TOP

Der Collins & seine Anverwandten, Teil 12: Der (Bourbon) Highball

Für gewöhnlich wird gesagt, die Bezeichnung „Highball“ stamme von einem Eisenbahnsignal aus dem 19. Jahrhundert. Doch die Wahrheit sieht anders aus. Im nächsten Teil unserer Serie beschäftigen wir uns mit dem Highball und treffen dabei auf Horse’s Neck, aber auch auf „Horse‘s Neck with a Kick“, „Horse‘s Hoof“ und „Mamie Taylor“.

4 cl Bourbon
8 cl Ginger Ale
Garnitur: Orangenzeste
Zubereitung: Im Highballglas mit Eiswürfeln zubereitet und serviert

Woher stammt die Bezeichnung?

Für gewöhnlich wird gesagt, die Bezeichnung „Highball“ stamme von einem Eisenbahnsignal des 19. Jahrhunderts. Unter einem Highball verstand man sowohl einen Schnellzug, als auch einen Zug, der im Zeitplan ist. Auch die Anweisung für einen Zug, mit gleicher Geschwindigkeit weiterzufahren, nannte man so. Letzteres leitete sich vom zugehörigen Signal ab, einer Kugel, die an einem Mast neben den Gleisen befestigt war. Bei freier Strecke wurde diese Kugel hochgezogen, ansonsten herabgelassen. „Highball“ bedeutet in diesem Sinne also „freie Fahrt voraus“ und die Erlaubnis, sich mit hoher Geschwindigkeit zu bewegen. Hiervon soll sich auch die Bezeichnung des Mischgetränkes ableiten, denn ein Highball lässt sich schnell zubereiten. Andere meinen, es sei die Geschwindigkeit gemeint, mit der man sich betrinke, oder aber der Begriff nehme Bezug auf das oben schwimmende Eis im Glas, der hochgezogenen Kugel ähnlich.

Doch so einfach ist es nicht. Die Wahrheit sieht anders aus.

Die Flamen trinken ein Gläschen Bier und bezeichnen es als „bolleke“. Dort hat auch der Highball seinen Ursprung, denn Niederländer immigrierten im 14. und 15. Jahrhundert nach England und brachten das Wort „boll“ mit. Im Mittelenglischen ist dieses bereits um 1400 nachweisbar. Von dort gelangte es nach Irland, wo es zu „ball“ abgewandelt wurde, und der irische Ausdruck „a ball of malt“ bezeichnet umgangssprachlich ein Glas Malt-Whiskey. Mit den Iren und auch den Holländern gelangte das Wort in die Neue Welt. Der Begriff „ball“ für ein Glas übertrug sich dann nicht nur auf das hohe Highball-Glas, sondern auch auf das niedrige Old-Fashioned-Glas, das man auch Lowball-Glas nennt.

Seit wann gibt es den Highball?

Nicht immer hieß ein Highball auch Highball. Ein klassischer Vertreter ist der bereits 1826 erwähnte Brandy and Soda. Auch der Stone Fence gehört dazu, und diesen trank man bereits 1775. Der Begriff „Highball“ wurde hingegen erstmals 1895 verwendet, und zwar bei Chris F. Lawlor in seinem Buch „The Mixologist“: „Gib ein Stück Eis in ein dünnes Bierglas; fülle es bis auf zwei einhalb Zentimeter mit Siphon-Seltzer und gib dann einen halben Jigger Branntwein oder Whisky darauf.“ Im gleichen Jahr wird er auch in Herbert F. Greens „Mixed Drinks“ beschrieben: „Gib zwei oder drei Stücke Eis in ein dünnes Bierglas, fülle es bis auf zweieinhalb Zentimeter mit Siphon-Seltzer und gib dann einen halben Jigger Branntwein oder Whisky darauf“. Ebenfalls 1895 schreibt R. C. Miller in „The American Bar-Tender“: „(Verwende ein Champagnerglas.) Fülle es zu drei Viertel mit Selters. Gib Whiskey darauf.“

Anfänglich verwendete man nur Brandy oder Whiskey, doch bereits 1904 gibt es in „Applegreen‘s Barkeeper‘s Guide“ zahlreiche andere Varianten: Scotch Whisky High Ball, Irish Whisky Highball, Brandy High Ball, Apple Brandy High Ball, Tom Gin High Ball, Holland Gin Highball, Plymouth Gin High Ball, Sloe Gin Highball, Rum High Ball, Creme De Menthe High Ball, Combination Highball (ein Whiskey Highball mit gleichen Teilen Ginger Ale und Seltzer), Ginger Ale High Ball (Whisky High Ball mit Ginger Ale statt Seltzer). Ebenfalls 1904 bringt Paul E. Lowe in „Drinks as They Are Mixed“ Weine ins Spiel. Bei ihm zeigt sich auch, dass die Abgrenzung zu anderen Getränkekategorien ungenau wird. Bei ihm darf ein Highball auch Zitronensaft enthalten.

Hugo Ensslin erweitert die Basis der Highballs auch auf Liköre und Säfte. Zur Zubereitung schreibt er: „Alle oben genannten Highballs werden wie folgt hergestellt und serviert: Verwende ein Highball-Glas mit Eiswürfeln, füge ein Gläschen der gewünschten Spirituose hinzu, fülle es mit kohlensäurehaltigem Wasser oder Ginger Ale auf. Serviere mit einem kleinen Barlöffel im Glas und, falls gewünscht, einem Stück Zitronenschale.“

Was ist ein Highball?

Analysiert man die überlieferten Quellen, so ergibt sich: Ein Highball wird mit Eis serviert und besteht aus einem Basisgetränk, das alkoholisch oder alkoholfrei sein kann, aufgefüllt mit einem karbonisiertem Getränk. Zusätzlich kann man Farb- und Aromastoffe hinzugeben, beispielsweise Liköre oder Bitter. Auch Zesten darf man anwenden. Zitrussäfte gehören nach der klassischen Definition eines Highballs jedoch nicht hinein.

