusammen aus 40 mittelständischen Brauereien, nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Österreich, den Niederlanden und Luxemburg.

Die Mitglieder verpflichten sich z.B. zur Nichtverwendung genmanipulierter Rohstoffe. Brauzutaten gemeinschaftlich einzukaufen sowie logistische Herausforderungen zu meistern, sind zwei der Hauptfunktionen des Verbandes. Genau diese Bereiche sind es auch, die Stauder in Zukunft ausbauen möchte. Daneben bieten die Freien Brauer auch Weiterbildungen an und unterstützen die Mitglieder in Versicherungsfragen.

Zu guter Letzt nun noch eine Ankündigung in eigener Sache, denn…

Niemand hat die Absicht, ein Biermagazin herauszubringen…

…aber wenn es dann doch geschieht, beschwert sich diesmal zumindest nicht die halbe Welt, oder?
Bier, Bars & Brauer versorgt wissensdurstige Leser nun seit zwei Jahren mit News aus der Bierbranche. Zeit für einen Schritt nach vorn! Trotz einiger Bemühungen in diese Richtung, sind wir noch immer der Meinung, dass Deutschland im Bereich Bierjournalismus recht unbedarft ist. Großen Medienplattformen fehlt meist die Fachkompetenz, auf kleineren wird zu oft entweder nur gefeiert oder nur verteufelt.
Bier, Bars & Brauer auf physische Beine zu stellen und uns selbst den Platz zu geben, die Art von Bierjournalismus zu machen, die wir selbst gern sehen würden, ist unser erklärtes Ziel.

Auf jeden Fall stehen uns ein paar aufregende Wochen und Monate bevor, um dieses Projekt aus der Taufe zu heben. Neugierige vernetzen sich schon jetzt via Social Media mit Bier, Bars & Brauer, um auf dem neuesten Stand zu bleiben!

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker.

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