Die Mixology-Verkostungsrunde im Juli: Zwischen Heide und Herbal
Hinweis: Die Verkostung basiert ausschließlich auf redaktioneller Basis. Die Flaschen wurden MIXOLOGY für die Verkostung unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder ungefragt zugesandt. Es erfolgt weder eine Einflussnahme auf die Bewertung, noch erfährt MIXOLOGY finanzielle Zuwendungen durch eine Veröffentlichung oder Verlinkung. Wenn Sie denken, Ihr Produkt solle an dieser Stelle ebenfalls Erwähnung finden, schreiben Sie uns.
Faude feine Brände Wermut
„Burgunderweine aus dem Kaiserstuhl, restsüß vergoren.” Bei Faude weiß man einfach, wie man auch mit wenigen Worten hervorragend Werbung macht. Brandneu ist der Wermut, den Florian Faude gerade auf den Markt bringt. Irgendwie zwischen Baustelle und Behördenwahnsinn entstanden und mit der gewohnten Zurückhaltung präsentiert, ist es eine Hommage an den klassischen, italienischen Aperitif.
Die Flasche und Etikett könnten auch direkt aus einem kleinen italienischen Familienbetrieb kommen und runden den ersten Eindruck ab. Der Inhalt ist rubinfarben, klar und im Vergleich zu anderem, rotem Wermut eher hell. Frischer Weinduft und eine leichte Süße in der Nase. Die Kräuter im Vordergrund lassen schon erahnen, was da gleich am Gaumen landet. Ungewöhnlich, aber eindeutig Wermut. Der Wein steht im Mittelpunkt, die Süße passt hervorragend, die Kräuter harmonieren perfekt und bringen einen leichten, sehr angenehmen Bitterton mit. Funktioniert eventuell besser mit hellen als mit sehr dunklen Spirituosen, aber funktioniert in jedem Fall. Der Wermut Tonic ist jedenfalls eine Bank.
Flaschengröße: 1000 ml
Alkoholgehalt: 16% Vol.
UVP: 24,90 / Flasche
Vertrieb: Faude feine Brände
Rock Island Blended Malt Scotch Whisky - Tequila Cask Edition
Der unabhängige Abfüller Douglas Laing hat vier verschiedene Destillate der Inseln Islay, Jura, Orkney und Arran vermählt und in einem Tequilafass nachgelagert. So bekommen die ungewöhnlichen und starken Aromen von Single Malt einen kleinen, feinen, aber durchaus spürbaren Schliff mit mexikanischem Charakter.
Der erste Eindruck: eine hübsche Flasche, weit weg von klassischen Scotch-Flaschen. Die Spirituose im Glas sehr hell. Würde ich nur nach der Farbe gehen, würde ich einen Weißwein erwarten. Die Nase verrät aber sofort, was im Glas ist: eindeutig Scotch. Ein bisschen rauer, ein bisschen wilder, das Fass hält sich dezent zurück. Auf der Zunge dann viel junge, ungebändigte Kraft: Inselcharakter, rauchig, kräftig und sehr eigen. Die 48% Vol. spürt man lange, das junge Alter steht ihm gut. Einzig der Einfluss des Tequila-Fasses könnte für mich ein wenig deutlicher ausfallen. Gibt man dem Rock Island ein bisschen Zeit, entfaltet sich das Fassaroma ein wenig mehr, bleibt aber doch blass neben den kräftigen Noten des Scotchs. Ein bisschen grüner Apfel, leichte, erdige Noten und ein bisschen Exotik. Ungewöhnlich und nicht nur wegen der hübschen Verpackung eine Bereicherung fürs Regal.
Flaschengröße 700 ml
Alkoholgehalt: 48% Vo.
UVP: ca. € 70,-
Vertrieb: Bremer Spirituosen Contor
Limitiert auf 4200 Flaschen
Heide Gin
Grafschafter Kräuterwacholder. Unendliche Weiten. So jedenfalls die erste Idee, die man von der Beschreibung der Grafschaft Bentheim hat. Naturgeschützte Heidelandschaften, so weit das Auge reicht, und mittendrin gibt es Wacholder. In Hülle und Fülle. Eigentlich spannend, dass man in dem Gin-Boom der letzten Jahre alle möglichen Botanicals ausprobiert hat, aber immer auf Wacholder aus den üblichen Gebieten vertraut hat, aus dem mediterranen Raum. Dabei wächst er doch auch bei uns. Wieso also nicht damit arbeiten? Dachte sich auch die Feinbrennerei Sasse und schickt den Heide Gin ins Rennen. Dabei spielten die klimatischen Bedingungen im letzten Jahr eine große Rolle – durch feuchte Witterung begünstigt, waren die Wacholderbeeren besonders aromatisch und eignen sich zur Verwendung in Gin.