Das Verhältnis zwischen Basisgetränk und karbonisiertem Getränk sollte zwischen 1:1 und 1:2 liegen, das Highballglas sollte zwischen 200 ml und 250 ml fassen.

Im Laufe der Zeit wird die Definition eines Highballs immer ungenauer. Beispielhaft sei dafür die Entwicklung des Bourbon Highball genannt, für den ich die historischen Rezepte genauer analysiert habe. Dabei sind mir folgende Meilensteine in seiner Entwicklung aufgefallen:

– 1904 wird erstmals Ginger Ale in einem Bourbon Highball erwähnt, zuvor nahm man nur Sodawasser.
– 1912 wird erstmals mit einer Zitronenzeste garniert.
– 1912 wird erstmals die Bezeichnung „Bourbon & Ginger Ale Highball“ verwendet.
– 1913 verwendet man erstmals die Bezeichnung Bourbon Highball, vorher sprach man nur allgemein vom Highball.
– 1949 wird erstmals ein Bitters hinzugegeben.

Die Entwicklung

Bei der Entwicklung des Bourbon Highball gibt es prinzipiell drei Abschnitte. In der Anfangszeit, bis 1904, wird nur Sodawasser verwendet, keine anderen Zutaten werden hinzugegeben.

Zwischen 1904 bis zum Ende der Prohibition im Jahr 1933 überwiegt Sodawasser. Ginger Ale wird nur in rund einem Drittel der Rezepte genannt. Selten wird eine Zitronenzeste oder Zitronensaft hinzugegeben.

Nach der Prohibition wird Ginger Ale in Rund der Hälfte der Rezepte vorgeschrieben. Ungefähr 40 Prozent verlangen eine Zitronenzeste.

Ginger Ale

Es fällt auf, dass erst ab 1904 ein Bourbon Highball mit Ginger Ale zubereitet wurde. Für den ähnlichen Horse‘s Neck war dies schon früher der Fall, und zwar praktisch ausschließlich. Der Grund hierfür liegt wohl in der Entwicklung des Ginger Ales und des sich damit verändernden Aromaprofils.

Ursprünglich bezeichnete man ein obergäriges Bier als Ginger Ale. In den 1850er Jahren entwickelte der amerikanische Arzt und Apotheker Thomas Cantrell in Belfast ein limonadenartiges Getränk, das als Ginger Ale vermarktet wurde. Dieses war dunkel, süß und schmeckte nach Ingwer. Weiterentwickelt wurde das Getränk durch den kanadischen Pharmazeuten und Chemiker John McLaughlin. Er besaß eine Sodawasserfabrik und brachte 1904 eine neue Art von Ginger Ale auf den Markt. Er nannte es „Pale Dry Ginger Ale“ und ließ es 1907 als „Canada Dry Ginger Ale“ patentieren. Man kann also annehmen, dass mit dem Aufkommen dieses neuartigen Ginger Ales dieses in den Bourbon Highball Eingang fand, da es sich in seiner Aromatik deutlich vom älteren Stil unterscheidet und hervorragend zu einem Bourbon paßt.

Die Bezeichnung

Der Bourbon Highball wurde höchst unterschiedlichst bezeichnet. Darüber hinaus ist die Bezeichnung als Highball nur eine Benennung der Art des Getränkes, das man möchte. Es gibt viel Verwirrung, und um dieser Vorzubeugen, sollte man bei einer Bestellung genau angeben, welche Basisspirituose und welches kohlensäurehaltige Getränk man genau möchte, also beispielsweise einen Rye-And-Ginger-Ale-Highball.

Der Horse‘s Neck

Bei den Rezepten des Bourbon Highballs herrscht insbesondere bei den jüngeren ein heilloses Durcheinander und es bestehen zahlreiche Überschneidungen zu anderen Longdrinks. Insbesondere seien hier der Horse‘s Neck und Mamie Taylor genannt.

Ein Horse‘s Neck ist ursprünglich ein Ginger Ale, dekoriert mit einer langen Zitronenzeste, von der ein Ende aus dem Glas herausragt, wie ein Pferdekopf, der über den Glasrand schaut. Später gab man in einen Horse‘s Neck auch eine Spirituose und nannte das Ganze dann „Stiff Horse‘s Neck“, „Horse‘s Neck with a Kick“, „Horse‘s Colar“ oder „Horse‘s Hoof“. Gelegentlich wurde diesem auch ein Bitters oder etwas Zucker beigefügt.

Ein Taylor hingegen ist eine Spirituose, die mit Ginger Ale und einer Zitrusfrucht serviert wird. Normalerweise wird eine Limette verwendet, eingesetzt als Saft, Zeste oder ganzes Stück. Je nach verwendeter Spirituose hat sich eine andere Bezeichnung eingebürgert. Ein Mamie Taylor kombiniert Scotch, Ginger Ale und Limette. Mit Gin wird es Mamie Taylor‘s Sister, mit Rum Susie Taylor, mit Gin und Soda ein Billy Taylor und mit Soda und Scotch Mamie Gilroy. Man erkennt hier eine Verwandtschaft mit einem Buck. Die Taylors sind diesem zuzuordnen.

Dem Buck widmen wir uns im nächsten Beitrag dieser Serie.

Credits

Foto: Sarah Swantje Fischer

Kommentieren

Datenschutz
Wir, Meininger Verlag GmbH (Firmensitz: Deutschland), würden gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht uns aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
Flagge Deutsch
Wir, Meininger Verlag GmbH (Firmensitz: Deutschland), würden gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht uns aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: