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BIER, BARS & BRAUER #17

Altbekannt und brandneu trifft sich diesmal bei Bier, Bars und Brauer: Holsten bringt ein neues Bier mit Craft-Image, Fossil Fuels Brewing hingegen möchte mit seinem Bier die Jahrtausende überspannen. Dazu unangenehme Enthüllungen für Rheinländer Bierfanatiker und Angestellte von SAB Miller.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten – nur dass wir es ständig tun. Der in Deutschland vielleicht bekannteste Bierstreit ist der zwischen Kölsch und Alt. Während der Rest der Republik oftmals den Kopf schüttelt und (nicht minder ignorant) das Gedächtnis nach möglichst geschmacklosen Witzen über das geschmacklose Lieblingsgetränk der Kölner durchforstet, befehden sich die Rheinstädte unbeirrt auf halbernste Weise. Nimmt uns nun eine Studie den Spaß am Streit um den Geschmack? Doch zuerst in den hohen Norden, nach Hamburg und zu Holsten:

Holsten setzt auf Brown Ale im Dosen-Bundle

Nachdem die Carlsberg-Tochter Holsten bereits im März ein Pale Ale nach amerikanischem Vorbild auf den Markt gebracht hatte, folgt nun ein nicht weniger USA-inspiriertes Brown Ale. Mit satten 6,4% Vol. und 14,9°Plato Stammwürze ist das “Rotklinker Brown Ale” nach deutschem Maßstab bereits ein Bockbier und wird im Dosen-Bundle mit dem Pale Ale erscheinen, wodurch Holsten Probierkäufer in Versuchung führen möchte.
Aromatisch fällt es laut Holsten hopfenbetont und sowohl bitter als auch fruchtig aus, mit balancierenden Malznoten in Richtung Schokolade und Karamell.

Sowohl Pale Ale als auch Rotklinker werden jedoch nicht als Teil der Holsten-Standardrange erscheinen, sondern unter dem Craft-inspirierten Ableger “Holsten Brauwelt”. Die Brauwelt ist eine von vielen Bier-Erlebnisgastronomien, die in jüngerer Zeit die Pforten öffnen. Dort gibt es für gewöhnlich eher traditionelle deutsche Saisonalbiere wie Märzen oder Winterbock, Brown Ale und Pale Ale zeigen jedoch, dass man nicht mehr nur auf deutsche Stile beschränkt sein möchte. Ebenso modern ist der Ansatz, die Dose als Gebinde für Craft Beer zu wählen. Ob Holsten es damit allerdings schafft, sich neben AleMania und Stone Brewing als Innovator zu zeigen, oder ob man damit gar Assoziationen zu dem bei Weitem nicht als so hochwertig angesehenen Dosen-Pils schafft, bleibt abzuwarten.

Fossil Fuels Brewing braut neues Bier mit Jurassic Park-Hefe

Erinnern Sie sich noch an die Ausgangsidee im Dino-Kinohit “Jurassic Park”? Dort ging es darum, Saurierblut aus in Bernstein eingeschlossenen Mosquitos zu extrahieren, um die genetischen Informationen darin zum Züchten äußerst bissiger Attraktionen zu verwenden.

Was bei der Rekonstruktion komplexer Organismen eher im Sci-Fi-Bereich anzusiedeln ist, ist in der Bierwelt bei den etwas einfacher gearteten Hefezellen bereits 1992 geglückt. Nachdem es mit einer Neuzüchtung von Antibiotika aus den Innereien eingeschlossener Bienen nicht klappte, wandte sich Raul Cano, seines Zeichens Doktor in medizinischer Mykologie (Pilzkunde) in Kalifornien, Hefezellen zu, und siehe da – bereits 2008 wurden mit der auf 45 Mio. Altersjahre geschätzten Hefe ein Bier im Stile eines deutschen Hefeweizens und ein Pale Ale gebraut.

Nun soll es jedoch richtig losgehen – mit einem belgischen Saison, vielleicht ein besserer Partner für die “funkigen, nelkenhaften und eigenwillig würzigen” Noten der Hefe. Dazu hat sich Fossil Fuels Schubros Brewery mit ins Boot geholt und eine Crowd Funding-Kampagne gestartet, die vor allem die Laborbedingungen schaffen soll, um die sehr schwierige Hefe in Gang zu bringen und zu halten.

Kölnern schmeckt Alt, Düsseldorfern schmeckt Kölsch – oder umgedreht, völlig egal!

Einhundert Leute hatte er gefragt – 50 aus Köln und 50 aus Düsseldorf – und dann zur Blindverkostung antreten lassen: Professor Helmut Quack, Wirtschaftswissenschaftler an der Hochschule Düsseldorf, stellte ihnen die scheinbar einfache Aufgabe, zwischen dem schlanken, hellen Obergärigen und seinem malzbetonteren Bruder zu unterscheiden.
Das Ergebnis überrascht jene, die seit einem Jahrzehnt predigen, dass Otto Normalverbraucher in einer Blindverkostung nicht einmal sein Lieblingsbier erkennen würde, kaum: Die Trefferquote lag bei ungefähr 50%, also eigentlich hätte man die Leute auch eine Münze werfen lassen können.

Nun sind 100 Leute zwischen 35 und 65 nicht unbedingt repräsentativ, entspricht aber im Rahmen der Wirtschaftsforschung der üblichen Vorgehensweise beim ersten Überprüfen einer Hypothese. Für die Bierwelt zeigt sich dadurch einmal mehr, wie sehr die Wahrnehmung eines Getränkes eigentlich von Faktoren beeinflusst wird, die nichts mit dem eigentlichen Geschmack zu tun haben – Image, soziales Umfeld, Trinkkultur, Situation, Optik.
Denn im Gegentest ohne Augenbinde waren sich plötzlich 78% der Leute sicher, das nun leicht zuzuordnende Bier besser zu finden.

Entlassungswelle bei AB-InBev

Im Zuge der Fusion von Anheuser Busch – InBev und SAB Miller wurde nun bekannt gegeben, was viele Angestellte der beiden Biergiganten bereits befürchtet hatten: Weltweit werden Stellen abgebaut, die nach der Fusion als überflüssig oder doppelt besetzt angesehen werden. Insbesondere die Verwaltungsebene von SAB Miller in Großbritannien ist schwer betroffen, doch insgesamt soll es zu ca. 5.500 Entlassungen kommen.

Die deutschen Marken von AB-InBev (Beck’s, Hasseröder, Franziskaner, Löwenbräu) dürften hingegen nicht allzu sehr betroffen sein, hat SAB Miller doch keine bedeutenden Marken auf dem deutschen Markt, von dem tschechischen Pilsner Urquell als Import einmal abgesehen.

Credits

Foto: Flaschen via Shutterstock.

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