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Cocktailoasen in der Wüste

Die Arabischen Emirate Dubai und Abu Dhabi öffnen sich der Welt von Jahr zu Jahr mehr, vergleichbar etwa anderen neuzeitlichen Wirtschaftswundern wie Singapur oder Taipeh. MIXOLOGY ONLINE möchte herausfinden, ob sich diese Entwicklung auch in der Cocktailkultur der Wüstenmetropolen widerspiegelt.
Grundvoraussetzungen
Erst vor 43 Jahren schlossen sich die sieben einzelnen Emirate zu den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammen und haben sich seither, abgesehen vom föderalen Überbau, in überaus unterschiedliche Richtungen entwickelt. Am deutlichsten wird dies bei der Führung des Lebensstils: Abu Dhabi und vor allem Dubai haben sich seit den 1970er Jahren aus kahlen, fast verlassenen Wüstenstaaten in fruchtbare Oasen des Handels und der Ölförderung gewandelt.
Damit wurden derart viele Ausländer samt deren Kultur und Gepflogenheiten angezogen, dass in den Hotels dieser zwei größten Emiraten inzwischen sogar Alkohol ausgeschenkt wird. Dagegen blieb  zum Beispiel das direkt nördlich von Dubai gelegene, stärker durch einen konservativen Islam geprägte Emirat Scharjah alkoholisch weiterhin komplett trocken.
Stahl, Glas und Sand
Aufgrund dieses Booms ist Dubai einer jener typischen Orte, an denen es primär um das Sehen-und-Gesehen-werden geht. Da das neue Stadtzentrum aussieht wie ein nur spärlich besetztes Schachbrett und jeder ausschliesslich in gigantischen Einkaufszentren flaniert, fällt dies auch nicht schwer. Die verstreuten Wolkenkratzer lassen den Blick großzügig frei auf jeden röhrenden Ferrari oder Helikopter. Noch erstrecken sich allerorts unverspekulierte Sandbrachen und lassen keinerlei Gefühl von urbanem Leben aufkommen.
Und da die eigentliche Altstadt Dubais bezüglich Bars nichts zu bieten hat, können wir die Bartour nicht mit einem alkoholischen Spaziergang verbinden. Stattdessen werden wir Teil der sich kilometerweit schnurgerade dahinwalzenden Blechflut des zentralen Highways.
Guter Start
Wir beginnen ganz unten – in der Tiefgarage des Zuma Restaurants. Diese Restaurantkette mit japanischem Thema betreibt zwei ihrer acht Läden in Dubai und Abu Dhabi. Wir werden von unserem Fahrer im Kellergeschoss abgesetzt und mit einem todschicken Fahrstuhl in die Bar in der zweiten Etage gefahren.
Die Barkeeper sind trotz vorerst nur wenigen Gästen schon ordentlich beschäftigt mit dem Schnitzen von Eiskugeln und Organisieren von Schubladen. Ein Gespräch geht demnach nicht über die Präsentation der Karte hinaus. Schnell sind ein japanisch leichter Boulevardier mit Aperol und ein großartiger Twist auf den Manhattan bestellt: mit Ron Zacapa, trockenem Dolin und PX Sherry steigt man hier qualitativ hoch ein.
Ein Gespräch mit den Bartendern ist dann doch noch möglich und nachdem unsere Kreditkarte im Anschluss an die Bezahlung scheinbar deutlich leichter zurückkehrt, folgen wir ihrer Empfehlung in die erst kürzlich eröffnete GQ Bar im JW Marriott.
Print im Treibsand
Das JW Marriott brüstet sich zweier Bars. In der im 71. Stock befindlichen Bar ist der Ausblick aus dem Fenster deutlich interessanter, als der Einblick in die Karte. Wir flüchten also schnell wieder in die nach dem „Männer-Lifestylemagazin“ GQ benannte Bar im Erdgeschoss. Das Blatt erwartet wohl das Ende gedruckter Magazine und least daher seinen Namen unter anderem an die Gastronomie, lernen wir vom Barteam.
