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Ran Van Ongevalle und sein Clarita Cocktail: Öl für Speichellecker

Unter all den Aromatisierungsverfahren übersieht man oft eine ganz einfache, natürliche Geschmacksquelle: Öle. Ran Van Ongevalle hat damit den Schmelz einer belgischen Schokolade nachgebaut. Aber auch Spanien spielt beim Clarita Cocktail eine Rolle.

Bei aller Liebe zum Cuisine Style sieht man doch selten Cocktails mit einem Schuss Öl. Ist ja schließlich kein Salat, der Drink. Dabei hat gerade die Kombination von Säure, die sich so gut wie immer im Glas findet, mit Fett durchaus ihre Meriten. Warum also nicht gleich direkt mit der Ölkanne hantieren, statt mühsam die Klumpen vom Fat Washing aus der Flasche zu pulen? Letztlich waren es (angesichts des Heimatlandes seines Schöpfers) naheliegende Überlegungen, die zur Rezeptur des Clarita führten. Zwei ungewöhnliche Zutaten geben dem belgischen Sieger-Beitrag zur Bacardí Legacy 2017 den Charakter: Olivenöl und Meerwasser. Und nein, das Rezept entstand nicht in Spanien oder Italien, auch wenn Name und Zutaten das vermuten lassen.

Denn das verwendete Öl ist lediglich als Hommage an die Schokoladen-Kultur Belgiens zu verstehen. Und das sparsam eingesetzte Meerwasser hat einen persönlichen Grund: „Ich lebe am Meer“, lacht Ran Van Ongevalle, der aus der bekanntesten Bar-Dynastie des Landes stammt. Vater Jan und Schwester Hannah, ihrerseits bereits World Class-Finalistin 2014, stehen mit ihm gemeinsam in Knokke-Heist im The Pharmacy am Tresen. Zuletzt stieg auch die jüngste Van Ongevalle-Schwester ins Familienbusiness am Shaker ein.

Nordseewasser und Atlantik-Salz

„Salz fungiert aber auch als Geschmacks-Stimulator“, so Ran, der damit auch die maritimen Noten des 30 Jahre alten Amontillado unterstützt. „Ich trinke sehr gerne Sherry“, so der Belgier, der die edle VORS-Qualität für seinen Drink gewählt hat. Wer angesichts von Absinth und Sherry in dem Sunny Boy von der Nordseeküste einen Traditionalisten vor sich zu haben glaubt, irrt sich.

„Ich glaube, dass die Zukunft des Bartendings auf unseren Schultern liegt, und daher sollten wir nicht nur zurückschauen“, meint er ohne Koketterie. Entsprechend progressiv geht es der Belgier an, „schließlich müssen wir die neuen Wege und Denkweisen für die kommende Bar-Generation suchen.“ Ran Van Ongevalle, der Tony Conigliaro und Dave Arnold als Vorbilder nennt, sieht in seinem Clarita daher zweierlei. „Inspiriert von der Vergangenheit, aber mit zeitgemäßem Wissen und futuristischen Gedanken.“

Japan ruft Belgien: Kaizen am Tresen

Auffällig ist die permanente Verbesserung, die Ran anstrebt. Was in Business Schools als „Kaizen“ gelehrt wird, ist auch ihm ein ständiger Auftrag – was kann ich noch besser machen, lautet die Frage, die ihn umtreibt. Oder besser: sogar ins Labor führt. So gab es schon eine „Supersonic“-Version, dabei wurde der Clarita mit Schallwellen gealtert (ohne Holz-Noten wie beim Barrel Aging einzubringen). Präziseste Mengenangaben wie die 0,08 cl vom Nordseewasser unterstreichen den Perfektionismus hinter der Kreation. Aber auch an der belgischen Pralinen-Note wurde weiter gefeilt.

Denn der Geschmack, vor allem aber die Textur der Schokoladen, stellt eine der Inspirationen für den Cocktail dar. Insofern hat der Mann aus Knokke am Ende auch einen Öl-Wechsel vorgenommen. War es bei der Einreichung des Drinks zur Bacardí Legacy noch Erdnussöl, mit dem das cremige Mundgefühl erzeugt wurde, blieben die Nüsse draußen. Mittlerweile findet sich in der Rezeptur nämlich ein finaler Guss mit Olivenöl wieder.

„Am Ende hatte das Olivenöl doch einen größeren Geschmacksanteil als alle anderen Öle.” Das Arbequinaöl kommt ganz am Ende auf den Drink, damit der Gast ein samtiges Mundgefühl spürt. „Wenn wir Fett schmecken, produziert unser Körper aber auch mehr Speichel“, hat der Barchef aus Knokke seine physiologischen Hausaufgaben gut gemacht, “und je mehr Speichel, desto mehr Geschmack – und desto besser ist das Leben!“

Comments (3)

  • Jens Kümmerer

    Jetzt würde mich doch mal interessieren – und zwar ernsthaft -, mit welcher Technik man 0,08 cl genau abmisst? Ich bin selbst ein Freund davon, gerade bei intensiven Zutaten sehr genau abzumessen, aber so genau? Dank Messlöffeln ist 0,125 cl (1/4 BL) kein Problem. Aber noch genauer? Kann jemand helfen?

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    • Redaktion

      Hallo Jens,

      prinzipiell hast Du natürlich recht: Das ist schon eine extreme Form des Maß-Nehmens. Gleichzeitig steht es natürlich jedem frei, seine Rezepturen so zu entwickeln – zumal Salzwasser eben überaus exakt dosiert werden muss. Ran van Ongevalle hat sich für dieses Maß entschieden, wahrscheinlich um der diffusen Angabe “1 Dash” o.ä. aus dem Weg zu gehen.
      Ein guter und simpler Weg, starke Essenzen exakt zu dosieren, sind z.B. einfache Spritzen (ohne Nadeln), die man in jeder Apotheke bekommt. Die kosten fast nichts und lassen eine Dosierung auf den Zehntel-Milliliter, wie hier im Beispiel erforderlich, in vielen Fällen problemlos zu. Besser als jede Pipette.

      Herzliche Grüße // Nils Wrage

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  • Ran Van Ongevalle

    Hello Jens,

    Thanks for saying, I have just noticed that the unit I use is 0,8ml which is equal to 1 dash.

    So you could state that the recipe is as following :

    60ml Bacardi 8
    10ml Amontillado Sherry
    4ml ( or 1 barspoon) Chocolate Creme
    1,6ml (or 2 dashes) Absinthe
    0,8ml (or 1 dash) Seawater

    Hope this explains it a bit, if you have more questions, please do ask!

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