TOP

Bier, Bars & Brauer #10

Die zweite Maiausgabe von Bier, Bars & Brauer gibt sich international: China wetteifert mit Ägypten um die älteste Brauerei der Welt und Florida hat einen essbaren Sixpack-Ring. Carlsberg braut mit 130 Jahre alter Hefe und ein deutscher Discounter listet Craft Beer – in Großbritannien. Dazu gibt es grünes Licht für die Fusion der Biergiganten AB-InBev und SAB Miller – zumindest in Europa.

Dass Bier älter ist als das Reinheitsgebot ist auch dessen ärgsten Verfechtern bewusst, gleichwohl sie dann oft auf die mindere Qualität dieser Produkte verweisen, auf spuckevergorenen Getreidebrei aus Mesopotamien, giftige Kräuterzutaten aus dem Mittelalter und ähnliche Unappetitlichkeiten. Doch auch die Hochzivilisationen der Vergangenheit brauten fleißig – und bisweilen mit mehr Sachverstand als zunächst angenommen.

Brauerei aus der Bronzezeit in China entdeckt

Ein grimmiges Sprichwort behauptet, die Geschichte werde mit Blut geschrieben. Zum Glück gibt es auch noch weniger martialische Tintenersatzstoffe, die den beschwerlichen Aufstieg des Menschen zu einem halbwegs zivilisierten Wesen begleiten. So zum Beispiel Bier, auch wenn das resultierende Verhalten manchmal wenig zivilisiert gewesen sein dürfte. Von der Landung der Mayflower an den Gestaden Nordamerikas bis zu den Gesetzestafeln im Grabe des König Hammurapi – Bier war immer mit dabei.

Nun entdeckten Forscher der Standford University in der nordchinesischen Provinz Shaanxi  eine 5000 Jahre alte Küche mit Gefäßen, die auf eine recht fortschrittliche Braumethode schließen lassen, sogar simple Filtermethoden sollen zum Einsatz gekommen sein. Zudem lasse die Zusammensetzung der stärkehaltigen Körner (heutzutage Schüttung genannt, darunter u.a. Hiobsträne, verschiedene Hirsesorten, Kürbis und Lilie) auf ausgefeilte Rezepturen schließen. Besonders interessant sei jedoch das Auffinden von Gerste, die ursprünglich in Europa domestiziert wurde und womöglich durch Handel nach China gelangte.

Um den Titel „älteste entdeckte Brauerei der Welt“ müssen sich die Chinesen dennoch mit den Ägyptern streiten, denn bei Tel Aviv wurde bereits im März eine Bronzezeitbraustätte entdeckt, die ebenfalls auf 3000 bis 3500 vor Christus datiert und nach ägyptischer Art errichtet wurde. Na, wir stoßen erst einmal auf den Fund an und befeuchten die historisch angestaubten Kehlen mit leckeren, modernen Gebräuen aus China wie dem Mandarin Wheat von Jing A aus Beijing! Ganbei!

Saltwater Brewing bringt essbaren Sixpack-Ring

Wer kennt und hasst es nicht? Man geht zum Strand, lässt sich gemütlich nieder, blickt über die glitzernde Wasseroberfläche und … sieht Müll in Form von Plastikflaschen und Dosen darauf treiben. Das Mitnehmen des selbst produzierten Abfalls ist leider nicht jedem eine Selbstverständlichkeit, daher beugt Saltwater Brewing aus Florida, USA, lieber vor und bringt seine Dosensechser nun mit einem eigens entwickelten Ring, der nicht aus Plastik, sondern aus 100% biologisch abbaubaren und sogar für Meeresgetier unbedenklich verzehrbaren Braunebenprodukten besteht. Die Plastikringe, die leider ebenso oft im Wasser landen wie die Behältnisse selbst, sind nämlich oft Todesfallen für Wasserlebewesen oder werden als Futterquelle angesehen.

