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drei/ Bar in Kassel | Mixology Magazin für Barkultur

Zwischen Kunst und Kung Fu Panda: Bar drei/ in Kassel

Christian Stracke und seine Bar drei/ sorgen in Kassel für Anspruch mit Understatement. Wir haben den Ort, der Bar, Galerie und Store in einem ist, besucht.

»Kassel, diese weiße Leinwand, die alle fünf Jahre für 100 Tage mit wasserlöslicher Farbe angemalt wird.«

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Ein Aushängeschild für Barkultur in Kassel

Angeblich soll Kassel ja deshalb als Standort für die documenta ausgewählt worden sein, weil die Stadt nichts zu bieten hat, was ablenken könnte. Und wer jemals mit dem Zug nach Kassel gereist ist, der weiß natürlich um den brutalistischen Bahnhof, der nicht so richtig in Kassel sein möchte und den Zusatz „Wilhelmshöhe“ trägt, benannt nach dem Stadtteil, in dem sich das Umsteigemonster befindet.

Bei aller großstädtischen Arroganz, für die sich der Autor des Textes auch gleich entschuldigen möchte, ist eben tatsächlich etwas dran, an dieser Idee der documenta. Denn in gewisser Weise ist Kassel eben auch eine weiße Leinwand, die alle fünf Jahre für 100 Tage mit wasserlöslicher Farbe angemalt wird, um dann vom Regen wieder weiß gewaschen zu werden. Das ist sehr reizvoll und gastronomisch natürlich sehr spannend.

So gibt es immer etwas Neues zu sehen, und Altes verschwindet. Eine Stadt, die sich im besten, metropolitischen Sinne ständig neu erfindet. Mixologisch hat die Stadt durchaus einiges zu bieten, und weil sich alles ändert und dreht und durcheinander spielt, lohnt sich ein Besuch auch immer wieder. Gerade zum Beispiel hat sich mit der Bar drei/ ein neues Eckchen auf der Leinwand mit Farbe gefüllt.

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»Die Bar ist eklektisch, ein Ort für alle, an dem sich jeder wohl fühlen kann.«

Die Bar drei/ liegt ebenerdig in einem Haus, das leer steht und den Charme einer Kreissparkasse hat. Gehören tut es übrigens tatsächlich der Sparkasse. Gegenüber kann die Dame mit Style sich bei „Pimp my Nails“ die Nägel machen lassen, nebenan kann sich die Dame mit Geschmack neu einkleiden, und noch eine Tür weiter kann sich der Herr mit etwas weniger Geschmack einen Fernseher kaufen, der größer ist als sein Auto. Und in die Bar drei/ können danach alle drei gehen.

Denn ähnlich wie der Ort, ist auch die Bar eklektisch, ein Ort für alle. Der Boden stammt noch von der Sparkasse. Weil aber in der Mitte des gerade gemütlich großen Raumes ein großer Tisch steht, an dem auch Gäste zusammenkommen, die nicht zusammen eingetroffen sind, weil die Kissen in den Fenstern Farbe und Wärme in den Raum bringen, weil das Licht der Tristesse vor der Tür ein Schnippchen schlägt und weil Inhaber Christian Stracke die Gäste an der Tür abholt, begrüßt und einweist in die Eschatologie der Bar, deshalb ist der Boden genau der Richtige und die Bar ein Ort, an dem sich eben jeder wohl fühlen kann.

Und ganz hinten im Raum, absolutes Understatement, befindet sich das eigentliche Herz der drei/: die Bar. Ausgewählte Spirituosen, nicht zu viel, und jede Menge Selbstgemachtes. Hinter der Bar stehen drei Menschen, Christian Stracke, der neben der Bar drei/ auch als Vertriebsleiter National bei Other Guys für Hessen unterwegs ist, und die beiden Bartender Vito Nicotra und Walter Bruch, der vorher in der noch jungen Hamburger dripBAR gemixt hat. Also drei für das drei/. Streng genommen ist die Bar auch nicht nur eine Bar. Sie ist Galerie, Store und Bar. Alle drei. So langsam rafft der Autor dann also auch, was es mit dem Namen auf sich hat.

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Christian Stracke, Walter Bruch und Vito Nicotra: Drei für drei/

»Walter Bruch holt das Beste aus dem Baijiu, der viel überreife, tropische Frucht in der Nase hat, auf der Zunge aber mehr von einem doppelt geräuchertem Mezcal hat.«

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Der Baijiu Cocktail Kung-Fu Panda

Bar drei/

Es gibt eine Monatskarte „drei/ lieblinge” und auf der steht zuunterst der Kung Fu Panda. Ein Drink mit einer Spirituose, die beim Barconvent 2018 für einiges Aufsehen gesorgt hat: Die chinesische Spirituose „Baijiu“ sucht man zur Zeit auf den meisten Cocktailkarten trotzdem vergeblich. Es mag daran liegen, dass Stracke am Vertrieb des einzigen deutschen Baijius, dem Ming River, maßgeblich beteiligt ist. Es mag aber auch daran liegen, dass der versierte Bartender Walter Bruch aus dem wilden Schnaps, der zwar viel überreife, tropische Frucht in der Nase hat, auf der Zunge aber mehr von einem doppelt geräuchertem Mezcal hat, das beste rausholt. Der Kung Fu Panda holt mit einem Mandarinen Cordial das auf die Zunge, was vorher in der Nase lag. Und so wird ein sehr würdevoller, tropischer Drink aus einer Spirituose, mit der zu arbeiten nicht immer einfach sein kann.

Wir kommen wieder, das steht fest; nach Kassel, an diesen Nichtort voller Nichtorte, auf die Wilhelmshöhe, in die Bar drei/. Und sind gespannt, wie sich das Gemälde dieser Stadt beim nächsten Mal verzerrt haben wird.

Credits

Foto: drei/ bar

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