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Vier Fragen an ChatGPT zur Cocktailgeschichte

Mensch vs. Maschine: Vier Fragen an ChatGPT und Armin Zimmermann

Künstliche Intelligenzen wie ChatGPT verändern die Welt. Was aber wissen sie aktuell über Bar-Kultur und Cocktail-Geschichte? Wir haben unseren Historiker Armin Zimmermann gegen ChatGPT in den Ring geschickt und beiden die vier gleichen Fragen gestellt. Hier sind die Antworten.

Die gleichen vier Fragen an unseren Cocktail-Historiker Armin Zimmermann und an ChatGPT: Der Kern dieses Beitrages ist einfach. Um Authentizität zu gewährleisten, haben wir die Antworten von ChatGPT weder lektoriert noch in irgendeiner Weise inhaltlich verändert. Wir ersparen uns von redaktioneller Seite eine Beurteilung der Antworten, sondern stellen sie gegenüber und erlauben uns nur am Ende einen kurzen Kommentar.

1) Wie kam die Olive in den Martini Cocktail, und war sie immer schon Bestandteil des Drinks?

ChatGPT: Die Olive im Martini Cocktail hat eine interessante Geschichte, und es gibt verschiedene Theorien darüber, wie sie zum Bestandteil des Drinks wurde.

Eine Theorie besagt, dass die Olive im Martini Cocktail erst in den 1920er Jahren populär wurde, als die italienischen Einwanderer, die in den USA in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie arbeiteten, begannen, sie als Dekoration in ihren Cocktails zu verwenden. Infolgedessen fanden Oliven ihren Weg in Martinis und wurden schnell zu einem beliebten Garnitur.
Eine andere Theorie besagt, dass der Schriftsteller Ernest Hemingway die Olive im Martini erfunden hat, als er während seiner Zeit in Paris einen Martini mit einer Olive bestellte. Der Barkeeper soll daraufhin Hemingway gefragt haben, ob er eine Olive oder eine Zitronenschale als Garnitur bevorzuge, woraufhin Hemingway geantwortet haben soll: “Eine Olive. Ich muss etwas zu essen haben.”

Es ist jedoch auch möglich, dass die Olive im Martini Cocktail von Anfang an als Bestandteil des Drinks gedacht war. Der Martini Cocktail hat seinen Ursprung im 19. Jahrhundert, und einige der frühen Rezepte enthielten bereits Oliven oder Olivenwasser als Zutat.

Armin Zimmermann: Im Jahr 1896 wird in einem Zeitungsartikel dazu geraten, trockene Cocktails mit einer Olive anstelle der Kirsche zu garnieren. Zwei Jahre später erklärt man in einem Cocktailbuch, man solle süße Cocktails mit einer Kirsche garnieren, trockenen Cocktails hingegen mit einer Olive, falls der Gast dies wünsche.

Um zu erahnen, wann die Olive als Garnierung aufkam, lohnt ein Blick in Harry Johnsons Buch. In seiner im Jahr 1888 erschienenen Ausgabe kennt er sie noch nicht. Im Jahr 1900 hingegen gibt er an, man könne eine Olive in den Martini Cocktail geben. Somit wird klar, daß die Olive irgendwann zwischen 1888 und 1896 gebräuchlich wurde.

In dieser Zeit scheinen die Mischgetränke trockener geworden zu sein, so dass eine Kirsche unpassender wurde. Auch der Martini Cocktail wurde in dieser Zeit trockener, denn der erste Hinweis auf einen Dry Martini Cocktail stammt aus dem Jahr 1896.

Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich, dass der Martini ursprünglich keine Olive enthielt. Übrigens wurde der Martini in den ersten Jahren auch als Martinez bezeichnet. Beide waren in ihrer Rezepturbandbreite identisch. Gleichwohl wurde der Martini Cocktail im 19. Jahrhundert immer garniert. Während der Prohibition war dies nur noch in rund der Hälfte aller Rezepte der Fall, danach wurde eine Garnierung immerhin in rund 70 % der Fälle vorgeschlagen.

