Schottische Helden! Heute: der Rob Roy Cocktail
Mit prominenten historischen Namensgebern verfehlt man leicht die Richtung: Held oder Grobian? So lautet oft die Frage. Einer der berühmtesten Historien-Drinks ist ohne Frage der Rob Roy Cocktail. Ursprünglich oft als Manhattan-Twist abgetan, ist er sicherlich mehr als nur ein Drink für Schurken.
Menschen, die eher der Geschichte und den feinen Künsten und weniger feine, flüssigen Geistern zugetan sind, sehen in Rob Roy, oder Rob Roy MacGregor, wie er mit vollem Namen hieß, eher eine berühmte Figur der schottischen Geschichte denn einen Drink. An dieser Stelle wollen wir Drink und Person zusammenbringen.
Rob Roy ist ein schottischer Volksheld, der im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert in Schottland sein Unwesen trieb. Auch wenn er oft als schottischer Robin Hood bezeichnet wird, war er vermutlich weniger gönnerhaft mit seinen Mitmenschen.
Vom Rinderhändler zum Rinderdieb war es ein kleiner Sprung, und auch mit der Erpressung von Schutzgeld vor anderen Rinderdieben dürfte er sich nicht sonderlich beliebt gemacht haben. Zum Volkshelden sollte er wiederum durch seinen Widerstand gegen die englische Krone werden, so wie es sich nunmal für einen waschechten, stolzen Schotten gehört.
Eine feine Legende
Nun, die Legende will es, dass eben dieser Rob Roy MacGregor immer einen Flachmann mit sich führte, in dem er das stets gleiche Gemisch aus seinem eigenen Whisky, bestem Wermut von italienischen Freunden sowie einiger Gewürze mit sich trug. Dieser Mix diente sowohl als Medizin, Desinfektionsmittel oder mutmachender Trank in Schlachten und sollte seine Truppen zu zahllosen Siegen führen.
Seien wir froh, dass Rob Roy keine Marke mit einer Werbeagentur ist. Ziemlich sicher wäre uns obiger Blödsinn schon einmal aufgetischt worden. Egal was zu seiner Zeit getrunken wurde, Cocktails waren in den schottischen Highlands der frühen Neuzeit sicher nicht an der Tagesordnung.
Vom Volksheld zum Opernstar zum Drink
Die Geschichte des Rob Roy wurde allerdings zum Ende des 19. Jahrhunderts in New York als Operette aufgeführt – also zu einer Zeit, als schottischer Whisky gerade anfing, Amerika zu erobern. Zu Ehren der Premiere jener Schöpfung kreierte ein Bartender im New Yorker Waldorf Astoria Hotel den Cocktail Rob Roy.
Im Prinzip handelt es sich dabei um nichts anderes als einen “Classic with a twist”: Eine Abwandlung des schon damals sehr populären Manhattan, in dem lediglich der amerikanische durch schottischen Whisky ersetzt wird.
Seither findet man den Rob Roy immer wieder auf Cocktailkarten rund um die ganze Welt, und mittlerweile dürfte der Drink es zu mehr Ruhm gebracht haben als der Namensgeber.
Variantenreicher Klassiker
Der amerikanische Autor Paul Clarke hat sich für das Magazin Serious Eats einmal näher mit dem Rob Roy befasst und glaubt, zwei Dinge erkannt zu haben. Zum Einen ist es ein Cocktail, der beinahe immer gelingt, zum anderen einer, der durch die Wahl verschiedener Whiskys oder Wermuts immer wieder neue Aromen hervorbringt.
Nur eines muss immer gleich sein: der Hauptdarsteller hat aus Schottland zu kommen. Dies ist im übrigen auch der größte Unterschied zu den Verfilmungen der schottischen Heldengeschichten. Hier werden die Hauptrollen generell nie mit Schotten besetzt. Die Rolle des Rob Roy durfte zuletzt ausgerechnet ein Ire, nämlich Liam Neeson spielen.
Man ist aber, Gott sei Dank, nicht verpflichtet, den Film schon einmal bis zum Ende gesehen zu haben, wenn man den gleichnamigen Drink zu sich nehmen möchte.
Der Variantenreichtum kennt hierbei keine Grenzen. Der Drink funktioniert sowohl mit verschiedenen leichten oder schweren Blends, als auch mit kräftigen Single Malts. Und je nach Geschmack wählt man einen potenten oder filigranen Wermut, um den Whisky zu ergänzen.
Während Jared Brown und Anistatia Miller in ihrem Guide to Vermouth die eher süße Variante mit gleichen Teilen Scotch und Wermut proklamieren, hat sich eigentlich die Variante mit deutlich mehr Whisky durchgesetzt. Und selbst, wenn der Drink das Selbstbewusstsein steigern sollte: das mit dem Schutzgeld lassen wir lieber bleiben.
Rob Roy (adaptiert nach einem Rezept aus dem Waldorf Astoria, New York, 1894)
5 cl Scotch (Blend oder Single Malt)
2 cl roter Wermut
1 dash Angostura Bitter
Glas: Coupette
Garnitur: Orangenzeste
Zubereitung: Alle Zutaten im Rührglas auf Eiswürfeln ca. 20 Sekunden lang kalt rühren. In vorgekühltes Cocktailglas abseihen.
Eine würzigere Variante hat sich zu Beginn des letzten Jahrhunderts Hugo R. Ensslin einfallen lassen. Der Erfinder des Aviation Cocktails hatte anscheinend eine “Affinität” zu perfekten Cocktails und Cocktailnamen mit “A”.
Credits
Foto: Sarah Swantje Fischer