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Die besten Bars in New York

Die besten Bars in New York, Teil Eins: Die großen Namen

Auf den jährlichen Bestenlisten sind Bars aus New York seit jeher Stammgäste. Sind sie aber wirklich so gut wie ihr Ruf? Unser Autor Manuel Bieh hat sich durch die US-amerikanischen Metropole getestet. In Teil Eins seines New York-Porträts geht es um die bekannten Namen der Szene. Und er hat dabei sogar eine kleine Überraschung miterleben dürfen.

Aktuell befinden sich sechs New Yorker Bars unter den Top 100 der internationalen sowie 12 oder den Top 50 der nordamerikanischen Listen der World’s 50 Best Bars. Erst einmal lässt sich festhalten: Die Freude über diese Plätze in den Bestenlisten ist meist groß, bringt aber neue Herausforderungen mit sich. Die Erwartungen der Gäste an die Drinks und den Service sind höher und der Leistungsdruck auf das Personal nimmt zu. Neue Bars oder solche, die bisher eher unter dem Radar waren, werden plötzlich einer deutlich größeren Gruppe von Menschen bekannt. Das kann insbesondere bei kleineren Bars dazu führen, dass es ohne Reservierung Tage im Voraus keinen Platz mehr gibt, oder nur mit viel Glück und Geduld. So waren etwa drei Versuche nötig, um im Zuge dieses Textes ohne Reservierung ins Double Chicken Please zu gelangen. Mit einer Ankunft 35 Minuten vor Öffnung der Bar war es dann tatsächlich möglich, sich den letzten freien Platz an der Bar zu sichern. Doch auch in anderen Bars sieht das häufig nicht besser aus. Wer es aber schafft, wird dann auch belohnt. Zwar reicht es nicht aus, „nur“ eine gute Bar zu sein, auch entsprechende Kontakte sind nötig, um auf einer der besagten Listen aufzutauchen. Nur Kontakte zu haben reicht hingegen auch nicht aus, und so kann man sich bei Bars, die es auf diese Liste geschafft haben, sicher sein, dass dort gehobene Standards erfüllt – und in vielen Fällen auch übererfüllt – werden.

Double Chicken Please, New York

Double Chicken Please

115 Allen Street
New York, NY 10002 New York City

Double Chicken Please

Die angesagte Bar von GN Chan und Faye Chen, die als Popup-Bar aus einem Campervan startete und nun ihre feste Bleibe an der Lower East Side gefunden hat. Das Double Chicken Please besteht aus zwei Teilen: Dem vorderen Bereich, dem „Front Room“, in dem es in lässiger Pub-Atmosphäre premixed Drinks vom Zapfhahn zu fairen Preisen gibt, sowie dem „Coop“, also dem „Hühnerstall“. Letzterer ist für den anspruchsvollen Genießer der deutlich interessantere Teil. Aufgeteilt in Appetizers, Mains und Desserts offeriert die Karte zwölf herrlich durchdachte Drinks, die sich wie eine asiatisch-amerikanische Fusionsküche im Glas anhören. Drinks wie der Red Eye Gravy, der Thai Curry oder der Mango Sticky Rice sind an den Geschmack der Gerichte jeweils angelehnt und dabei hervorragend umgesetzt. Auch einige ausgewählte Klassiker haben den Weg auf die Karte gefunden. Die Einrichtung besteht aus viel Holz, wirkt warm und freundlich. Eine Vitrine mit der Trophäensammlung, die in das Holz eingelassen wurde, darf nicht fehlen. Eine Backbar gibt es hier nicht, die Flaschen sind vor den Blicken geschützt in Ausbuchtungen an den Stationen, was dazu beiträgt, dass die Bar sehr clean wirkt, ohne ins Ungemütliche abzudriften. Das Industrial Design-Studium von GN Chan war bei der Gestaltung sicherlich nicht von Nachteil. Bei einem Besuch führt außerdem kein Weg an einer Bestellung eines der verschiedenen Chicken Sandwiches vorbei. „Wenn du dort bist, bestelle ein Chicken Sandwich“ – ein Tipp, der von Bartendern anderer Bars immer wieder zu hören ist. Bleibt die Frage: Lohnt es sich, sich über eine halbe Stunde vor Öffnung der Bar die Beine in den Bauch zu stehen, um einen Platz zu ergattern? Drinks und Sandwiches entschädigen zumindest für die Warterei, zumal die Wartezeit in anderen Bars dieses Kalibers ähnlich aussieht. Wer weniger Stress am Eingang möchte, der reserviert vorher, allerdings ist auch das nicht einfach, da 75 Prozent der Plätze Walk-in Gästen vorbehalten sind. Hat man es erst einmal geschafft, bekommt man einen Slot von gerade einmal 90 Minuten. Ein wirklich entspanntes Bar-Erlebnis sieht anders aus.

