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Charmant, gemütlich, aromatisch, Patolli!

München ist für seine florierende Barwelt weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Eine neue Anlaufstelle der Barkultur ist seit wenigen Wochen in der umtriebigen Sendlinger Straße im Hackenviertel zu finden.Das Patolli, nur wenige Meter vom historischen Sendlinger Tor entfernt, ist ein kleines, unprätentiöses Café, das sich neuerdings von Mittwoch bis Samstag in eine Bar verwandelt.
Eine große Fensterfront lässt die ersten Blicke in den fünf bis sechs Meter hohen Raum zu. Abgetrennt wird dieser nur durch eine kleine Galerie entlang der Rückwand mit ihrer Backsteinoptik. Einige kleine Bistrotische stehen an der rechten Seitenwand. Diese ist mit rotem Stoff bezogen, da sie gleichzeitig die Rückenlehnen der Sitzmöglichkeiten darstellen.
Kleine Bar mit Industrie-Charme
Direkt gegenüber befindet sich der schwarze, schlichte Tresen mit einigen Barhockern. Maximal 30 Gäste können es sich im Patolli gemütlich machen, bevor es ungemütlich wird. Über dem Bartresen hängen schwere und alte Industrielampen aus Metall. Daneben sorgen rustikale Glühbirnen über den Tischen für ein stimmiges Licht. Das Backboard ist so hoch wie der Raum selbst. Darin befinden sich neben Kaffeegeschirr, Gläsern und den Spirituosen noch zahlreiche Konservendosen und Sodasiphons als Dekoration. So erinnert das Design eher an einen alten und schummrigen Lagerraum aus einem Schwarz-Weiß-Krimi aus den 50ern, als an ein Café oder eine Bar – gemütlich ist es dennoch.
Der Blick fürs Wesentliche
«Eine kleine, aber feine Cocktailbar soll es sein. Eine, in der ich sowohl meinen eigenen Maßstab an Qualität umsetzen kann, aber auch nicht bei jedem Getränk den großen Mixologen spielen muss», so der für das Barkonzept verantwortliche Marco Beier. Dabei spielte der Zufall eine große Rolle im Entstehungsprozess der Bar: Das Café wird geführt von zwei Zahnärzten, die ihre Leidenschaft für guten Kaffee durch all zu viele Franchise-Läden in der Innenstadt gefährdet sahen. Als im Haus, in dem die beiden auch ihre Praxis haben, die Räumlichkeiten frei wurden, haben sie die Chance genutzt und die Idee eines eigenen Kaffeehauses verwirklicht. Über eine gemeinsame Bekannte kam dann zufällig der Kontakt zwischen den Ärzten und dem Bartender zustande, und schnell war die Idee für ein integriertes Barkonzept umgesetzt.
Hausgemachtes als Hausmarke
Viel Wert wird auf die Qualität der Zutaten gelegt. In den Drinks ist meist eine Zutat hausgemacht, grundsätzlich werden alle Sirups selbst gekocht. Das alles macht eine Menge Arbeit, kommt bei den Gästen aber sehr gut an.
Es gibt eine Standardkarte mit 12 Drinks, sowie eine wechselnde Monatskarte mit 3-4 Cocktails, Gin&Tonic-Empfehlungen und ein paar Spirituosen-Spezialitäten. Unter den Standards finden sich Klassiker wie der Negroni, Tommy’s Margarita oder Mai Tai, aber auch Spezialitäten wie ein Peanut Old Fashioned und der Monk Sour.
Letzterer ist eine fein-aromatische Komposition mit DOM Bénédictine, Zitrussäften, Honig und Eiweiß, der nur wärmstens empfohlen werden kann. Ein einfacher Drink, aber alles andere als langweilig. Als nächstes wurde ein Peanut Old Fashioned geordert, dessen Basis ein Bourbon ist, welcher durch die Fat-Washing-Methode mit Erdnüssen aromatisiert wurde. Dieses Getränk hat alles, was einen Old Fashioned Cocktail ausmacht, wird dabei aber immer von dem typischen, trockenen Aroma der Hülsenfrucht begleitet. Sehr interessant und schmackhaft, aber auf die Dauer vielleicht etwas anstrengend für die Zunge.
Wochenkarte als Akzent und Referenz
Deshalb sollte es nun von der Wochenkarte ein erfrischender Gimlet sein, aromatisiert mit Rosmarin. Ein Feuerwerk der Aromen: Die Säure des Cocktails und die Würzigkeit des Krautes harmonisieren grandios miteinander.
Auf der Monatskarte gibt es des Weiteren auch immer einen Drink, der von einem anderen Bartender stammt. Marco Beier sagt dazu: “Ich sehe mich nicht als den großen Guru, der jede Woche mit einem neuen Drink um die Ecke kommt, daher präsentiere ich gern die Kreationen von Kollegen. Natürlich mit dem Hinweis auf die jeweilige Person und Bar.”
Das Abschlussgetränk im Patolli sollte die bereits erwähnte Spirituosen-Spezialität werden. In diesem Fall zwei Gläser Johnnie Walker Black Label – eine aktuelle Abfüllung als Referenz zu einer Alten von ca. 1970. Ein schönes Beispiel dafür, wie sich der Geschmack eines Whiskys in etwa 40 Jahren verändert.
Faire Preise in einzigartigem Umfeld
Sämtliche Cocktails liegen preislich bei fairen 9-11 Euro, eine normale Preisgestaltung für eine Bar in München. Lediglich die alkoholischen Spezialitäten liegen mit ca. 22-24 Euro im hochpreisigen Segment. Dafür bekommt man aber auch wirklich etwas geboten, was man sonst nirgendwo anders finden wird. Da ich das letzte Gläschen des alten Johnnie Walker ergattern konnte, wird das Angebot von den Gästen offensichtlich gut angenommen. Allerdings versichert Beier, dass beim Whisky noch Reserven schlummern.
Mit dem Patolli ist München um eine weitere kleine Barperle reicher. Mit etwas Glück sitzt man bei Livemusik, die einmal im Monat vorgesehen ist, an diesem Tresen und schaltet den Alltag ab, während man durch das große Fenster das hektische Treiben der Stadt beobachtet.
 
Offenlegung
Im vorliegenden Artikel handelt es sich im die Besprechung eines Barkonzeptes, dessen federführende Leitung der Bartender und MIXOLOGY-Autor Marco Beier innehat. Da wir eine Erwähnung der Bar dennoch für relevant und sinnvoll hielten, haben wir den Blogger und Journalisten Christian Niefanger um einen neutralen Gastbeitrag für MIXOLOGY ONLINE gebeten. Wir freuen uns, dem Patolli auf diesem transparenten Wege Aufmerksamkeit zukommen lassen zu können. Ein redaktioneller Eingriff in die Aussage des Textes hat nicht stattgefunden.

Credits

Foto: Stephan Rumpf

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