Der Brenner spricht: Harald Keckeis
Österreichs Bar-Szene hat Harald Keckeis vom äußersten Westen her für sich eingenommen – vor allem der Gin des Vorarlbergers hat dem Quereinsteiger Anerkennung eingebracht. Was ihn heute am meisten fordert, erzählt er in der neuesten Ausgabe der Mixology Online-Serie „Der Brenner spricht“.
Es gibt zweifellos konkurrenzärmere Gegenden, um als Brenner durchzustarten, als das Rheintal im Fruchtbrenner-Herz des Kontinents, zwischen Baden, Ost-Schweiz und Vorarlberg. Harald „Harry“ Keckeis hat hier in Rankweil begonnen und nützt die Synergien mit der lokalen Brauerei für ein immer internationaleres Portfolio an Bränden. Er hält sie für zukunftsträchtig, vorausgesetzt man kommt an die richtigen Rohstoffe und perfekte Lagerfässer. Wie’s geht, hat er vorgezeigt.
Mixology Online: Harry, Du bist ein Quereinsteiger als Brenner. Was macht die Faszination aus? Theoretisch hättest Du als Marketing-Fachmann auch mit einer anderen Idee Deine eigene Marke aufbauen können …
Harald Keckeis: Für mich als leidenschaftlicher Hobbykoch war das Kochen in großen Töpfen immer schon mit sehr viel Spaß verbunden. Die Brennerei bot mir die Möglichkeit, fernab der Hektik einer Küche, in Ruhe mit hochwertigen Rohstoffen zu arbeiten und besondere Aromen in einer Flasche zu vereinen. Die Herausforderung, im Spirituosenbereich – Whisky, Rum, aber auch Gin – eine eigene Marke aufzubauen, ist schon sehr reizvoll.
„Ich habe meinen Gin zu Beginn des sogenannten Gin-Booms auf den Markt gebracht.“
Wie hat das dann formal begonnen – gleich im großen Maßstab?
Harald Keckeis: So wie viele hier in Vorarlberg habe auch ich mit einer fahrbaren Brennerei begonnen, hobbymäßig Obst zu brennen. Nach relativ kurzer Zeit habe ich mich dazu entschlossen, eine eigene Brennerei zu bauen mit dem Schwerpunkt, vermehrt Getreide und Zuckerrohrmelasse zu verarbeiten.
Dein Portfolio setzt bewusst stark auf internationale Spirituosen – wie geht es Dir, wenn nun an jeder Ecke ein Gin gebrannt wird?
Harald Keckeis: Ich habe es geschafft, meinen Gin zu Beginn des sogenannten Gin-Booms auf den Markt zu bringen und dank seiner hohen Qualität und seines Geschmacks konnte ich ihn in den Top-Bars Österreichs platzieren. Durch diesen sogenannten Gin-Boom ist auch ein Gin-Brenner-Boom entstanden. Da die Technik der Herstellung relativ einfach ist und auch die Rohwaren für jeden einfach zu besorgen sind, kann praktisch jeder, der eine Brennanlage hat, einfach und unkompliziert Gin herstellen. So kommen täglich gefühlte fünf neue Gin-Sorten auf den Markt. Jedoch ist der Zeitpunkt, um sich zu etablieren, wahrscheinlich schon zu spät bzw. es ist momentan extrem schwierig.
Du sitzt in einer der spannendsten Regionen für Brenner, dem Drei-Länder-Eck am Bodensee. Wie unterscheiden sich die Schnapstrinker in Deutschland, Österreich und der Schweiz aus Deiner Sicht?
Harald Keckeis: Eigentlich sind die Unterschiede in den Ländern gar nicht so groß. Wir haben zwar auf der deutschen Seite des Bodensees sehr große Obstbauern, die natürlich jede Menge Obstbrenner beliefern, es werden aber in Deutschland wie in der Schweiz und bei uns auch die sogenannten internationalen Spirituosen wie Whisky und Rum sehr geschätzt. Ich denke, dass der Umsatz in diesem Bereich wesentlich größer ist, als bei den Obstbränden.
„Die größte Herausforderung beim Whisky ist die Fasslogistik.“
Du zählst ja auch zu den österreichischen Whisky-Pionieren. Was waren da Deine größten Lernpunkte, schließlich kommst Du nicht vom Getreidebrand?
Harald Keckeis: Das Spannendste war definitiv, das richtige Getreide bzw. die richtigen Malzsorten zu finden und aufeinander anzupassen. Von Anfang an habe ich, wie meine irischen Vorbilder auch, mit einer speziellen obergärigen Hefe gearbeitet und brenne daher auch nach den sogenannten Pot- und Fine-Still-Verfahren. Die größte Herausforderung ist jedoch die Fasslogistik: Mit welchen Fässern arbeite ich, wie lange gehe ich überhaupt in die Lagerung und wo bekomme ich passende Fässer?
Was war die Idee hinter dem „lebenden Fass“ – und kannst Du da was über die Akzeptanz in Bars bzw. bei privaten Kunden sagen?