Ein Patent ist angemeldet, den Praxistext haben die Ringe bereits bestanden. Dosen und Flaschen mitnehmen bleibt trotzdem Eigenverantwortung, und auch die Ringe könnte man ja auf den Kompost werfen, anstatt sie am Strand liegen zu lassen, oder? „Biologisch abbaubar“ ist schließlich nicht gleichzusetzen mit „schön anzuschauen“.

Carlsberg braut Bier mit Originalhefe von 1883

Vielen Biertrinkern ist heutzutage kaum mehr bewusst, dass die goldgelben und kristallklaren Lager, mit denen sie sich heute erfrischen, noch keine 200 Jahre auf dem Buckel haben. Zuvor war es schlicht unmöglich, diese Biere zu produzieren. Neben der Kühlmaschine und der gleichmäßigen Heißluftröstung von Malz war es vor allem eine Entdeckung, die den Weg für den Welterfolg von Lagerbieren ebnete:

Emil Christian Hansens Reinzuchthefe mit dem schönen Namen „Saccharomyces Carlsbergensis“.

Carlsberg? Ganz recht! Basierend auf den Forschungen von Louis Pasteur war es der dänische Konzern, der den untergärigen Hefestamm erstmals rein züchtete (anstatt der zuvor üblichen Mischkulturen) und somit den Prototyp all jener Bierhefen lieferte, die weltweit die populärsten Bierstile vergären: Pilsener, Helles, internationales Lager. Nun gelang es dem Forschungslabor der Carlsberger, lebende Hefe aus einem 130 Jahre alten Bier zu isolieren. Selbstverständlich ließen es sich die Brauer nicht nehmen, damit unverzüglich ein Bier zu brauen. Dieses heißt folgerichtig „Original 1883“ und wird vorerst nur in speziellen Verkostungen angeboten, für die man sich auf der Seite der Carlsberg Foundation eintragen kann.

EU-Kommission genehmigt Mega-Merger zwischen AB-InBev und SAB Miller

Nach Mexiko und Australien stimmt nun auch die EU der Fusion der weltweiten Nummer 1 und 2 im Biergeschäft zu. So ganz ohne Federn zu lassen ging es allerdings nicht vonstatten: Die EU-Kommission brachte Bedenken an, dass der Wegfall des größten Konkurrenten zwischen den Großbrauereien zu stillschweigenden Verhaltensabstimmungen bei den Bierpreisen führen könnte – zurecht, bedenkt man Anheuser Busch-InBevs erneute Verwicklung in Preisabsprachen, die noch keinen Monat alt sind (MIXOLOGY berichtete).

Daher waren die Bedingungen der Kommission entsprechend hart, um eine Monopolisierung zu verhindern, und umfassten letztlich fast das gesamte Europageschäft von SAB Miller. In den USA, Heimatmarkt der jeweiligen Konzernteile Anheuser Busch und Miller, steht die Entscheidung des Kartellamtes noch aus.

Aldi verkauft Craft Beer – in Großbritannien

Woran erkennt man, dass die Craft Beer-Entwicklung auf der Insel schon ein Stück weiter ist als hierzulande? Daran, dass ein deutscher Discounter dort Craft Beer listet, und zwar im großen Stil: 600 Mio. britische Pfund investiert Aldi in die Initiative, die 18 kleine und mittelständische Brauereien zum Einheitspreis von 1,25 £ (ca. 1,65 Euro ) ab dem 29. Mai in die Discount-Märkte bringen soll, für britische Bierverhältnisse ein sehr günstiger Preis. Mit dabei sind zum Beispiel Box Steam Brewery, Wadworth Brewery, Sadler’s Brewery, und Hogsback Brewery – außerhalb der Craft-Szene den meisten Deutschen also tatsächlich komplett unbekannte Brauereien. Wann werden die deutschen Aldis wohl auf den Craft-Zug aufspringen – oder bleibt es hierzulande bei Auftrags-Billigbier à la Maternus, welches aus dem Frankfurter Brauhaus stammt?

Kommentieren