Optisch schon mal überzeugend. Das durchscheinende Rücketikett ist kein neuer Trick, aber schön angewendet. Die Flüssigkeit liegt klar im Glas und verströmt einen markanten Duft von Wacholder. Die 45% Vol. sind zu spüren, aber sind sehr schön eingebunden. Auf der Zunge dann eine Menge Grapefruit, leichte Cremigkeit und wieder jede Menge Wacholder. Das macht schon sehr viel Spaß, und beinahe wünscht man sich einen verregneten Sommer, um auch nächstes Jahr wieder guten Heide-Wacholder zu bekommen.
Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt 45% Vol.
UVP: € 27,50
Vertrieb: Sasse
Glenmorangie Triple Cask Reserve
Der große Dampfer aus den Highlands erweitert seine Core-Range. Während man bei Glenmorangie in den letzten Jahren durchaus innovativ war, waren es meist limitierte Sonderabfüllungen, die auf den Markt kamen, nichts für die Ewigkeit oder zumindest für die nächsten Jahre. Die Triple Cask Reserve soll sich hier als dauerhafte Erweiterung des klassischen Portfolios einfinden. Als Einstieg in die Welt des Single Malts, und wenn es nach LVMH geht, durchaus auch als mixbare Spirituose in den hochklassigen Bars dieser Welt.
Über die Reifezeit hält man sich bedeckt, aber es wurde in Ex-Bourbon und vormals mit Rye belegten Fässern gereift. Gold-braun liegt der Whisky im Glas und verströmt einen milden, Glenmorangie-typischen Duft. Getrocknete Früchte, Vanille und eine leichte Orangennote, gepaart mit einer Menge Gewürzen. Am Gaumen geht es dann auch in dieser Form weiter. Fruchtig, fein balanciert und mit angenehmen würzigen Noten, die dem Malt eine schöne Spannung geben. Gleichzeitig nicht zu komplex und überbordend und mit 40% Vol. auch keine Attacke auf die Zunge. Ein schöner Tropfen, um in schottische Whiskys einzusteigen und zu dem man immer wieder zurückkehren kann.
Flaschengröße 700 ml
Alkoholgehalt: 40% Vol.
UVP: ca € 30.-
Vertrieb LVMH
Herb All - Gin Alternative
„Die Leckmasse versorgt das Vieh mit Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen. Zudem ist eine Kräutermischung beigefügt, die eine immunstärkende Wirkung hat.“ So ein Käse: Natürlich geht es hier nicht um Viehergänzungsmittel. Aber ein kurzer Check, womit der Name eines neuen Produkts („Herb all“) sonst so verknüpft ist, schadet nie.
Aber schauen wir uns einmal an, was da in der Flasche ist. Ein alkoholfreies Destillat aus klassischen Gin-Botanicals, so weit, so bekannt. Schicke Flasche, ansprechendes Label und das Versprechen, dass es als Gin-Ersatz in Drinks funktioniert. Der online angepriesene Negroni soll als Testobjekt dienen, und man muss sagen: Das ist kein Negroni. Zu wenig Tiefe, zu wenig Kraft und im Mix mit Wermut und Campari hat es Herb All wahrlich schwer, sich durchzusetzen. Aber das muss ja kein KO-Kriterium sein. Pur genossen ist die Gin-Alternative nämlich tatsächlich eine der wenigen angenehmen Erscheinungen am Markt. Keine überbordende Zitrusnote, ein angenehmer bitterer Unterton und ein erkennbarer Charakter. Herb All schafft es definitiv, einem Tonic Water tieferen Geschmack beizubringen, und vielleicht ist auch das der Punkt, den man von solch einem Produkt erwarten sollte. Ein bisschen unverständlich ist dabei in meinen Augen, wieso man als (selbst betitelter) „World Leading Bartender” wie Co-Produzent Maxim Schulte keine passenderen Drinks im Ärmel hat als den Negroni oder einen Spritz. Aber am Ende sagt einem ja niemand, wie man mit dem Produkt arbeiten soll – und damit arbeiten kann man.
Flaschengröße: 500 ml
Alkoholgehalt 0%
UVP: ca. € 26,-
Vertrieb: Charles Hosie
Credits
Foto: Marco Beier