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Die Enzyklopädie alkoholischer Heißgetränke, Teil 3: Der Toddy

Der Toddy als Begriff leitet sich ursprünglich von Palmwein ab. Später wurde er für ein Mischgetränk verwendet, das warm wie kalt getrunken wurde. Heute verbindet man damit vor allem die warme Variante. Im nächsten Teil unserer Serie über alkoholische Heißgetränke nimmt uns Armin Zimmermann wieder mit auf eine Zeitreise.

Der Begriff Toddy ist in vielen verschiedenen Schreibweisen überliefert. Man kennt ihn als tarrie, tary, terry, taree, tarea, tadie, tadee, taddy, toddey und toddie. Ursprünglich bezeichnet er den aus der eingeschnittenen Blütenscheide verschiedener Palmenarten gewonnenen Saft und außerdem auch die berauschende Flüssigkeit, die bei seiner Gärung entsteht, die man auch als Palmwein bezeichnet.

Der Toddy als Palmwein

Erstmals soll die Bezeichnung Toddy im Jahr 1609 schriftlich verwendet worden sein, als John Jourdain in sein Tagebuch schrieb: „Aber nachdem sich unsere Leute mit einem Getränk aus dem Palmita-Baum namens Taddy gut erfrischt hatten, begannen sie unbändig zu werden.“ Palmwein gab es nicht nur in Indien, man kannte ihn auch in Afrika, wie eine Reisebeschreibung des Jahres 1626 belegt. „Zwei Engländer … wurden oft mit Blumen, Früchten, Toddy und ähnlichen Dingen beschenkt“ heißt es dort, und über Madagaskar berichtet man: „Und für Nägel und Nadeln, Glocken, Gläser und dergleichen geben sie Mastrinder, Ziegen, Schafe, Hühner, Eier, Milch, Tamarinden, Kokosnüsse, Palmen, Orangen, Limetten, Zitronen, Kochbananen, Toddy usw. zurück.“

Toddy in seiner Form als Palmwein war allgemein bekannt. Schon Herodot und Plinius kannten Palmwein, und auch ein rund 3500 Jahre alter ägyptischer Papyrus berichtet über ihn und seine gemütsverändernde Wirkung. Ein Reisebericht des Jahres 1644 schreibt über die „Toddy-Bäume, die ein so gutes alkoholisches Getränk wie Weißwein und Zucker produzieren, von dem unsere englischen und holländischen Seefahrer angesichts seiner Billigkeit in Indien so viel trinken, daß sie oft davon betrunken sind.“ Man schreibt, dass die Bäume „reichlich hervorragendes Getränk hervorträufeln, keineswegs schlechter, wenn nicht sogar besser als Weißwein und Zucker“.

Johann Albrecht von Mandelsloh hatte ich schon im Zusammenhang mit dem Punch zitiert. Von ihm ist auch ein Brief erhalten. In diesem schreibt er vom „wolgeschmackten Palmwein / der auß den schönen hohen Coquer Nüssen vnnd Palmbäumen gezapffet wird“ und über „zween Kauffleute / wir funden sie liegen in einem lustigen Gehölze von hohen Kockernüß-Bäumen / aus welchen der Terri oder Palmwein gezapffet wird.“

Doch Toddy musste schnell getrunken werden, bevor er sauer wurde. 1686 wird im Zusammenhang mit dem Kokosnussbaum berichtet: „Neben der Flüssigkeit oder dem Wasser in der Frucht gibt es auch eine Art Wein vom Baum namens Toddy, der wie Molke aussieht. Er ist süß und sehr angenehm, aber er muss innerhalb von 24 Stunden nach dem Abzapfen getrunken werden, denn danach wird er sauer. Diejenigen, die sehr viele Bäume haben, gewinnen eine Spirituose aus dem sauren Wein, der Arrak genannt wird. Arrak wird auch aus Reis und anderen Dingen in Ostindien destilliert; aber keiner wird für die Herstellung von Punsch so sehr geschätzt wie diese Sorte, die aus Toddy oder dem Saft des Kokosnußbaums hergestellt wird, denn er ergibt den delikatesten Punsch.“

Der Toddy als Mischgetränk

Alle frühen historischen Quellen kennen den Toddy nur als Palmwein. Erst spät scheint man damit auch ein alkoholisches Mischgetränk bezeichnet zu haben. Als ältesten Verweis darauf habe ich ein 1739 erschienenes medizinisches Buch gefunden, in dem ein Arzt über eine Patientin in der englischen Stadt Bath berichtet, dass sie „auf Anweisung eine große Menge einer Spirituose getrunken hatte, die sie Toddy nannten und die sie immer berauschte.“ Da wir uns in England befinden, kann es sich dabei unmöglich um Palmwein gehandelt haben. Es war etwas, das man sich selber zubereiten konnte. 1741 wurde berichtet, dass man einen Toddy in einer Küche zubereitete und in heiß oder kalt trinken konnte: „Ich mochte ihre Gesellschaft nicht, ich ging in die Küche, ich bat den Vermieter, mir eine Pinte Toddy zu machen, er fragte mich, ob ich ihn heiß oder kalt haben wolle, ich sagte ihm, ein wenig warm.“