Wir entscheiden uns gegen eine Meinungsbildung diesbezüglich und für einen Woody Allen sowie einen Sun Tzu. Ersterer ist ein mitAhornsirupschaum gekrönter Old Fashioned, der leider sehr zuckrig daherkommt. Der Sun Tzu versucht, die Kunst des Krieges in Form von Zitronengras, Ingwer, Umeshu und Tanqueray zum Ausdruck zu bringen. Auch er ist leider recht süß.
Geheim im Hauptfoyer
Wie von arabischem Gebäck verklebt, verabschieden wir uns also vom höflichen Team im durchdesignten Ambiente und begeben uns auf die Suche nach einem Speakeasy im Foyer des Conrad Hotels. Scheinbar bedeutet die Vokabel “Speakeasy” jedes Jahr etwas anderes und macht mittlerweile auch vor globalen Hotelketten nicht Halt: Im “Suga” ist das gesamte Interieur wieder nichts anderes als todschick. Kaum nötig zu erwähnen, dass wir auch hier wieder beinahe die einzigen Gäste sind. Wo sind denn nur alle anderen?
Unter den „Spezialitäten des Hauses“ finden wir nur mehrere Dekaden alte Klassiker. Wir lassen uns also zum French 75 und einem Rum-Sherry-Manhattan beraten. Der Name als auch die Ingredienzien des Letzteren sind hier deutlich weniger hochwertig und wir bedauern diese traurige Kopie unseres ersten Drinks dieser Nacht im Zuma. Zeit für ein Gespräch gibt es allerdings ausreichend und dabei wird uns die Bar im Armani Hotel ans Herz gelegt.
In luftiger Höhe
Jene Bar im Foyer des Armani Hotels im Fuße des welthöchsten Gebäudes Burj Khalifa stellt sich trotz Empfehlung jedoch nicht als herausragende Bar heraus. Solide gemachte Klassiker und minimaler Chic sitzen zwar perfekt wie die Anzüge ihrer Marke, sind hier jedoch keiner weiteren Beschreibung wert.
Also begeben wir uns zur Bar Atmosphere, welche sich auch im Burj Khalifa, jedoch im 122. Stockwerk befindet. Allerdings müssen wir am Erdgeschossempfang feststellen, dass eine Reservierung benötigt wird. Und selbst wenn noch vor unserem Abflug ein Platz frei gewesen wäre, hätten wir uns die Tischgebühr von 65-85 Euro wohl zwei mal überlegt. Denn dies wäre für uns vielleicht die erste Bar mit Weltklasse-Ausblick gewesen, welche auch Weltklasse-Drinks serviert…
Fazit: etwas weniger Show!
Die von uns gekosteten Drinks waren alle solide doch kaum Aufsehen erregend. Und im Lichte von 20-35 Euro pro Glas sind wir weniger begeistert von dieser Baroase. Denn auch ohne die Bar-Atmosphäre fühlt sich unser Portmonee nach dieser Tour Besorgnis erregend leicht an.
 
Zuma Dubai
Gate Village 6, Podium Level, Sheikh Zayed Road
GQ Bar / JW Marriott Marquis
121000 Sheikh Zayed Road, Business Bay
Conrad Hotel Dubai
115143 Sheikh Zayed Road, World Trade Center
Athmosphere Bar / Burj Khalifa
1 Mohammed Bin Rashid Boulevard, Downtown Dubai

Credits

Foto: Dubai via Shutterstock

Comments (2)

  • Stefan

    Das mit dem reservierung-haben-gemüsse im Atmosphere ist reines getue. Unter dem vorwand für ein anstehendes wichtiges geschäftstreffen den laden mir anschauen zu müssen war ich mal drin (nachdem mir versichert wurde sie seinen wieder leider ausgebucht heute) und es waren am ende ganze zwei tische besetzt. Ich fand das alles ein wenig albern.

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  • Sebastian

    In Dubai sollte ein Besuch bei Dominik MJ im Ritz Carlton die erste Adresse sein

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