Attaboy

Einen Steinwurf vom Double Chicken Please entfernt befindet sich das Attaboy. Dieses wurde 2012 an alter Stätte des Milk & Honey von Sam Ross und Michael McIlroy (wieder)eröffnet und serviert seitdem unprätentiös ganz hervorragende Cocktails ohne Menü. Ein Konzept, das nur funktioniert, wenn Bartender und Servicepersonal auf höchstem Level agieren, doch das ist hier zweifellos gegeben. „Worauf hast du Lust? Hast du eine Basis-Spirituose im Sinn? Einen Geschmack oder eine Stimmung, die du gern in deinem Drink sehen würdest?“ lauten die Fragen bei der Bestellung. Bei über 600 Drinks, die jeder Bartender hier im Kopf hat, ist für jeden der passende Drink dabei. Die Bestellungen sind dabei jedes Mal auf den Punkt, und zwar mit einer Präzision, mit der man das sonst sicher selten erlebt. Komplizierte, moderne Techniken kommen nicht zum Einsatz, einen Rotovap wird man im Attaboy ebenso wenig finden wie Sous Vide vorbereitete Zutaten oder gar Milk Punches. Es wird sich auf das konzentriert, worin man einfach unbeschreiblich gut ist: großartige Drinks mit Zutaten aus dem Regal. Nicht einmal die Orangenzeste im Manhattan wird übertrieben zurechtgestutzt. Ab ins Glas, passt. Hier geht es einfach lässig zu, und aus genau dem Grund kommt man als Gast gern hierher. Reservierungen werden keine angenommen, daher ist auch hier stets mit Wartezeit zu rechnen. Die Bar hat eben einen Namen in der globalen Barszene. Anders als in den meisten Bars der Stadt wird im Attaboy kein Barfood serviert, doch das stört hier wirklich niemanden.

Attaboy, New York

Attaboy

134 Eldridge St
New York, NY 10002 New York City

Wer im Attaboy arbeitet, muss mindestens 600 Cocktails auf Abruf wissen
Wer im Attaboy arbeitet, muss mindestens 600 Cocktails auf Abruf wissen
Der Garibaldi aus dem Dante ist wohl einer der bekanntesten Cocktails der Stadt
Der Garibaldi aus dem Dante ist wohl einer der bekanntesten Cocktails der Stadt
Caffé Dante, New York

Dante - New York

79-81 Macdougal Street
New York City 10012 Vereinigte Staaten von Amerika

Sonntag bis Donnerstag 10 Uhr - 24 Uhr Freitag bis Samstag 10 Uhr - 02 Uhr

Caffé Dante

Das Caffé Dante sicherte sich den Top-Spot auf der internationalen 50 Best Bars Liste im Jahr 2019 und ist seitdem fast durchgehend auf der internationalen sowie der Liste für Nordamerika präsent. Das kleine, unaufgeregte italienische Café an der MacDougal Street wird an dieser Adresse bereits seit 1915 betrieben. Nach einigen Wechseln des Betreibers hat es sich inzwischen fest als internationales Bar-Schwergewicht etabliert. 2019 kam eine zweite Dependance nur gut zehn Fuß-Minuten entfernt dazu. Die Ausrichtung ist klar italienisch. Es gibt viele Aperitivo-Drinks und eine tägliche „Negroni Session“ zwischen 15 und 17 Uhr, in der alle Negroni-Varianten für (für Manhattan durchaus erschwingliche) 15 US-Dollar zu haben sind. Dazu gibt es eine große Auswahl an Bitterlikören und italienischem Wermut. Der Tipp: der Dante Garibaldi. Neben großartigen Drinks kann man hier auch einen großartigen Service und ebenso gutes Barfood erwarten. Neben Käseplatten und Focaccia wird auch Pasta oder typisch italienische Flatbreads zum Drink gereicht. Wer dem ganzen die Krone aufsetzen will, besucht die Jazz-Session, die jeden Freitag stattfindet und der Bar nochmal einen ganz besonderen Charme verleiht. Das Publikum ist gemischt wie kaum irgendwo. Von der rüstigen Rentnerin über bekannte Hollywood-Schauspieler bis zum anspruchsvollen Cocktail-Connaisseur sind die Gäste hier durchmischt und facettenreich wie die Lower West Side selbst. Und auch für romantische Dates ist das Caffé Dante ein beliebter Spot. Auch Ernest Hemingway wird nachgesagt, hier seinerzeit bereits für den einen oder anderen Drink eingekehrt zu sein.

