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Der „Erste”: Blended Irish Whiskey im Mixology Taste Forum

Irish Whiskey ist die womöglich älteste Whiskeygattung der Welt. Dennoch steht er an der Bar üblicherweise höchstens in der zweiten Reihe. Oft als angeblich sehr mild und dadurch zum »Einsteiger-Whiskey« gelabelt, machen viele Mixologen einen Bogen um ihn. Dabei ist er hochinteressant fürs Mixen. Das Taste Forum hat genauer hingeschaut.

Uisge Beatha, Usquebaugh, Whisky, Whiskey. Irischer Getreidebrand ist eine der ältesten Spirituosen der Welt und hat seit seiner Entstehung viele Wandlungen durchlaufen. Nachdem Mitte des 20. Jahrhunderts beinahe die gesamte Kategorie verschwand, ist Irish Whiskey heute so spannend und vielfältig wie noch nie. Wir wagen uns an eine Verkostung des Status Quo der Kategorie »Blended Irish Whiskey«. Der erste Whisky der Welt war eventuell irisch, auch wenn viele Schotten dem widersprechen würden. Als erste schriftliche Nennung wird meist ein Parlamentsbeschluss aus dem Jahr 1556 zitiert, der auf eine zu diesem Zeitpunkt bereits weite Verbreitung von schottischem Whisky hinweist. Irischer Brand wiederum wird bereits 1405 in den Annals of Clonmacnoise erwähnt, die allerdings nur in einer Übersetzung von 1627 vorliegen. Anlass ist der Tod eines Clan-Anführers nach dem Genuss von Aqua Vitae: »to him aqua mortis«, merkt der Verfasser scherzhaft an.

Jede:r unserer Verkoster:innen gab Slane Bestnoten, somit ein eindeutiger Sieg für diesen aromatischen, ausdrucksstarken Irish Whiskey. Kandierte Ananas, Butterscotch, Vanille und etwas Rauch in der Nase. Am Gaumen ölig und würzig, malzige Süße, Demerara, Noisette und etwas Leder. Der Nachhall ist lang und vollmundig. // 40% Vol, 700 ml / ca. € 24,99 / via Brown-Forman
Teeling Small Batch riecht ätherisch und hell nach Akazienhonig, Vanille und Mirabelle. Kraftvoll im Antrunk, mit leicht medizinischer Note, feiner Süße und öliger Textur. Ein mittellanger Nachhall mit Honig, Trockenfrüchten und Gewürzen. // 46% Vol. 700 ml / ca. € 29,99 / via Bacardi
Zu Recht eine Benchmark der Kategorie, denn Jameson bietet Zugänglichkeit und eine faire Preis-Leistung. Er riecht warm und getreidig, reifer Apfel und Bienenwachs sind auszumachen. Im Mund angenehm würzig mit leichtem Körper, etwas Vanille und Karamell vom Antrunk bis zum trockenen, kernigen Finish. // 40% Vol. 700 ml // ca. € 22,99 / via Pernod Ricard

Die Trennung der Kategorien

Stilistische Unterschiede entstehen maßgeblich durch ein 1785 in Kraft tretendes Gesetz, das gemälzte Gerste stark besteuert. Kleine Destillerien können die erhobenen Kosten nicht tragen und schließen oder brennen schwarz. Größere Destillerien dagegen beginnen, gemälzte Gerste mit ungemälzter Gerste, Roggen und Hafer zu mischen, um Kosten zu sparen. Ungemälztes Getreide ist schwieriger zu brennen und erfordert einige Anpassungen, um einen genießbaren Pot-Still-Brand zu erzeugen, führt aber im besten Fall zu einem öligen, charaktervollen Whiskey. Irische Destillerien bauen immer größere Pot Stills und nutzten einen aufwärts gerichteten Lyne Arm am Hals der Brennblase, um den Reflux zu erhöhen und so schwere Komponenten im Brand zu reduzieren. Die dreifache Destillation und der Einsatz von Kohle statt Torf, um gemälzte Gerste zu trocknen, machen die Brände zugänglicher. Nicht zuletzt fokussierten sich Iren auf eine Verfeinerung der Reifung in Holz, sie sind zum Beispiel Vorreiter von Finishes in Sherryfässern. Der so entstandene Stil von Irish Whisky ist ein eleganter, sauberer Brand mit viel Kraft und Aroma. John Jameson, John Powers, William Jameson und George Roe sind die Dubliner Hersteller, die für diesen neuen Stil bekannt werden und den Markt dominieren. Ende des 19. Jahrhunderts schließlich ist Irland laut Forbes das Zentrum der globalen Whisky-Produktion mit über 70% des Weltmarkts.

