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Statt Crème de Cassis: Boudier Sloe Gin

Der anhaltende Hype um Gin zieht in seinem Fahrwasser allerlei Produkte mit, die kein Gin im eigentlichen Sinne sind. Die traditionsreichste Gattung dieser Kategorie ist zweifelsohne der Sloe Gin. Mit dem französischen Haus Gabriel Boudier schickt sich nun eine renommierte Firma an, dem Schlehenlikör einen neuen Anstrich zu verpassen.
Die mit Schlehen versetzte Spirituose ist nicht nur in Deutschland ein beliebtes Produkt. Vor allem in England, seiner Heimat, ist der fruchtige Bruder derzeit in allen Altersschichten wieder sehr beliebt. Die junge Generation entdeckt Sloe Gin gerade als Zutat für klassische und moderne Cocktails wieder, während er, wie hierzulande vielleicht der Eierlikör, pur genossen einfach zum Damenkaffeekranz gehört.
Eine wilde Pflaume, die Schlehe
Bevor man sich nun mit dem neuen Produkt aus burgundischem Hause beschäftigt, sollte man einen Blick darauf werfen, was genau die Frucht eigentlich ist, die für den Geschmack der Spirituose verantwortlich ist.
Der Schlehdorn ist ein wildwachsender Strauch aus der Familie der Steinobstgewächse, genauer betrachtet eine wilde Verwandte der Pflaume. Die Früchte weisen auch eine deutliche Ähnlichkeit zu Pflaumen auf, sind allerdings bedeutend kleiner und wesentlich bitterer im Geschmack.
Aufgrund des hohen Gehalts an Gerbstoffen wartet man mit der Ernte der Früchte meist bis nach dem ersten Frost, denn durch die Kälte wird ein Teil der bitteren Gerbsubstanz abgebaut. Neben Spirituosen werden die Früchte in Marmeladen oder Fruchtsäften eingesetzt, haben aber gerade in Spirituosen eine lange Geschichte. Neben Sloe Gin gibt es in den meisten Regionen, in denen die Schlehe vorkommt, eine traditionelle Spirituose, die sich ihrer bedient. In Deutschland am weitesten verbreitet ist der Likör Schlehenfeuer, der von Jägermeister produziert wird.
Französische Schlehen
Für die Firma Boudier aus Frankreich ist der Sloe Gin kein ganz neues Produkt. Sowohl ein London Dry Gin als auch ein Sloe Gin werden in Dijon bereits seit Ende des Zweiten Weltkriegs produziert. Laut Firmenchef Jean Battault war Boudier damals der offizielle Lieferant der verbliebenen Alliierten, und sowohl Gin als auch Sloe Gin waren in den 50er und 60er Jahren beliebte Spirituosen bei den Soldaten. Neben der Standardabfüllung mit 25% Vol., die schon seit Langem auf dem Markt ist, hat man sich jetzt entschieden einen Premium-Sloe-Gin mit höherem Alkoholgehalt, reduziertem Zuckeranteil und einer deutlicheren Schlehennote zu veröffentlichen.
Der für die Produkte von Boudier zuständige Battault beschreibt die Herstellung im Detail: „In unserem klassischen London Dry Gin, der seit Ende des Krieges produziert wird, mazerieren wir die Schlehen. Diese beziehen wir nach Möglichkeit aus der Region, kaufen aber auch zu, wenn die Menge der hiesigen Schlehen nicht ausreicht. Nach der Mazeration und Pressung wird das Produkt auf 30% Vol. eingestellt und mit Zucker gesüßt. Bevor in Flaschen abgefüllt wird, lagern wir den Sloe Gin in Steingutgefäßen, um eine Harmonisierung des Aromas zu erreichen. Der Zuckeranteil der einzelnen Chargen variiert dabei je nach Süße der Früchte. Wir süßen allerdings immer mit einem Minimum an Zucker: gerade so viel wie nötig ist, um den gewünschten, runden Geschmack zu erreichen.“
Die Verkostung
Die hübsch bedruckte Steingutflasche des Sloe Gins wirkt sehr elegant. Der Inhalt ist tiefrot, dabei klar und ohne jegliche Eintrübungen. In der Nase zeigt sich der Sloe Gin sehr fruchtig, erinnert an rote Beeren und Pflaumen. Eine leichte alkoholische Schärfe lässt sich erahnen, während gleichzeitig eine gewisse Süße mitschwingt. Auf der Zunge ist der Alkoholanteil deutlich zu spüren. Gin und Fruchtaromen wechseln sich ab. Der Gin ist dabei deutlich zu erkennen, ohne jedoch allzu dominant zu sein. Im Vergleich mit ähnlichen Produkten ist der Boudier Sloe Gin sehr kräftig und das Säuerlich-bittere wirkt sehr adstringierend. Zum puren Genuss eher für ausgesprochene Schlehenfreunde geeignet, ist der Sloe Gin sicherlich eine veritable Zutat in einer Vielzahl verschiedener Cocktails, wenngleich andere Vertreter dieser Kategorie sicher für einen attraktiveren Preis erhältlich sind.
 

Credits

Foto: Schlehdorn via Ra'ike / Wikipedia

Comments (1)

  • Vincent

    Hallo,
    ich wollte mir mal einen Sloe Gin selbst ansetzen, aber wo bekommt man denn am besten Schlehenbeeren her?
    Auf dem Wochenmarkt bei mir in der Nähe habe ich leider keine gesehen. :/

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