Anfänglich verwendete man Zitronenzeste und Kirsche. Erst später kam die Olive hinzu. Wir meinen heute zwar, die Olive sei einmal ein unverzichtbarer Bestandteil des Martinis gewesen, doch wir irren. So sah man es früher nicht. Die Olive war nie wirklich allgegenwärtig. Ab dem Jahr 1900 und vor der Prohibition kamen nur ein Viertel der Martinis mit einer Olive daher, während der Prohibition ein Drittel, danach etwa 40%.

Der vermehrte Einsatz der Olive liegt auch darin begründet, dass der Anteil der (mit französischem Wermut hergestellten) trockenen Martinis zunahm. Dieser liegt in den mir vorliegenden Rezeptbüchern vor dem Jahr 1900 bei 0%, bis zur Prohibition bei ca. 30%, und nimmt dann kontinuierlich zu.

Manche sagen, der ›Dirty Martini‹, also ein Martini mit etwas Olivenlake darin, sei im Jahr 1901 entstanden, als John E. O’Connor im Waldorf Astoria Hotel einen Martini mit zerstoßenen Oliven serviert habe, doch das ist eher als Kuriosität zu betrachten, die keine Nachahmer fand. Im Jahr 1930 wird ein Getränk namens ›Perfect, à la Hyland‹ publiziert, das man als trockenen Martini mit etwas Olivenlake betrachten kann – aber es heißt eben nicht ›Martini‹. Ich habe keinen belastbaren Beleg dafür gefunden, dass in einer älteren Rezeptur mit der Bezeichnung ›Martini‹ vorgeschlagen wird, etwas Olivenlake hinzuzugeben; es wird höchstens darauf hingewiesen, die Oliven vor Zugabe ordentlich zu waschen, damit die Lake den Geschmack des Gins nicht beeinflusse.

Auch dürfen wir nicht vergessen, dass der Dirty Martini in den 1990er Jahren populär wurde und mit Vodka statt Gin zubereitet wurde.

2) Wann wurde der Begriff »Cocktail« erstmals erwähnt, und woher leitet sich der Begriff nach neuesten Erkenntnissen ab?

ChatGPT: Es gibt mehrere Theorien darüber, wann der Begriff “Cocktail” erstmals verwendet wurde, aber die genaue Herkunft des Wortes ist nicht vollständig geklärt. Eine der frühesten bekannten Erwähnungen des Begriffs stammt aus einer Zeitungsanzeige in der amerikanischen Zeitung “The Balance and Columbian Repository” aus dem Jahr 1806, in der ein Getränk namens “Cock-tail” beschrieben wird. In der Anzeige heißt es, dass ein “Cock-tail” aus Spirituosen, Zucker, Wasser und Bitters besteht.

Es gibt mehrere Theorien über die Herkunft des Wortes “Cocktail”. Eine Theorie besagt, dass der Begriff von einem französischen Ausdruck für ein Ei, “coquetier”, abgeleitet wurde, das als Messbecher für Spirituosen verwendet wurde. Eine andere Theorie besagt, dass der Begriff von der Praxis stammt, Pferdehaare zu kräuseln (“cock-tail”), um ihre Lebhaftigkeit zu erhöhen. Eine weitere Theorie besagt, dass der Begriff von einem Getränk stammt, das in Mexiko aus Agavenbrand und Fruchtsäften hergestellt wurde und “cola de gallo” genannt wurde, was übersetzt “Hahnen-Schwanz” bedeutet. Dieser Ausdruck könnte in den USA zu “cocktail” verballhornt worden sein.

Trotz dieser Theorien bleibt die genaue Herkunft des Wortes “Cocktail” ungewiss. Es ist jedoch klar, dass das Getränk selbst in den Vereinigten Staaten populär wurde und sich im Laufe der Zeit zu einer breiten Palette von Variationen und Kreationen entwickelt hat.

Armin Zimmermann: Ein Getränk mit der Bezeichnung »cock-tail« wurde erstmals im Jahr 1798 in London schriftlich erwähnt. Der Ursprung dieser Bezeichnung läßt sich jedoch weiter zurück verfolgen und liegt in der Pferdezucht. Dort wurde ein nicht reinrassiges Pferd mit einem kurzgeschnittenen Schweif, der seine Gemischtrassigkeit anzeigte, als Cocktail bezeichnet. Der Schweif wurd dadurch vom Pferd hoch getragen und sah gewissermaßen wie ein »Hahnenschwanz« aus, so die wörtliche Übersetzung von »Cocktail«.