Harald Keckeis: Das ganze Konzept nennt sich Baby Malt-Fass. Die Fässer gibt es in unterschiedlichen Größen von 10, 30 und 40 Litern. Dabei handelt es sich immer um gebrauchte Sherry-Fässer, die mit frisch gebranntem Whisky befüllt werden und so als „Baby“ verkauft werden. Top-Hotels und Gastronomen zelebrieren das Probieren aus solch einem Fass gerne mit ihren Gästen. Leider fehlt in der Bar-Szene die Zeit, ein solches Produkt zu verkosten. Viele meiner Kunden sind daher auch Private oder Firmen, die entweder ihre 30 Liter-Fässer bei mir lagern oder zu Hause regelmäßig aus dem Fass probieren können. Nach einer Lagerzeit von drei Jahren kann der eigene Single Malt Whisky in Flaschen abgefüllt werden.
Wer fertigt eigentlich so kleine Fässer bzw. welche Holzarten bevorzugst Du?
Harald Keckeis: Wie bereits erwähnt ist die größte Herausforderung in der Whiskyproduktion die Logistik der Fässer. Ich hatte ganz am Anfang meines Projektes das Glück, Markus Eder aus Deutschland kennen zu lernen. Er ist ein großartiger Fasshersteller und -händler und hat aus der Not eine Tugend gemacht. Denn in der Whisky-Branche werden hauptsächlich 225 Liter-Fässer gebraucht, in der Sherry-Produktion werden jedoch größtenteils 500 Liter-Fässer verwendet. Da diese großen Fässer in der Whiskyproduktion keine Verwendung finden, produziert Meister Eder aus diesen großen, alten Fässern dann neue, kleine Fässer.
„Ich beziehe Bio-Zuckerrohrmelasse von einem sehr kleinen Hersteller über den Hafen Hamburg.“
Wie läuft eigentlich die Kooperation mit Fohrenburger genau, für die Du ja auch den Bockbier-Brand machst bzw. wo Dein „Stillman’s“ Bier entsteht?
Harald Keckeis: Die Brauerei Fohrenburg in Bludenz war seit Beginn meines Whisky-Projektes ein wichtiger Partner. Whisky-Maische ist nichts anderes als Bier ohne Hopfen. Deshalb produziere ich seit Beginn an die komplette Maische für die Whiskyherstellung in der Brauerei Fohrenburg. Schnell wurde klar, dass diese spezielle Maische irgendwann auch als Bier abgefüllt werden muss. Seit ca. sieben Jahren legen wir jährlich ein paar tausend Liter Maische auf die Seite, geben Hopfen dazu und füllen dieses speziell gebraute Bier in einer limitierten Auflage als „Stillman’s“ ab.
Spannend ist auch Dein Zugang zum Rum, vor allem dank der besonderen Melasse, die eher selten in die Brennblase kommt hierzulande. Wie kommt man an solche Rohstoffe?
Harald Keckeis: Zuckerrohrmelasse ist in der Lebensmittelindustrie ein sehr wichtiger Rohstoff, deshalb gibt es auch eine große Anzahl an Anbietern. Natürlich gibt es auch bei diesem Rohstoff große Qualitätsunterschiede. Hier war mir von Beginn an wichtig, im Aroma und Geschmack etwas Besonderes zu bekommen. Ich beziehe heute von einem sehr kleinen Hersteller Bio-Zuckerrohrmelasse über den Hafen Hamburg. Diese wird dann im warmen Zustand über einen Tankwagen angeliefert und verarbeitet.
Gin, Rum, Whisky, was fehlt Dir noch in der Sammlung?
Harald Keckeis: Wenn Alkohol in Eichenfässern gelagert wird, ist das ein ziemlich lebendiger Prozess. Was wiederum bedeutet, dass aus Whisky und Rum viele verschiedene Produkte entstehen können. Bei der Vermarktung einer Marke bzw. hochwertiger Spirituosen geht es sehr oft auch um die Verpackung. So gesehen, werden auch in Zukunft immer wieder neue Produkte in der Destillerie Keckeis entstehen.
Und wenn Du nur ein Destillat erzeugen dürftest, was wäre das?
Harald Keckeis: Das wäre für mich der Single Malt Whisky. Dies hätte auch den Vorteil, dass trotzdem ein paar Liter Bier im Jahr anfallen bzw. produziert werden könnten!
Von welchen Destillaten gibt es Deiner Meinung nach zu viel am Markt?
Harald Keckeis: Es wird sehr viel billiger Alkohol hergestellt. Dieser wird vor allem in Diskotheken und Bars sehr gerne zum Mischen verwendet bzw. vorher schon gemischt und als Longdrink verkauft. Oft ist es unmöglich herauszuschmecken, was tatsächlich in diesen Drinks ist, da sie sehr viel Zucker und Aromastoffe enthalten.
Lieber Harald, vielen Dank für das Interview.
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