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Coda Bar – Drinks, Desserts, Da Capo

Die Küche gibt den Takt vor, die Bar findet sich in den Rhythmus ein: In der neu eröffneten Coda Bar in Berlin-Neukölln geht es um die Wahl der richtigen Begleitung. Im Vordergrund steht das Dessert, Cocktails sind der Tanzpartner dazu. Zu Besuch bei einem mutigen Konzept.

„Ist das hier dieses Dessert Bar?“ lautet die Frage, die am Abend noch oft gestellt wird, wenn Gäste den Gastraum an der Neuköllner Friedelstraße betreten. Gleich am Eingang steht der Bartresen und so ist es oft Barchef Julian Kunzmann, der die Frage schmunzelnd bejaht und die Fragenden hereinbittet. Aussen an dem Gebäude ist kein Schild, kein Hinweis auf Namen und Ort angebracht. Diskret fügt sich der elegante Raum in das raue Pflaster von Kreuzkölln.

Pianissimo

Das Konzept ist sehr ungewöhnlich. Es geht um Getränke – das verrät das „Bar“ im Namen, aber in erster Linie geht es um die Inszenierung des Abschlusses eines jeden trefflichen Mahls. Es geht um das Dessert. Der Name der Bar ist fein gewählt. In der Welt der Musik steht „Coda“ für den harmonischen Ausklang einer Komposition. Gleichsam bezweckt das Dessert im Menü eine ähnliche Intention und wird doch allzu oft nur unzureichend gewürdigt.

Der Kopf hinter dem Gesamtkonzept ist Oliver Bischoff. Der Diplom-Designer war in Berlin bereits an so manchem pfiffigen Gastro-Konzept beteiligt, wie etwa der Long March Canteen, dem Yumcha Heroes und dem Toca Rouge. Nach den drei asiatischen Leitmotiven kommt nun der Geistesblitz zum Nachtisch. In der Küche wirkt René Frank, der bereits mehrfach Würdigungen seiner Arbeit, z.B. als „Patissier des Jahres“, zugesprochen bekam und nun seine Erfahrungen aus der Sternegastronomie und internationalen Engagements zwischen Spanien und Japan in seine Kreationen einfliessen lässt.

Crescendo

René Frank beherrsch sein Handwerk meisterlich. Er wendet Geräte und Techniken der Patisserie an und erzeugt verblüffende Spiele der Aromen sowie Texturen und lässt die Geschmacksnerven tanzen. Nie ist einer der Gänge eindimensional, nie findet eine Wiederholung statt. Süß, sauer, bitter, salzig – sie alle tragen ihren Teil im Aromenorchester auf Franks Dessert-Klaviatur bei. Aubergine spielt im Dreivierteltakt mit Pekanuss und wird begleitet von Apfelbalsamico und Lakritzsalz. Zum Tango bitten Schokolade, Pflaume, Zichorie, Haselnuss und Holzkohle. Und als Polka beschwingen Zitrone, Karottengrün, Cashews, Roggen und Bergamotte.

Jeder Teller ist auch optisch ein Kunstwerk und nach jedem aromatischen Erlebnis, also nach jedem Gang, bekommt man Lust auf einen weiteren. Die Preise sind fair und ermöglichen eine bunte Reise durch die Aromenwelt des Coda. Drei Gänge kosten 24 Euro, die Getränkebegleitung zu dem Dreigang-Erlebnis schlägt mit 17 Euro zu Buche.

Mezzoforte

Getränkebegleitung ist das Stichwort am Bartresen, der über ein Dutzend Plätze verfügt, die den Blick in die offene Küche ermöglichen. 25 weitere Gäste nehmen an den Tischen ringsum Platz. Neben den Speisen soll in der Coda Bar die perfekte Getränkebegleitung eine sehr wesentliche Rolle spielen.

Julian Kunzmann ist vielen Berlinern noch aus seiner Zeit im Limonadier im Kreuzberger Bergmannkiez bekannt. Er ist der Kopf hinter der Getränkebegleitung zu den komplexen Nachspeisen. Keine leichte Aufgabe, aber Kunzmann geht sie mutig an. Die Cocktails werden ähnlich rätselhaft angedeutet wie zuvor die Speisen: Traube, Nuss und Alge mündet in eine Mixtur aus Cognac, Traubenkernöl und Maraschino. Zu dem oben erwähnten Schokoladengang ergänzt eine ungewöhnliche Mischung aus Lambrusco und getorftem Single Malt Whisky das Erlebnis. Zuweilen darf es auch eine pure Spirituose sein wie ein Sake, auch eine feine Bierauswahl und vortreffliche Weine sind als Begleiter möglich.

Die Küche gibt natürlich den Takt vor und so muss die Bar sich in den Rhythmus einfinden, um ihn angemessen unterstützen zu können. Glas und Präsentation der Drinks könnte ein wenig ansprechender sein. Optisch sind Teller und Glas nicht auf Augenhöhe. Viele der Drinks sind faszinierend und ideal abgestimmt zu den jeweiligen Gängen. Ob man sie alleine, also ohne den begleitenden Teller, ebenfalls lustvoll und wiederholt bestellen möchte, ist eine andere Frage. Die mögliche Bestellung eines Cocktail–Klassikers à la Manhattan oder Rum Sour ist Verhandlungssache.

Diminuendo

Wer also bei dem Begriff „Bar“ automatisch an Moscow Mule und Singapore Sling denkt, ist in der Coda Bar nicht am idealen Ort. Es ist eben eine Dessert Bar, keine Digestif-Bar. Auch wenn das geradlinige, klare Design mit Kanten, warmen Holztönen und kühlen schwarz-grauen Akzenten einem modernen Cocktailbar-Charakter durchaus entspricht. Die Drinks sind ungewöhnlich, aber am meisten faszinieren sie in dem Pairing-Paukenschlag mit den Gerichten.

Das Dessert an sich ist ein wundervoller Ausklang eines Abends. Das Coda ist ein wundervoller Auftakt für eine neue Ebene der aromatischen Erlebniswelt im kulinarischen Berlin. Daher nun: Coda.

 

Credits

Foto: Fotos via Johann Goossen

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