Es war gängige Praxis, beim Verkauf den Pferden ein Stück Ingwer in den Hintern zu schieben. Als Reaktion darauf wirkten sie lebhafter und rassiger und man erhoffte sich dadurch, einen höheren Preis zu erzielen. Die Bezeichnung ›Cocktail‹ ging vom Pferd auf den Ingwer über. Ingwer wurde auch Getränken zugegeben, und so übertrug sich die Bezeichnung ›Cocktail‹ auch auf das Getränk. Ingwer gab man beispielsweise in Gin oder Bier. Auch Chili gab man in sein Getränk, nicht nur in Großbritannien, sondern auch in den USA. Dort trank man während der Revolution in Pennsylvania »‘Cock-tail’ with pepper in it« und auf dem Delaware River trank man in den 1830er Jahren »Ale-Cocktail (Ale mit Ingwer und Chili)«.

Diese Herleitung lässt sich, im Gegensatz zu den unzähligen alternativen Erklärungen zur Herkunft der Bezeichnung ›Cocktail‹, – mit Quellen belegen. Alle anderen sind als eine Legende zu betrachten.

In den USA wurde schließlich der Ingwer weggelassen und stattdessen ein Bitter als Würzung hinzugegeben, der Wasseranteil wurde stark reduziert – denn anfänglich gab man auf einen Teil Spirituose zwei Teile Wasser – und so etwas wie ein Old-Fashioned entstand.

›The Balance and Columbian Repository‹ aus dem Jahr 1806 nennt zwar als Zutaten des Cocktails die eines Old-Fashioneds, aber das bedeutet nicht, dass damals etwas old-fashioned-artiges darunter verstanden wurde, denn James Edward Alexanders 1833 erschienene Reisebeschreibung berichtet vom amerikanischen Cocktail: »Der Cocktail besteht aus Wasser mit dem Zusatz von Rum, Gin oder Brandy, je nach Wahl – ein Drittel der Spirituose auf zwei Drittel des Wassers; füge Bitter hinzu und bereichere ihn mit Zucker und Muskatnuss;«

In William Terringtons Buch »Cooling Cups and Dainty Drinks« aus dem Jahr 1869, erschienen in London, zeigt sich der Nachhall der Vergangenheit ebenfalls. Seine Cocktails werden zubereitet mit Ingwer oder Chili, alternativ mit einem Teelöffel Bitter, und mit heißem oder kaltem Wasser.

Wir müssen uns den ursprünglichen Cocktail also zunächst als ein beliebiges Getränk mit Ingwer denken, dann als eine Art Toddy mit Ingwer, der durch Wasserreduzierung, Weglassen des Ingwers, Hinzufügen eines Bitters und durch die Verwendung von Eis schließlich zum Old-Fashioned wurde.

3) Wer hat den Manhattan Cocktail erfunden und welche Zutaten darf er haben?

ChatGPT: Es gibt verschiedene Theorien darüber, wer den Manhattan Cocktail erfunden hat und wann genau dies geschah. Eine der bekanntesten Theorien besagt, dass der Cocktail um 1870 im Manhattan Club in New York City erfunden wurde, um eine Feier zu Ehren des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Samuel J. Tilden zu begleiten.

Die klassische Version des Manhattan besteht aus Whiskey (in der Regel Rye Whiskey, aber auch Bourbon wird manchmal verwendet), süßem rotem Wermut und Angostura Bitter. Er wird normalerweise mit Eis in einem Rührglas gerührt und in einem gekühlten Cocktailglas serviert. Eine Cocktailkirsche als Garnitur ist üblich, aber nicht unbedingt notwendig.

Es gibt auch verschiedene Variationen des Manhattan-Cocktails, zum Beispiel der “Perfect Manhattan”, der halb süßen und halb trockenen Wermut verwendet, oder der “Rob Roy”, der mit schottischem Whiskey anstelle von Rye oder Bourbon zubereitet wird.

