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Cola, Cocktail … Kokolores?

Cola im Cocktail klingt für das Gros der Genuss-Gemeinde nach einem Sakrileg. Dabei hört man es mauscheln und munkeln, eine gemeinsame Zukunft des Koffeinzuckers und des Cocktails sei möglich. Auf Spurensuche nach einer Symbiose mit Geschichte und – mittlerweile wieder – Geschmack.

Und die Rede ist nicht von Jacky Cola. Obwohl die Cola angesichts der Whiskeys, die man da getrunken hat, vermutlich das Schlimmste vereitelt hat – nämlich den Whiskey pur zu trinken. Im Grunde schwer zu sagen, welche Zutat da dankbarer Weise die andere verdünnt hat. Dennoch hat sich die Kombination irgendwie gelohnt, sei es für drei Fotos, derer man sich bis ans Lebensende erfreuen wird, für die Geschmacksnerven, die diese Evolution der Sinneszellen überlebt haben und dafür, dass man es hinter sich hat. Und so mancher Jugend auf dem Dorf hätte Beträchtliches gefehlt. Außerdem hat keiner von uns mit Whiskey Sour angefangen. Und so führen ja bekanntlich viele Wege ins aromatische Rom, auch der über Jacky Cola.

„Koksen ist achtziger.“

Cola kommt im Allgemeinen nicht besonders gut weg in der Welt des guten Geschmacks. Das mag an diversen Kindergeburtstagen liegen, an denen man nach zu viel „Koala“-Bären und Kola-Bechern nur noch im Eck lag und das Schokoladenspiel verpasst hat. Oder eben an Jacky-Cola im Jugendhaus. Oder eben an Coca-Cola im Allgemeinen – man kann ja nun nicht gerade behaupten, dass der Konzern ein Sympathisant derer ist, die sich um Gesundheit, Gerechtigkeit oder Grundrechte scheren. Oder eben um überhaupt irgendetwas.

Mit Afri Cola wurde das ein klein wenig anders. Den Abend mit einer wohlgeformt bepalmten Flasche zu verbringen, die Wim Wenders höchstpersönlich bewirbt, ist besser als ein bloß alkoholabstinenter Ausbeuter zu sein. Image und Identifikation trinken ja bekanntlich mit. Gerade diese Trinkrunde haben die Fritz-Brüder bereichert. Mit den Limos sowieso, mit der fritz-kola auch und selbst Diabetiker können durch die Stevia-Variante mitmachen. Mit fritz hat es die Cola endgültig aus dem Klischee des Fast Food Drinks in Ernährungsdokus über überzuckerte und –fettete Gesellschaften geschafft. „Nur Wasserwerfer machen wacher“ heißt es auf der Schanze und „Koksen ist achtziger“ in Berlin – das Szenegetränk sitzt und mit der Kampagne „Pfand gehört daneben“ sowieso.

Immer auf die Cola

Nun hat die Cola es zwar wieder auf den Radar der Tag- und Nachtgetränke geschafft, doch um einen distinguierten Gaumen zu beweisen trägt die Bestellung einer fritz-kola eben doch nicht bei. Und, viel wichtiger, dem Bartender reicht es in der Regel auch nicht, den Kühlschrank zu öffnen und einen Kronkorken zu entfernen. Werfen wir also einen Blick auf die Möglichkeiten, die wir dank Cola haben – wie wir dem Wachmacher der 1930er Jahre frönen können, ohne uns allzu sehr an der globalen Ausbeutung zu beteiligen und dabei auch noch Freude am Schütteln und Schmecken haben.

Da gibt es beispielsweise den Long Island Ice Tea. Passenderweise geht es ihm ein bisschen wie der Cola: Er existiert, weil man in der Pubertät so gut wie alles trinkt und weil man konsumierenderweise wach bleiben will. Entstanden soll er sein, weil man ihn sich an einer fremden – also der des Ehepartners oder der Eltern – Hausbar relativ leicht mixen kann. Von jedem Alkohol etwas und am Schluss ein Schuss Cola drüber, damit man nicht erkennt, was es ist. Klingt sehr amerikanisch, es wäre nicht verwunderlich, spielte die Prohibition da eine Rolle. Und obwohl die Cola es in diesem Drink mehr oder minder stil-, zumindest aber touristensicher geschafft hat, einen Platz auf der Karte zu ergattern, begann man auch hier, die Cola zu ersetzen. Mit Cranberrysaft wurde der Longdrink zum Long Beach Iced Tea, mit Red Bull zu Long Island Energy und zu Beverly Hills Iced Tea mit Champagner. Immer auf die Cola.

