Die Geschichte des Cocktails Teil 7: der Bamboo Cocktail (1886)
Kurz nach dem Manhattan Cocktail wird der Bamboo Cocktail publiziert. Er führt das Konzept, auf dem der Manhattan Cocktail beruht, konsequent fort und ist ein gutes Beispiel dafür, wie fortifizierte Weine Eingang in die Welt der Cocktails fanden. Denn das Besondere am Bamboo Cocktail ist die Art und Weise, wie dieses Thema variiert wird. Eine alkoholreiche Spirituose entfällt komplett, dafür werden zwei fortifizierte Weine – Wermut und Sherry – gekonnt miteinander vermählt und bilden so die Basis des Getränks. Damit knüpft der Bamboo Cocktail an den alkoholarmen Vermouth Cocktail an.
Bamboo Cocktail (1886)
6 cl Fino Sherry
2 cl trockener Wermut
1 Dash Orange Bitters
Zubereitung: Geworfen
Louis Eppinger und der Bamboo Cocktail
Der Bamboo Cocktail ist jedoch auch einer der ersten Cocktails, die in der japanischen Barkultur eine Rolle gespielt haben. Die meisten Quellen geben an, dass der Bamboo Cocktail von Louis Eppinger stamme. Er war zunächst als Bartender in San Francisco und Portland tätig und wechselte dann im Jahr 1889 ins Grand Hotel Yokohama. Manche sagen, dort sei auch sein Bamboo Cocktail entstanden, doch das stimmt nicht.
Es gibt nämlich ältere Hinweise in den USA. Dort wird der Cocktail zwar nicht im Zusammenhang mit Louis Eppinger, sondern mit einigen reisenden Engländern gebracht, die diesen Drink bekannt gemacht haben sollen. Höchstwahrscheinlich trifft eine Mischlage zu, nämlich dass Louis Eppinger den Drink entwickelt hat, aber noch während seiner Zeit in Portland. Woher der Name Bamboo stammt, kann aktuell nicht rekonstruiert werden.
Bevor Louis Eppinger nach Portland zog, besaß er in San Francisco einen kleinen Saloon, in Portland eröffnete er den Bureau Saloon. Dieser galt als einer der ältesten, größten und besten Saloons in Portland. Darüber hinaus war er wohl ebenso in anderen Häusern tätig, sowie Eigentümer eines Restaurants.
Mitbegründer der japanischen Barkultur
Portland war seinerzeit wirtschaftlich und politisch bedeutsamer als heute und den größten Teil des 19. Jahrhunderts der amerikanische Haupthafen am Pazifik. Deshalb ist es nur naheliegend, dass sich dort auch englische Reisende aufhielten und von Louis Eppinger einen Bamboo Cocktail serviert bekamen. Sherry hat in England eine lange Tradition, und so kann man sich gut vorstellen, dass gerade diese Reisenden Louis Eppinger zur Erfindung seines Cocktails inspirierten. Warum sollten sie auch außerhalb Englands auf Sherry verzichten? Er scheint wohl ihren Geschmack getroffen zu haben, so dass sie diesen Drink bei ihrer weiteren Tour durch die USA überall propagierten.
1908 verstarb Louis Eppinger, und in einem Nachruf können wir lesen, dass er einer der bekanntesten Hoteliers an der pazifischen Küste und im Orient sei. Er gilt als Mitbegründer der japanischen Barkultur.
Die richtige Rezeptur des Bamboo Cocktails
Interessant sind die verschiedenen überlieferten Rezepturen für den Bamboo Cocktail. Zumeist werden gleiche Teile von Sherry und Wermut verlangt. Doch dies scheint nicht die originale Rezeptur zu sein. Vielmehr muss man nach Japan schauen, um zu erfahren, wie der Cocktail gedacht war. Keisuke Oda, Nachfolger von Louis Eppinger im Grand Hotel Yokohama, das 1913 in „New Grand Hotel“ umbenannt wurde, gibt an, dass der Bamboo Cocktail mit drei Teilen Sherry und einem Teil Wermut zu mixen sei. Dieses Verhältnis wird sowohl durch die ersten amerikanischen Belege bestätigt, als auch durch die in Japan gängige Praxis.
Wichtig für einen Bamboo Cocktail ist es außerdem, einen trockenen Sherry und einen trockenen Wermut zu verwenden. Die meisten japanischen Bartender bevorzugen einen Fino. Dies mag damit zusammenhängen, dass dieser Sherry-Stil am besten zur japanischen Küche passt und als Begleitung für Sushi und Sashimi empfohlen wird. So zeichnet sich der Bamboo Cocktail durch seine Trockenheit und Leichtigkeit aus.
Varianten in der Zubereitung
Auch bei der Zubereitung gibt es interessante Varianten. Man möchte denken, dass er gerührt werden sollte. Daiki Kaneteka jedoch wendet das in den letzten Jahren wiederentdeckte (und oft zur Show verkommene) Werfen an, gießt also den Cocktail bei der Zubereitung von einem Glas ins andere, um Sauerstoff hinzuzufügen. Er begründet dies damit, dass sich so die Aromen öffnen.
Dieses Verfahren ist so abwegig nicht, denn auch purer Sherry wird bei der direkten Fassentnahme aus großer Entfernung in ein Glas geschüttet, um durch den so hinzugefügten Sauerstoff die Aromen zu öffnen. Vergleichstests mit einem gerührten Bamboo Cocktail jedenfalls untermauern Kanetekas Aussage.
Verwendet man in einem Bamboo Cocktail anstelle eines trockenen Wermuts und trockenen Sherrys einen süßen Wermut sowie süßen Sherry, so wird aus ihm ein Amour, den man auch als Adonis bezeichnet, der sich wiederum bis 1887 zurückverfolgen lässt. Dazwischen gibt es fließende Übergänge.
Und wie wäre es nach Wermut und Sherry mit etwas Portwein? Da hätten wir beim nächsten Mal was …
Die Geschichte des Cocktails
Teil 1: Der Ursprung des Cocktails
Teil 3: Der Brandy Crusta (1862)
Teil 4: Der Japanese Cocktail (1862)
Teil 5: Der East India Cocktail (1882)
Teil 6: Der Manhattan Cocktail (1882)
Teil 7: Der Bamboo Cocktail (1886)
Teil 8: Der Princeton Cocktail (1895)
Teil 10: Der Deshler Cocktail (1916)
Teil 11: Der Aviation Cocktail (1916)