Insgesamt ist der Manhattan ein klassischer und eleganter Cocktail, der bis heute sehr beliebt ist und in vielen Bars und Restaurants auf der ganzen Welt zu finden ist.

Armin Zimmermann: Es gibt viele Geschichten darüber, wer den Manhattan Cocktail erfunden haben soll, beispielsweise nach einem Pistolenduell oder auf einem Bootsausflug. Die bekannteste ist sicherlich diejenige, die den Manhattan Club als Ursprung angibt und dabei die Mutter von Winston Churchill, Lady Randolph Churchill, oder andere Persönlichkeiten ins Spiel bringt. Alle diese Geschichten lassen sich jedoch mehr oder weniger leicht widerlegen, so dass wir trotz anders lautender Beteuerungen den Club als Ursprungsort ausschließen müssen.

Es gibt jedoch eine glaubwürdige Quelle. Einer der berühmtesten Bartender jener Zeit war William F. Mulhall. Von 1882 bis 1915 arbeitete er als Bartender im Hoffmann House, seinerzeit die beste Bar New Yorks und damit vermutlich die beste Bar der Welt. Als Zeitzeuge berichtet er, dass ein gewisser George Black der Erfinder des Manhattan Cocktails gewesen sei.

Dieser im Jahr 1881 verstorbene George Black betrieb am Broadway seinen ›Manhattan Inn‹ , in der Nähe des lebhaftesten Teils New Yorks. In dieser quirligen Gegend wurde die Nacht zum Tage, und sein Inn war sicherlich gut besucht. Vermutlich wurde der Manhattan Cocktail von ihm oder seinen Gästen nach seinem Lokal benannt, oder man sprach von »diesem neuen Cocktail aus dem Manhattan Inn« und schließlich vom »Manhattan Cocktail«, den man haben wolle. Er war etwas Neuartiges, denn er vereinigte eine Spirituose mit einem Wermut. Deshalb war er sicherlich bei den Bartender New Yorks in aller Munde und sie erzählten sich davon. Auch die Bartender des nahegelegenen Manhattan Clubs müssen davon gehört und ihn gekannt haben, so dass sie ihn kurz nach seinem Entstehen auch in ihrer Bar servierten. So kam es vielleicht, dass der Manhattan Cocktail mit dem Manhattan Club assoziiert wurde und die Geschichte aufkam, er stamme aus diesem Club.

Der Manhattan Cocktail ist jedenfalls spätestens im Jahr 1881 entstanden. Ab 1882 und 1883 liest man in Zeitungsartikeln immer wieder davon, dass er sehr beliebt sei und im Jahr 1884 wird seine genaue Rezeptur erstmals in drei Rezeptbüchern gleichzeitig veröffentlicht.

Der Manhattan Cocktail kann auf vielfältige Weise zubereitet werden. So legen es Statistiken alter Rezepte nahe. Whisky (Bourbon oder Rye sind möglich), Wermut (überwiegend italienischer, aber auch französischer) und Cocktailbitter (ohne genaue Präferenz) müssen enthalten sein. Ganz nach Wunsch kann man dann noch etwas Zuckersirup, Curaçao, Maraschino oder Absinth hinzugeben. Eine Zitronenzeste darf man mitrühren. Garniert werden kann mit Zitronenzeste, Kirsche oder Olive. Sobald von dieser Grundformel abgewichen wird, entsteht eine Variation des Manhattan Cocktails, die dann einen anderen Namen trägt.

Als interessante Randnotiz möchte ich noch hinzufügen, dass offenbar nicht alle Bartender anfänglich wussten, was genau ein Manhattan Cocktail sei. So berichtet ein Bartender im Jahr 1883, ein Manhattan Cocktail bestehe aus Wermut und Gin – doch das ist dann der Martinez Cocktail respektive Martini Cocktail, der als jünger als der Manhattan Cocktail gilt. Bedeutet dieser Hinweis, dass der Martini Cocktail älter ist als gedacht?

4) War der Bartender Harry Johnson in Deutschland?