Holunderblüte, Honig und Klette

Abgesehen davon, dass der Long Island Ice(d) Tea nicht gerade das ist, was man sich unter einem kunstvollen Mixgetränk vorstellt, sollte man vielleicht einmal die Cola ins Visier nehmen – sitzt diese im Spiel mit den Aromen doch meist auf der Ersatzbank. Ist die Bier-Industrie erst gerade von einer Craft-Welle überspült worden, macht ein Blick auf den Globus der Craft Coke neugierig. Da gibt es beispielsweise die Karma Cola. Aus von fair bezahlten Bauern angebauten Bio-Kolanüssen bekommt die Karma Cola von einem Gremium aus Erwachsenen sowie Kindern beste Noten. Nämlich nach Kirsch und Karamell, nach Frucht und überhaupt Freude für jung und alt. Allerdings hat sie einen großen Nachteil: Sie ist nur in Großbritannien erhältlich. Auch hier ist Brexit mal wieder nicht gut für das Karma.

Ein bisschen einfacher wird es mit Fentimans. Nicht nur, dass die Flaschen einfach sehr schick sind, auch geschmacklich ist auf Fentimans Verlass. Wohingegen sich viele alternative Cola-Produzenten darauf kapriziert haben, Coca-Cola ähnliche Versionen herzustellen, hat Fentimans eigene Wege eingeschlagen. „Blumig, aber auf eine gute Weise,“ sagt ein Zehnjähriger dazu, „Holunterblüte, Klette und Honig,“ ein Erwachsener. Wie auch immer Klette schmeckt – Fentimans tut es.

Aschenputtel und Daiquiri Libre

Mit seinem gelernten Geschmack ist Cola eine dankbare Komponente im Ring der Aromen. Was nur irgendwie fehlt, ist der nächste Schritt, die Überprüfung der „Mixability“ jenseits der langweiligen und eindimensionalen Komfortzone Cola.

Kommt es auf die Cola an, ist Vodka mit Sicherheit eine Spirituose, welche der Cola auch ausreichend aromatischen Raum ließe. Aber auch hier sei ein Schritt weiter gedacht – denn Vodka muss nicht nur neutraler Alkoholgeber sein, sondern kann, wie der international aufkommende Trend „Craft-Vodka“ beweist, auch Geschmack haben. Womit so mancher Vodkaneuling durchaus in der Lage wäre, die gemeinsame Liaison auf eine neue Ebene heben.

Florian Renschin, Kopf des Freimut Wodka, empfiehlt daher eine Old Fashion-Variation mit, natürlich, Freimut Wodka und einer Colareduktion als Zuckerquelle. „Aschenputtel“ könnte es dann heißen. Das Märchen einer einst verstoßenen, schönen Unbekannten. Interessant wird es aber vor allem dann, wenn man die Reduktion weiter bringt und mit zusätzlichen Gewürzen wie Kardamom, Zimt, oder Pfeffer zu etwas ganz eigenem macht. So wären die Eigennoten des Freimut Wodkas von gerösteter Haselnuss, Karamell, Milchschokolade und Vanille vermutlich wirklich eine Bereicherung – und könnte mit einer Anreicherung aus Colareduktion und beispielsweise Kardamom hervorragend ergänzt und gegebenenfalls mit einem Bitter abgerundet werden. „Coladka“ heißt das dann.

Auch Roger Breitenegger kann mit Cola-Kombinationen durchaus etwas anfangen. Das hat er mit seinem Daiquiri Libre bereits erfolgreich bewiesen. Mit Gin ist die Cola-Mixtur ungleich anspruchsvoller als mit Rum, so Roger: „Es passt einfach nicht jeder Gin zu den vorherrschenden Cola-Noten.“ Was allerdings passt, sind gelagerte Gins, oder Gins mit Zitrus-Noten. In diesen heißen Tagen empfiehlt Roger einen Collins mit Cola-Sirup statt Zuckersirup, ein wenig Honig und, selbstverständlich, Gin Sul.

Credits

Foto: Foto via Pixabay

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