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Brewcifer “Hops & Needles” im Test

Hopfen und Malz, Gott erhalt’s? Das schon, aber warum soll es sich damit eigentlich erledigt haben? Das Hamburger Bier-Start-up Brewcifer schickt sich an, mit experimentellen Suden ein kleines Stück konservativer Brauwelt umzukrempeln. Einen wichtigen Schritt unternimmt das Haus mit seinem “Hops & Needles”. Wir haben näher hingeschaut und sind überrascht.
Reinheitsgebot hin, Reinheitsgebot her. Jochen Mader, der kreative Kopf hinter Brewcifer, scheint sich derartiges gedacht zu haben. Einerseits der Tradition hochwertigen Brauens verpflichtet, kommt mit dem “Hops & Needles” ein interessanter Vertreter dessen in die Flasche, was nach deutschem Recht nicht als Bier bezeichnet werden darf.
Denn der Sud ist eben nicht ausschließlich aus Hopfen, Malz und Wasser zubereitet.
Twist my Pale Ale
Stilistisch ist das “Hops & Needles” als Pale Ale angelegt. Die verwendeten Hopfensorten Citra, Amarillo und Simcoe lassen auf eine derzeit verbreitete und populäre, frisch-fruchtige Aromatik schließen.
Damit könnte sich Mader begnügen, doch er tut es nicht. Um die ohnehin im Stil angelegten Geschmacksnoten hervorzuheben, greift der gelernte Klangdesigner auf zwei ungewöhnliche Ingredienzien zurück, die dem Bierliebhaber nicht unbedingt als alltägliche Bekannte geläufig sind.
Brot & Nadelbäume – Geht das gut?
Da wären einerseits die Dinkelflocken. Das alte Getreide erlebt seit Jahren eine Renaissance im Food-Bereich, da liegt es zumindest nicht fern, es auch in den Dienst der Braukunst zu stellen. Das erdige, süßliche Aroma erscheint von Grund auf geeignet, um die Ale-typische Malzigkeit stärker hervorzuheben.
Einen Schritt weiter geht der kreative Brauer mit der zweiten Extra-Zutat. Die ausgewählten Aromahopfen werden im “Hops & Needles” durch den Einsatz frischer Fichtentriebe flankiert. Was im ersten Moment skurril anmutet, scheint auf den zweiten Blick alles andere als widersinnig.
Einerseits liegen wahrlich keine Welten zwischen dem Profil einiger Hopfensorten und dem charakteristischen Duft frischer Nadelhölzer. Zusätzlich beweist Mader ein Gespür für Gebräuche einer vorigen Ära: vor den Zeiten des Reinheitsgebot war es durchaus gängig, Biere mit allerlei Botanicals und Kräutern zu versetzen. Machen wir uns also positiv gespannt an die Flasche.
Minimalismus außen
Allein das Packaging bereits macht Lust auf mehr. Das “Hops & Needles” kommt mit einem graphisch auffälligen Silhouetten-Label, das sich auf den ersten Blick vom klassischen Papieretikett abhebt. Das Logo stilisiert einerseits eine Hopfendolde, oder vielleicht gar – man weiß es nicht – einen Fichtenzapfen? Ansonsten ist die Flasche minimalistisch gehalten, ohne auf weitere optische Spielereien Wert zu legen.
Im Glas zeigt das Bier, das moderate 6% Vol. und 35 Bittereinheiten auf die Waage bringt, eine rotgoldene Farbe mit ganz leichter Trübung.
Die Kohlensäure ist lebhaft eingebunden und verhilft dem Schaum zu mittlerer Stabilität. Sofort macht sich der Hopfen dezent bemerkbar mit deutlichen Anklägen von Grapefruit, Aprikose, etwas Clementine und Minze. Daneben breitet sich eine angenehme, jedoch sehr hintergründige, brotige Note aus, die den Dinkel nicht verhehlt.
…Komplexität innen.
Im Antrunk hat das “Hops & Needles” einen leichten Schmelz, der den verwendeten Malzen genügend Raum erlaubt. Es treten stärkere Röstaromen hinzu, während der fruchtige Eindruck aus dem Nosing etwas in den Hintergrund tritt. Dafür kommen nun allerdings die ätherischen, etwas holzigen Töne der Fichtentriebe deutlich zu Tage.
Im Verbund mit der Minzigkeit dominiert im Mund ein kräutrig-waldiges Gesamtbild, das gut mit der nicht übertriebenen Bitteren harmoniert. Insgesamt fordert der Sud jedoch, trotz der aromatischen Komplexität, den Gaumen nicht übermäßig heraus. Ein verhaltener, nur wenig hopfenbetonter Abgang garantiert eine hohe Trinkbarkeit.
Gelungene Premiere
Es sollte ganz gleich sein, ob man Brewcifers “Hops & Needles” nun “Bier” nennt oder nicht. Tatsache ist, das Jochen Mader gleich mit seinem ersten Entwurf demonstriert, wohin die Reise seines hanseatischen Hauses noch gehen kann.
Mit dem Versuch, Dinkel und Fichte in ein leichtes Ale zu integrieren, hat Brewcifer in jedem Fall einen sehr ansehnlichen, hochwertigen Erstling vorgelegt.
Als zweiten Sud hat Mader eine Kreation angekündigt, die Rhabarber und Basilikum in den Mittelpunkt stellt. Es bleibt spannend in Hamburg.

Credits

Foto: Dinle & Fichte via Shutterstock. Postproduktion: Tim Klöcker

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