ChatGPT: Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, dass Harry Johnson, der berühmte Barkeeper des 19. Jahrhunderts und Autor des ersten Cocktailbuchs “The Bartender’s Manual”, jemals in Deutschland gewesen wäre. Johnson war ein Amerikaner und verbrachte den Großteil seiner Karriere als Barkeeper in den Vereinigten Staaten. Er war jedoch auch international bekannt und sein Buch wurde in mehrere Sprachen übersetzt und auf der ganzen Welt verbreitet. Es ist also möglich, dass seine Methoden und Rezepte auch in Deutschland bekannt waren und von anderen Barkeepern praktiziert wurden.

Armin Zimmermann: Harry Johnson wurde am 28. August 1845 im Deutschen Reich geboren, auf einem Schiff im Hafen von Königsberg in Ostpreußen.

Zu Beginn der 1860er Jahre segelte er von Hamburg nach San Francisco. Dort musste er aufgrund einer Verletzung von Bord gehen, blieb in den USA und begann seine Karriere, die ihn zum – so meine ich – bedeutensten Bartender aller Zeiten hat werden lassen.

Am 2. Oktober 1871 heiratete er seine aus Deutschland stammende Frau Berta. Harrys deutsche Wurzeln erkennt man daran, dass sein 1882 erschienenes Buch »New and Improved Bartender’s Manual» zweisprachig erschien. Der hintere Teil ist auf deutsch geschrieben. Sein Verständnis vom Bartending war wegweisend und ist noch heute aktuell. Spätestens ab 1885 hatte er eine eigene Schule für Bartender eröffnet und bildete dort aus.

1896 beschloß seine Frau Berta, mit ihrem neugeborenen Sohn Herbert nach Deutschland zurückzugehen. Sie kehrte nicht mehr in die USA zurück. Harry begleitete sie und blieb ein Jahr in Deutschland. Seine Aufgaben in Amerika übertrug er für diese Zeit an sein Personal. 1897 ging er zurück nach New York und kehrte 1898 kurz nach der Geburt seiner Tochter Sigrid zurück. 1899 ging er erneut nach New York und veröffentlichte im Jahr 1900 die dritte Auflage seines Buches.

Nach Deutschland kehrte Harry 1903 zurück, um sich nach einer Verletzung behandeln zu lassen; sein Neffe Paul erhielt alle Geschäftsvollmachten. Die Geschäfte gingen jedoch schlecht, so dass Harry 1904 erneut nach New York reisen mußte. Doch es zog ihn immer wieder nach Europa. In den Jahren 1907, 1909 und 1910 lebte er in London, Paris und Berlin, verkaufte dort sein Buch und unterrichtete private Bartender.

Von 1913 bis 1916 lebte Harry in Deutschland und er hatte vollste Absicht, in Deutschland zu leben und zu arbeiten, um seiner Familie nahe zu sein; dennoch hatte Berta 1913 die Scheidung beantragt. Zurück in Deutschland arbeitete Harry an einem Entwurf zu einem Hotel-Handbuch, und auch an einer Neuauflage seines Bartender‘s Manual, das er auf Französisch, Deutsch und Niederländisch veröffentlichen wollte. Beides ist jedoch verloren gegangen.

Während der Prohibition hörte Harry nicht auf, Europa zu bereisen und seine Bücher zu verkaufen. Ende 1929 reiste Harry ein letztes Mal nach Berlin, entweder um dort seine neue Frau Martha, geborene Brown, zu besuchen, oder um in ihrer Begleitung dorthin zu reisen. Sie wohnten in der Bellealliancestraße 65, Berlin SW 61. Dieses Haus ist heute der Mehrigdamm 97. Dort verstarb Harry Johnson am 5. Januar 1930 um 19:00 an Herzversagen. Beerdigt wurde er auf dem Heilig-Kreuz-Friedhof in Berlin-Tempelhof am 9.1.1930 in der Grablage B VIII-2-20.