Irish: Zurück aus der Talsohle

Nach einem starken Niedergang in Folge von Prohibition und verändertem globalem Konsumverhalten ab den 1950er Jahren ist Irish Whiskey heute wieder eine der am schnellsten wachsenden Spirituosenkategorien der Welt mit aktuell über 40 aktiven Destillerien. Vier Arten von Irish Whiskey werden gängigerweise gebrannt. Der dreifach destillierte, traditionell irische Single Pot Still, zwei- oder dreifach destillierter Single Malt, in der Column Still gebrannter Grain Whiskey und Blends aus Grain Whiskey und Malts oder Pot-Still-Whiskey. In unserer Verkostung beschränken wir uns auf zwei Kategorien, Blends und Pot Still Whiskey. Waterford geht als nach schottischem Vorbild doppelt gebrannter Single Malt als U-Boot ins Rennen.

Pur? Auch. Mixen? Aber hallo!

Wir treffen uns mit Vito Nicotra (Truffle Pig), Kai Wolschke (Goldfisch), Natalie Van Wyk (Green Door), Manos Sintichakis (Velvet) und dem irischen Landsmann Martin Cooper (Feed the Pony), den man mit einer privaten Sammlung von über 200 Irish Whiskeys durchaus als Experten bezeichnen darf. Laut Cooper ist die Kategorie in den letzten Jahren regelrecht explodiert. Unser Rating zeigt, dass sowohl neue Produzenten wie Slane als auch traditionsreiche Marken wie Jameson in der doppelten Blindverkostung überzeugen können. Von den Verkostern gelobt wird die sehr gute Preis-Leistung der Blends sowie die beeindruckende aromatische Diversität. Verglichen mit American Whiskey und Scotch ist Irish allerdings in vielen Backboards und Cocktailkarten weniger präsent. Schade eigentlich, wenn man bedenkt, wie gut kalkulierbar und gut mixbar viele der Produkte sind.

Unsere Verkoster schätzen Irish Whiskey als tolle Einsteigerkategorie ein, die Blends sind aromatisch zugänglich und zum Sippen geeignet; zugleich haben einige der Produkte ein sehr eigenes, spannendes Aroma und sind somit auch für Nerds interessant.

Als am häufigsten verkaufte Drinks mit Irish Whiskey werden von unseren Testern Irish Coffee und Jameson & Ginger Ale genannt. Dabei eignet sich Irish für zahlreiche Drinks, er funktioniert gut mit Frucht-Aromen, in kräftigen, gerührten Cocktails und auch in Sours. In der Green Door war Anfang dieses Jahres der meistverkaufte Drink mit mehreren hundert Portionen pro Monat eine Sour-Variation auf Irish-Basis mit etwas Mandarine und einem Vogelbeerbrand. Das zeigt, dass Irish sich durchaus sehr gut verkaufen kann, wenn man ihm in seiner Bar eine Chance gibt.

Dieser Beitrag erschien erstmals in der MIXOLOGY Print-Ausgabe 1-2024. Für diese Wiederveröffentlichung wurde er stark gekürzt und formal angepasst. Informationen zur Bestellung einer Einzelausgabe findet sich hier, Information zu einem Abonnement hier.

Credits

Foto: Editienne

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