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Eine Million Gesichter gesehen. Der mobile Mixologe.

Philip Duff konnte Berühmtheiten wie Hidetsugo Ueno, Marian Beke, Angus Winchester und Ryan Magarian als Gastbartender für sich gewinnen, Philip selbst durfte während seines Gastspiels in der Moskauer Dream Bar Peter Dorelli und Salvatore Calabrese Sazeracs kredenzen. Über das Phänomen des One-Night-Stands berühmter Bartender hinter dem Tresen.

Das Phänomen des mobilen Mixologen (im Gegensatz zu den Travelling Mixologists) ist so aktuell wie eh und je. Manche Bartender, wie der renommierte Marian Beke zum Beispiel, sind zeitweise nur noch unterwegs, als Gastbartender pendeln sie zwischen Moskau, Sochi, Hamburg, New York und den ganzen Zwischenstationen hin- und her, um ihre One- Night-Stands hinterm Tresen durchzuziehen.

Es gibt eine exakte Parallele zur Musikindustrie – nein, ich werde nicht die abgenutzte Metapher vom Bartender als neuem DJ auftischen. Tatsache ist, dass heutzutage jeder Song kostenlos heruntergeladen werden kann, was Bühnenauftritten einen Riesenerfolg beschert, denn nur live garantiert ein wirklich einzigartiges Erlebnis. Auch Cocktailrezepturen sind ein inzwischen ein offenes Geheimnis: Für einen Penicillin muss man nicht mehr nach New York zu Milk & Honey gehen oder für ein Laphroaig Project an die Westküste der USA.

Es bilden sich aber immer lange Schlangen, wenn hinter einem Tresen ein bekannter Gastbartender steht, ein Star, der diese tollen Drinks kreiert und in Bars gearbeitet hat, die bei jedem Expertentreffen mit Auszeichnungen bedacht werden. Alle sind heiß auf eine live Performance.

Die Sache bietet rundum nur Vorteile. Die Bars, die als Gastgeber auftreten, sollten jedenfalls ihre Stargäste für Sonntag, Montag oder Dienstag, allenfalls für Mittwoch buchen, denn das sind die ruhigen Nächte, die belebt werden müssen, Nächte, an denen Bartender gewöhnlich frei haben und deshalb auch kommen können, der Gastbartender hat die Gelegenheit, eine gute Bar richtig kennen zu lernen und mit ihren Gästen zu kommunizieren. Diese kommen in den Genuss einer live Performance, und wer möchte nicht von Agostino Perrone einen Connaught Martini kredenzt bekommen? Oder einen PX Flip von Timo Janse?

Gewöhnlich lohnt es sich nicht, einen Gastbartender einzufliegen und unterzubringen, wenn er /sie sowieso in die Stadt kommt, um das Know how für eine Barshow zu vermitteln. Das Gastspiel wird so zu einem glücklichen Zusammentreffen: Der Bartender kann die Zeit, die ihm zur Verfügung steht, bestmöglich nutzen, und die Barshow oder die Firma, die ihn engagierte, wird ihre Gäste mit in die Bar bringen. Tatsächlich floriert die Branche der Markenbotschafter wie keine andere. Sie genießen den Luxus eines Spesenkontos, das ihnen erlaubt, Orte aufzusuchen, die sie sonst nie kennen gelernt hätten.

Daneben gibt es die virtuelle Gastbartender- Nacht, die Tribute Night. Bars wie die Cinco Lounge (Lissabon), Der Raum (Melbourne) und Clive’s Classic Lounge (Kanada) organisieren Abende, an denen eine Bar samt Getränkekarte, Rezepturen, raren Spirituosen und Musik original getreu reproduziert wird.

Am vielfältigsten ist vielleicht das Programm von Shawn Soole, der als Manager von Clive’s nicht nur Tribute Nights, sondern auch Tribute-tobooks Nächte organisiert, wie auch die Nächte des Clubs der Toten Bartender, ein Name, der keiner Erklärung bedarf. Der Starbartender ist zwar persönlich nicht anwesend – zumindest nicht im Fall der Dead Bartender Society – aber die dankbaren Cocktail-Aficionados können einen großartigen Abend mit allen möglichen Drinks und faszinierenden Rezepturen vom anderen Ende der Welt genießen.

Wie funktioniert das Ganze?

Ein paar Punkte sollte man beachten:

1. Nicht übertreiben! Das bedeutet, einen Gastbartender sollte man nicht mehr als einmal im Vierteljahr buchen, aber dann auch die Werbetrommel rühren. Übertreibt man jedoch, verlieren die Gäste das Interesse. Optimal ist es Gastbartender für zwei Nächte zu buchen, sie können sich dann mit der Bar vertraut machen, und die Gäste haben gute Chancen, sie kennen zu lernen.

2. Ran an die Bouletten! Wenn man bemerkt, dass ein Starbartender bei einer Barshow auftritt, die in 3 Monaten in der Nähe stattfindet, sollten man sich sofort mit ihm in Verbindung setzen, denn es müssen Flüge gebucht, Getränkekarten und Handzettel gedruckt, ein Eintrag im Facebook-Kalender getätigt, Zutaten, Gläser und Dekorationen beschafft werden. Ist all das erledigt, erstellen man 3 Wochen vor dem Event die Facebook- Seite und geben den Stand der Dinge über die sozialen Netztwerke bekannt. Auch ein Einrtag auf der Webseite mach Sinn. Und natürlich sind Flyer nicht zu vergessen, die dem Gast auch mit jeder Rechnung mitgegeben werden.

3. Dem Hund den Hasen zeigen. Haben Bartender und Bar einen guten Ruf, werden wahrscheinlich ganze Heerscharen die Bar stürmen und am Tresen hängen, was für den Gastbartender zu einem logistischen Problem werden kann. Es ist daher ratsam die Zahl zu limitieren, indem man Reservierungen für diese beiden Nächte verlangt. Erfahrungen mit Ueno-san und Jim Meehan brachten Joerg Meyer, Hamburg, auf die großartige Idee, pro Person ein 100-Euro-Packet anzubieten: Für eine runde, ziemlich hohe Summe können die Gäste so viel trinken und essen, wie sie wollen. Ganz abgesehen von der lukrativen Seite, hat das folgenden Vorteil: Die Kunden werden pünktlich erscheinen und länger bleiben, und ihre Zahl lässt sich besser kontrollieren. Auf diese Weise profitieren alle von dieser wichtigen Interaktion.

4. Mit dabei – nicht mit dabei. Es bietet sich zwar an, sowohl eine Gästekarte wie eine reguläre Karte für Stammkunden bereit zu halten, die völlig ahnungslos herein geschneit kommen. Diese Lösung ist nie ideal, da zwei nebeneinander existierende Getränkekarten schwer zu handhaben sind. Deshalb ist anzuraten, an diesem Abend nur die Gästekarte auszulegen, aber natürlich auch Highballs und alle anderen Spirituosen, die nicht gemixt werden, auszuschenken. Dann gelingt der Abend.

 

Dieser Artikel erschien erstmals in MIXOLOGY Issue 6/2010. Das Printmagazin MIXOLOGY erscheint alle zwei Monate. Informationen zum Abonnement finden Sie hier auf MIXOLOGY ONLINE.)

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