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Buen Suceso Mezcal, wenn Mexikaner deutsch lernen

Ein Mexikaner kommt nach Deutschland, um die Sprache zu lernen. Ein paar Jahre später gründet er mit einem Freund eine eigene Mezcalmarke.
Auslandsaufenthalte, ob im Studium oder schon früher, gehören heute zu einer Selbstverständlichkeit in den meisten Lebensläufen. Andere Kulturen kennen- und eine Sprache zu erlernen ist das vorrangige Ziel. Später wird einem die Wichtigkeit für eine mögliche Karriere bewusst. Es entstehen aber auch Freundschaften und manche halten lange Zeit. Aus einer solchen Freundschaft ist nun ein Mezcal entstanden, der Mexiko mit Deutschland und der Schweiz verbindet.
Erste Skepsis, erster Kontakt
Diego Uvence, gebürtiger Mexikaner, ist einer der Schüler, die in jungen Jahren – in seinem Fall mit 16 – nach Deutschland kam, um die Sprache zu lernen. Er landete in Stuttgart bei der Familie Gerdon, deren Sohn Fabian im gleichen Alter war und ihn unter seine Fittiche nahm. Ein paar Jahre später, im Sommer 2011, fand dann der Gegenbesuch in Mexiko statt, wo Diego ihm seine Heimat zeigen wollte. Hier gab es dann auch den ersten Kontakt zwischen Fabian Gerdon und Mezcal. Diesen beschreibt Gerdon als eher skeptisch: „Ich hatte die Assoziation zu Tequila, den ich aus Deutschland kannte und die Assoziation war mit Kopfschmerzen verbunden. Die Komplexität und die Geschichte hinter Mezcal haben mich aber schnell überzeugt und eines Besseren belehrt.“
Wieso ausgerechnet Mezcal
Mit diesem Wissen ist die Frage, wie jemand auf die Idee kommt Mezcal zu produzieren und zu vertreiben bevor er überhaupt sein Studium beendet hat, schon weitestgehend erklärt. In Gerdons Augen „ist Mezcal die Spirituose die so eng mit ihrer Heimat verknüpft ist, wie vielleicht keine andere. Ausgerechnet die meist negativ gesehene Kolonialisierung brachte das Wissen um Destillation nach Mexiko. Die einheimischen Maya übernahmen dieses Wissen und produzierten fortan Mezcal. Erst in den letzten Jahren hat eine junge Generation Mexikaner dieses Getränk auf der Suche nach einer eigenen Identität wiederentdeckt. Mezcal ist Mexiko“. Derart begeistert von der Spirituose und dessen Geschichte stand am Anfang die „Schnapsidee“, Mezcal nach Europa zu bringen. Nun, ganz unbekannt war Mezcal in Europa in den letzten Jahren nicht, aber aus der Idee wurde ein Plan und man begann verschiedene Möglichkeiten auszuloten, bis man beschloss, eine gänzlich eigene Marke zu kreieren und auf den Markt zu bringen.
In Mexiko kümmert sich seitdem Diego Uvence um die Produktion. Fabian Gerdon und Geschäftspartner Ardian Gashi aus der Schweiz kümmern sich von aus Lausanne und Stuttgart aus um bürokratische Hürden und um Möglichkeiten, das Produkt zu vertreiben. Ein „Mezcal Master“ produziert in San Juan del Rio bei Oaxaca den Buen Suceso Mezcal auf sehr traditionelle Weise und nach überliefertem Familienrezept. Das erste Batch wurde im Sommer 2012 abgefüllt, und mittlerweile wurde der Mezcal in Mexiko lizensiert und auch in Europa hat man alle bürokratischen Hürden gemeistert. Soweit Mezcal wird oftmals noch wie vor 400 Jahren produziert. Unter freiem Himmel oder in einfachen Hütten, sogenannten Palenques, sind es oft holzbefeuerte Steinöfen und simple Kupferdestillen, in denen die Spirituose gebrannt wird. Was für europäische Standards beinahe altertümlich wirkt, ist dem Umstand geschuldet, dass die Region Oaxaca arm ist, und den Produzenten schlicht die Mittel für moderne Apparaturen fehlen. Deswegen geschieht die Produktion auch beinahe ausschließlich in Handarbeit. Die Agavenherzen werden von Hand geerntet, mancherorts übernehmen Esel den Transport in die angesprochenen Palenques, wo sie nach alter Tradition im Erdofen verkocht, gemahlen und fermentiert werden, bevor es zur Destillation geht. Auch abgefüllt und etikettiert wird von Hand.



Der Makel als Merkmal
In den Umständen der Produktion sieht Gerdon aber auch einen Vorteil. Während ihm Tequila oft zu einheitlich und „smooth und leicht trinkbar“ ist, findet man im Mezcal deutlich mehr Charakter. Unterschiedliche Regionen, Arten der Destillation und Agavenarten als Rohstoffe verleihen dem Mezcal seine individuellen Noten. Auch beim Buen Suceso legt man Wert auf diese Eigenheiten. Der Name bedeutet im mexikanischen in etwa „ein guter Moment“ und soll vor allem alle Facetten von Mezcal repräsentieren. „Auch wenn wir Gefahr laufen etwas kitschig zu klingen, hat uns die freundliche und offene Art der Menschen in der Region Oaxaca inspiriert, die, obwohl sie so arm sind, so unglaublich offen und freundlich waren und uns zeigten, dass es manchmal nicht mehr braucht als gute Freunde und ein Glas Mezcal, um einen guten Moment zu haben.
Dass man auch außerhalb Mexikos mit Mezcal gute Momente haben kann, davon ist Gerdon überzeugt. „Bezüglich Mezcal stehen wir in Deutschland und Europa noch weitestgehend am Anfang. Die wenigsten Menschen kennen Mezcal überhaupt und die, die ihn kennen, sind oft skeptisch. Der Wurm in der Flasche, der Ruf er sei schlechter als Tequila und die Annahme, Mezcal müsse extrem rauchig sein, sind Missverständnisse, die den Ruf hierzulande prägen.“ Hier verbirgt sich allerdings auch die Chance, die Konsumenten von den Vorzügen von Mezcal zu überzeugen. Das Potenzial für seinen stark wachsenden Markt sieht Gerdon als „durchaus vorhanden“. Nicht zuletzt, weil sich besonders Bartender für das Destillat begeistern können. In New York, San Francisco und London wächst Mezcal immer mehr zu einer Trendspirituose heran. Städte die in der Vergangenheit immer wieder Booms auslösten.
Dass Mezcal nicht mehr nur in Mexiko an Popularität gewinnt zeigt sich auch in einem Bericht vom Deutschlandfunk vom 16. März 2014 in dem die Herstellung von Mezcal sehr detailliert, und beinahe als religiöses Ritual geschildert wird. Der Text ist von Stephan Wimmer, der mit seinem Buch „Der König von Mexiko“ schon einmal Thema bei MIXOLOGY war.
Die Verkostung
Ob der „gute Moment“ auch einen guten Geschmack hat soll die Verkostung klären. Die Flasche wirkt jedenfalls einladend. Eine klare eckige Flasche mit leuchtend grünem Deckel beinhaltet das Destillat. Die Rückseite ist mit bunten Elementen beklebt, so dass man meinen könnte, es regnet Konfetti in der Flasche. Tut es aber nicht, es gluckst nur karnevalistisch beim Einschenken ins Glas. Die klare Flüssigkeit verströmt einen gleichzeitig rauchigen als auch fruchtigen Duft. Das Aroma erinnert an Ananas und Kaffee, wird aber von erdigen Tönen dominiert. Deutlich weniger Raucharomen als man es von anderen Mezcal gewohnt ist verwirren die Nase, vielmehr fühlt man sich an Heu und Stroh erinnert. Mit 38% Vol. Alkohol ist Buen Suceso recht mild und erreicht eine angenehme Frische.
Die zuvor wahrgenommenen Aromen tauchen im Geschmack wieder auf. Nach einem überraschend sanften Auftakt ist es erst mal der Rauch der dominiert. Allerdings nicht überlagernd, sondern angenehm mild. Die Frucht ist nicht ganz so präsent wie in der Nase aber doch zu erahnen. Im Geschmack sind es eher süße Aromen die sich wahrnehmen lassen. Eine erdige Süße, die an Vanille oder Toffee erinnert und die Buen Suceso Mezcal einen sehr sanften Abgang bescheren. Ein sehr angenehmer Mezcal, der nicht nur durch wuchtigen Rauch, sondern durch insgesamt fein ausbalancierte Aromen punkten kann. Ein toller Brand, sowohl für den puren Genuss, als auch um damit zu mixen. Durch die überraschende Milde und den nicht zu dominanten Rauch ist er vielleicht der ideale Mezcal, um diese Spirituosenkategorie kennenzulernen.
Buen Suceso – ein guter Moment. Nicht nur, um eine transatlantische Freundschaft zu besiegeln, sondern auch das gute Produkt einer anfänglichen Schnapsidee.

Credits

Foto: Agave via Shutterstock

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