Overstory, New York

Overstory

70 Pine St 64th Floor
New York, NY 10005 New York City

Overstory

Das Overstory setzt die Messlatte für Rooftop Bars in mehrfacher Hinsicht extrem hoch. Mit Platz 17 auf der internationalen 50 Best Bars Liste sowie Platz 3 in Nordamerika wäre es zu kurz gegriffen, hier vor allem auf den 360-Grad-Ausblick aus dem 64. Stockwerk eines Wolkenkratzers im Financial District einzugehen. Denn die Qualität der Drinks sowie des Essens würde diese Position vermutlich auch rechtfertigen, wäre das Overstory ein dunkles Speakeasy. Auf der etwas Tequila- und Mezcal-lastigen Karte finden sich spannende eigene Kreationen, die allesamt wundervoll ausgewogen daherkommen. Aber auch Liebhaber von Whiskey, Rum oder Gin werden hier fündig. Das Barfood, das in Zusammenarbeit mit den in den Stockwerken darunter befindlichen Schwester-Restaurants SAGA (2 Michelin Sterne) und Crown Shy (1 Michelin Stern) entstand, komplementiert die Drinks hervorragend. Serviert wird hier etwa Chicken in Zitrus-Marinade oder Tuna Toast mit Chorizo und Ananas. Eine wilde Mischung, die aber von einer Küche umgesetzt wird, die ihr Handwerk mehr als versteht. Preislich bewegt sich das Overstory mit 24-27 $ pro Drink selbst für Manhattan-Verhältnisse im oberen Bereich. Jedoch sollte die Frage gestattet sein, ob man sich die Auffahrt zum Empire State Building nicht sparen und das Geld stattdessen besser gleich in einen Besuch des Overstory stecken sollte. Hier gibt es zum gleichen Preis neben der Aussicht nämlich auch einen Weltklasse-Drink und einen kleinen bis mittleren Snack. Wie sollte das Empire State Building da mithalten können?

Katana Kitten

Entspannt geht es zu, im Katana Kitten. Nach der freundlichen Begrüßung am Eingang geht es die Treppen hinauf in einen Gastraum, der erst einmal wirkt wie eine angenehme Mischung aus gemütlichem Pub und hochwertiger Bar. Japanische Poster an den Wänden deuten auf die Herkunft von Betreiber Masahiro Urushido hin. Ebenso wie die in Japan typische Selektion an Highballs. Ein kleines Highlight ist sicherlich der Toki Highball, der „frisch gezapft“ im Glaskrug serviert wird. Auch bei den Zutaten der Signatures ist der japanische Einfluss unverkennbar: Es wird mit Midori gearbeitet, mit Umeshu, Shochu oder Sake. Auch das Food Menü ist mit Nori Fries oder Popcorn Chicken mit Sesam unverkennbar japanisch. Die Bartender wiederum sind kommunikativ und verstehen es, für die richtige Stimmung zu sorgen. Der Service ist generell „outstanding“ und die Gastfreundschaft überragend. Das Klientel in der Bar ist typisch für das West Village: kulturell vielfältig, weltoffen und entspannt. Und so herrscht im Katana Kitten eine Atmosphäre, in der man schnell auch mit anderen Gästen ins Gespräch kommt, so dass es einem nicht schwerfallen sollte, hier einen schönen Abend zu verbringen. Oder auch gleich mehrere. Denn anders als in anderen Bars war es hier zumindest unter der Woche problemlos möglich, auch ohne Wartezeit noch einen Platz zu ergattern.

Katana Kitten, New York

Katana Kitten

531 Hudson St
New York, NY 10014 New York City

Superbueno, New York

Superbueno

13 1st Ave., New York
NY 10003, Vereinigte Staaten New York City

Superbueno

Wahrscheinlich die Neueröffnung des letzten Jahres: das Superbueno von Ignacio „Nacho“ Jimenez. Tagsüber eher ruhig, unscheinbar und vielleicht sogar etwas kühl, wird es im Verlauf des weiteren Abends zu einem Party-Hotspot. Die Stimmung ist mit mexikanischer Musik und zum Tanzen animierenden Bartendern einfach so ausgelassen, dass es schwerfällt, sich dort nicht mitreißen zu lassen. Die „Cocteles“ sind selbstverständlich hauptsächlich mit Mezcal, Tequila oder Corn Whiskey. Umgesetzt sind die typisch mexikanischen Signatures auf der weniger als zehn Drinks umfassenden Karte allesamt hervorragend und, klar, mit vielen mexikanischen Einflüssen. Zusätzlich zur normalen Karte gibt es außerdem saisonal wechselnde Specials, sowie Tacos, Nachos und Ceviche.

Superbueno, New York
Die Magie des Abends: Das Superbueno bei Tag …
Das Superbueno in New York bei Nacht
… und das Superbueno bei Nacht

Während meines Aufenthalts wurde das Superbueno auf Platz 2 der 50 Best Bars in Nordamerika gewählt und gewann damit gleichzeitig den Highest New Entry Award. „We had absolutely no idea!“ gestand „Nacho“ Jimenez, nachdem der erste Jubel etwas abflachte und bevor die ersten Bengalos (!) in der Bar gezündet wurden. Für ein ausführlicheres Interview war der Lärmpegel im weiteren Verlauf des Abends dann einfach durchgehend zu hoch. Doch der Platz in der Liste kommt mit den, aus Gästesicht, eingangs erwähnten Nachteilen: War es in den Wochen vor der Veröffentlichung der Liste noch problemlos möglich, sich früh genug einen Platz an der Bar zu sichern, bildeten sich an den Tagen darauf bereits früh Warteschlangen vor dem Eingang.
Nichtsdestotrotz: Ein Preis, den jede Bar wohl gern bezahlt.

Credits

Foto: Manuel Bieh

Comments (2)

  • Nielsen Flores

    Beautiful Manuel ⚡️

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    • Manuel Bieh

      Thank you! And thank you for being such a great bartender, host and entertainer! 🙂

      reply

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