Der älteste von mir gefundene Hinweis darauf, womit man solch einen Toddy selbst zubereitete, stammt aus dem Jahr 1776. Man spricht dort von „Rum- oder Brandy-Toddy“. Solch ein Toddy wurde anscheinend weltweit getrunken und war bestens in den Tagesablauf integriert. Ein Reisebericht des Jahres 1784 über die Vereinigten Staaten von Amerika berichtet: „Der vermögende Gentleman steht gegen neun Uhr auf; […] er kehrt zum Frühstück zurück, zwischen neun und zehn […] ; zwischen zwölf und eins nimmt er einen Schluck Bombo, oder Toddy, eine Spirituose aus Wasser, Zucker, Rum und Muskatnuss, die schwach zubereitet und kühl gehalten wird: er ißt zwischen zwei und drei […]; beim Abendessen trinkt er Cider, Toddy, Punsch, Portwein, Claret und Madeira, der hier im Allgemeinen ausgezeichnet ist.“

Ab Ende des 18. Jahrhunderts gibt es auch in anderen Publikationen genauere Angaben darüber, woraus ein Toddy zubereitet wird. Es ist eine Mischung aus Rum, Wasser und Zucker, und manche geben noch etwas geriebene Muskatnuß hinzu. Man trank den Toddy heiß oder kalt.

Der Toddy – Ein Seefahrergetränk

Ich glaube, dass Seeleute das Mischgetränk namens Toddy erfanden, so wie sie auch schon an der Entstehung des Punches beteiligt waren. Der Toddy genannte Palmwein war bei ihnen beliebt, doch konnten sie ihn nur an Land trinken. Auf hoher See war er nicht verfügbar und verdarb schnell. Man konnte vielleicht auf Bier oder Wein ausweichen, wenn diese verfügbar waren. Doch bereits im Kapitel zum Punch wurde deutlich, dass diese sauer wurden und man dann auf Branntwein auswich.

So ist es naheliegend, dass man an Bord Arrak geladen hatte, der preiswert verfügbar war, und diesen mit Wasser verdünnte. Man ersetzte also den Palmwein mit seinem verdünnten Destillat, dem Arrak, und fügte die fehlende Süße mit Zucker hinzu, die dem Palmwein innewohnte. Vielleicht wurde das Wasser, das den Seeleuten zur Verfügung gestellt wurde, bereits in frühen Jahren grundsätzlich mit Zucker versetzt, so wie es Admiral Vernon, genannt „Old Grog“, 1740 anordnete.

Wenn man also einem Palmwein vergleichbares auf See trinken wollte, so konnte man sich mit dieser Mischung aushelfen. Wie ich noch zeigen werde, ist ein Toddy somit nichts anderes als ein gesüßter Grog, oder ein Punch ohne Zitrusfrucht. Man konnte ihn, so wie dies auch beim Punch üblich war, mit etwas Gewürz verfeinern, doch das war, so legen es die Quellen nahe, eher die Ausnahme.

Der Toddy nach 1862

Zeigt sich dieses Verständnis dafür, was ein Toddy ist, auch in den nach 1862 erschienenen Büchern? Gibt es Abweichungen? Es zeigt sich, dass – wie bereits beim Punch gesehen – ein Toddy mit oder ohne Gewürz zubereitet wird, also als klassischer einfacher Toddy oder klassischer gewürzter Toddy. Bemerkenswerterweise gibt es keine Rezepte, in denen anstelle von Zucker ein alternatives Süßungsmittel eingesetzt oder eine alternative Verdünnung verwendet wird.

Entsprachen anfänglich noch rund 80 Prozent der Rezepturen einem Toddy, war es zum Ende des 20. Jahrhunderts jedoch nur noch in rund einem Drittel der Fälle so. Stattdessen bezeichnete man als Toddy Mischgetränke, die ihrer Formel nach überwiegend ein Punch sind, gelegentlich aber auch ein Grog oder ein Skin; was genau diese beiden auszeichnet, wird noch in einem der nächsten Kapitel beleuchtet werden.

Hinzu kommen noch diejenigen Mischungen, die keiner Standardkategorie zugeordnet werden können, beispielsweise weil in ihnen ein Bitter zugegeben wird oder ein wichtiger Bestandteil fehlt. Diese Verirrungen waren insbesondere während der Prohibitionszeit und den Jahren danach häufig.

Die Enzyklopädie alkoholischer Heißgetränke

Teil 1: Einleitung

Teil 2: Der Punch

Teil 3: Der Toddy

Teil 4: Der Grog

Teil 5: Der Skin

Teil 6: Der Negus

Teil 7: Der Sangaree

Teil 8: Hot Buttered Rum & Co.

Teil 9: Der Sling

Teil 10: Der Bumbo

Credits

Foto: Editienne

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