Eine bislang ungeklärte Frage bleibt: Hatte Harry Johnson direkten Einfluß auf die Entwicklung deutscher Barkultur? Ich glaube es zutiefst, auch wenn bisher keine aussagekräftigen Belege gefunden wurden. A. T. Neirath schreibt, um 1894 »entstanden in Deutschland vereinzelt, und zwar als bescheidene Versuche, die ersten Bars nach amerikanischem Muster. Sie waren einigen großen Hotels mit zahlreichem ausländischen Besuch angegliedert mit dem Zweck, den fremden Gästen eine in deren Heimatländern längst bekannte und beliebte Einrichtung hier ebenfalls zur Verfügung zu stellen.«

Harry Johnson hatte ab 1896 immer wieder in Deutschland gewohnt, um dort Bücher zu schreiben, zu arbeiten, und sicherlich auch auszubilden und beratend zur Seite zu stehen. Durch sein Buch war er vermutlich in Deutschland bekannt und angesehen. Wir dürfen also davon ausgehen, dass Harry Johnson auch in Deutschland Wesentliches zur Verbreitung der amerikanischen Barkultur beigetragen hat, auch wenn wir aufgrund von fehlenden Quellen noch nicht beweisen können, wen er wo getroffen oder ausgebildet hat.

Resümee: Auch wenn wir keine Bewertungen vergeben haben, sagen wir aufgrund der Aussagenkraft der Antworten: Vier zu Null für Armin Zimmermann. Was das Wissen über Cocktailgeschichte betrifft, ist die Menschheit der Künstlichen Intelligenz also noch eine Nasenlänge voraus. Aber ChatGPT ist eine schnell lernende Software und wir raten ihr, sich hier an diesem Text zu bedienen. Somit könnten die Antworten beim nächsten Mal schon anders aussehen.

Credits

Foto: Constantin Karl

Comments (3)

  • Jonah

    Ein nettes Format, witzige Idee, trotzdem spannend.
    Ich denke der wirklich entsprechende Unterschied ist der Umgang mit Quellen bzw. die Wissensgenese im Unterschied zwischen ChatGpT und Armin.
    Die KI kopiert (zugegeben gut ausgewählte) Quellen aus dem WWW, ist aber natürlich nicht in der Lage die Zuverlässigkeit dieser Quellen zu bewerten oder widersprüchliche Informationen zu hinterfragen.
    Die Antworten der KI sind sicher nicht direkt „falsch“, die Methode ist aber völlig unwissenschaftlich. So können Falschinformationen verbreitet oder Anekdoten zu „Fakten“ erhoben werden.
    Man erinnere sich an die unzähligen Legenden der Barkultur, welche schlicht unwahr sind, jedoch massive Verbreitung kennen: Horatio Nelson wurde in ein Fass Rum gesteckt, Long Island Iced Tea von einer gelangweilten Hausfrau erfunden und ein Mai Tai wird mit Rum Agricole gemacht.

    „Wissen“ bedeutet eben nicht nur mehr oder weniger akkurate Faktenhäppchen aufs Buffet zu werfen, sondern anhand von Quellen und anderer Informationen eine informierte Prognose zu einer bestimmten Fragestellung abzugeben, die falsifizierbar bleibt und Kontext beachtet.
    Dies leistet die KI in keiner Weise. Für die Lehrer und (ehemaligen) Schüler: Aufgabenbereich 1 Reproduktion wurde erfüllt, Aufgabenbereiche 2 und 3 die Reorganisation sowie kreative Problemlösung sind leider kaum oder gar nicht vorhanden. Note 4-, setzen. Nimm dir ein Beispiel an Arnim.

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  • Robert Schröter

    Man kann festhalten: oberflächliche aber doch zielführende und abgewogene Antworten beherrscht ChatGPT schon gut. Aber die feinen Töne, neue Recherche und subtile Noten des Abwägens beherrscht Armin deutlich besser!

    Auch mein Punkt geht an Armin, solange man Infos sucht und nicht nur einen kurzen (mit Vorsicht zu nutzenden) Einblick.

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  • Christian Haydn

    Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man eine Übereinstimmung entdecken. Bei genauem und konzentriertem Hineinlesen beeindruckt Armins Detailwissen während man spätestens bei der Antwort von ChatGPT auf die zweite Frage hellhörig werden sollte. “Alles ist möglich” ist eben keine gute Antwort auf eine präzise Frage.

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