Die Mixology-Verkostungsrunde im Juni 2022
Edition Dunkel – Wald & Rauch
Die Bandbreite alkoholfreier Spirituosen wird von Woche zu Woche größer, und immer wieder kommen auch Produkte auf den Markt, die nicht einfach eine alkoholfreie Alternative zu Gin, Rum oder Likören sein wollen, sondern eine neue Kategorie abbilden möchten. Das Schweizer Startup Edition Dunkel hat nun ein solches Produkt herausgebracht: ein Hydrolat ohne weitere Zusätze und mit dem Anspruch, nicht nur ein interessanter Mixer zu sein, sondern auch auch pur zu überzeugen.
Für Edition Dunkel werden 13 verschiedene Kräuter, Beeren, Flechten und Gewürze über Wacholderholz geräuchert und dann in Wasser mazeriert und destilliert. Das Ergebnis ist ein unglaublich aromatisches Hydrolat. Der Duft, der dem Glas entsteigt, ist sensationell intensiv und macht Lust auf den ersten Schluck. Dieser ist dann deutlich weniger intensiv, aber trotzdem sehr dicht und vielschichtig. Sehr lecker und angenehm, wenn auch nach wie vor deutlich flüchtiger, als man dies bei Spirituosen gewohnt ist. Alkoholfreie Destillate können also doch auch zum Purgenuss geeignet sein. Edition Dunkel ist richtig eingesetzt aber sicher auch eine gute Basis für spannende, alkoholfreie Drinks.
Flaschengröße: 500 ml
0%
UVP: € 37,- / Flasche
Vertrieb: Charles Hosie
Lōkal Aperitif – Kernobst + gelber Enzian
Drink Lokal wäre wohl der passendste Einstieg. Lōkal ist eine Berliner Firma, die sich dem Thema Aperitif neu widmen möchte. Ein Obstbrand aus dem Schwarzwald bildet die Basis und wird mit Apfel, Birne und Quitte kombiniert. Abgerundet wird dann mit gelbem Enzian, Tausendgüldenkraut, Vogelbeere und anderen Botanicals – alles auf natürlicher Basis ohne künstliche Zusatzstoffe.
Im Glas eine leicht neblige, gelbe Flüssigkeit und in der Nase eine riesige Portion Obst. Lōkal hat zwar nur 18% Vol., aber dieser ist in der Nase deutlich wahrnehmbar neben sehr viel Frucht und leichten Bitternoten. Auf der Zunge dann sehr weich und sanft mit viel, viel Frucht. Die Bitternoten des Enzian und der anderen Botanicals runden die Fruchtnoten sehr schön ab, könnten für meinen Geschmack aber deutlich intensiver sein. Insgesamt ist Lokal wirklich gefällig und der vorgeschlagene Einsatz als Basis für eine Spritz-Alternative bietet sich sicher an. Um als Basis für spannende Cocktailkreationen zu dienen, fehlt vielleicht ein bisschen die Kante und das Definierte. Aber vielleicht möchte man da auch gar nicht mitspielen.
Flaschengröße 700 ml
Alkoholgehalt: 18% Vol.
UVP: € 25,90
Vertrieb: Eigenvertrieb
Sipsmith Strawberry Smash Gin
Die Erdbeersaison ist zwar schon fast wieder vorbei, aber Wimbledon 2022 ist in vollem Gange. Und da Sipsmith dieses Jahr offizieller Partner des geschichtsträchtigen Tennisturniers ist, hat man die Gelegenheit genutzt und eine Sonderedition gelauncht, die mit original Wimbledon Erdbeeren und ein wenig Minze als Botanicals glänzen soll.
Der Gin liegt kristallklar im Glas, und diesem entströmt auch ein sehr feiner Erdbeerduft. Wer in seiner Bar hin und wieder frische Erdbeeren püriert, kennt diesen feinen Duft, der stundenlang in der Luft hängt. Schnuppert man direkt ins Glas, wird diese Erdbeernote allerdings schnell durch die weiteren Botanicals überlagert. Ein klassischer, sehr fruchtbetonter Gin könnte man meinen.
Beim Verkosten erschlägt einen keine Erdbeerbombe, das feine Aroma kommt vielmehr sehr schön zur Geltung und legt sich wie ein leichtes Tuch über die restlichen Aromen. Wer die Erdbeere im Gin & Tonic schmecken möchte, sollte kein zu trockenes Tonic Water wählen, und auch bei anderen Cocktails sollte man nicht zu kräftige Zutaten verwenden, oder alterniv die Erdbeere aktiv unterstützen. Aber wenn man sich ein paar Wimbledonspiele anschauen möchte, empfiehlt sich ja durchaus, den Gin einfach mit ein wenig Süße, Säure und vor allem einem großen Schluck Champagner zu vermixen. Da macht die Erdbeere auf jeden Fall eine gute Figur.
Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt 40%
UVP: ca. € 38,-
Vertrieb: Beam Suntory
ODE - The Natural Aperitif / Bright Lemon
Der zweite neue Berliner Aperitif in der Runde in diesem Monat. Statt einer Fruchtbombe auf Obstbrandbasis möchte man bei Ode allerdings mit konkreter Zitrusnote und einem aufgespriteten Riesling von Nico Espenschid aus Rheinhessen als Basis punkten. Verfeinert mit Wurzeln, Kräutern, Blüten und einer kleinen Prise Meersalz und vor allem Zitrone in jeglicher Form. Erwähnenswert ist tatsächlich die Verpackung. Eine recht schlichte braune Glasflasche mit schickem, zeitlosen Etikett, gekrönt von einer riesigen, gelb lackierten Holzkugel. Eine Flasche, die Zitrone und Sommer schreit und sicher etwas hermacht in so manchem Rückbuffet.
Aber probieren wir mal, was sich in der Flasche befindet. Im Glas schimmert die Flüssigkeit goldgelb leuchtend mit leichter Trübung. In der Nase deutliche Weinnoten, volle Zitrusnote und ganz ganz zartes Steinobst wie Pfirsich. Aber die Zitrone natürlich komplett im Fokus. Die Säure ist auch der erste Eindruck auf der Zunge, abgefedert durch eine ganz leichte Süße. Im Abgang dann ein trockener Bitterton, der anfangs verwirrt, sich dann aber stimmig ins Gesamtbild einfügt. Wer es sehr trocken und spritzig mag, dürfte an Ode auch pur seine Freude haben. Für alle anderen gibt es hier eine schöne Alternative mit viel Säure und wenig Alkohol. Als Basis für Spritz oder mit Tonic und Soda eine tolle Empfehlung für den Sommer.
Flaschengröße 500 ml
Alkoholgehalt 18% Vol.
UVP: € 27,50
Vertrieb: Eigenvertrieb
Sarti Rosa
Das Likör-Trio in dieser Verkostung wird durch einen weiteren Farbtupfer komplettiert. Campari möchte einen weiteren Player ins Spritz-Game bringen und hat sich im eigenen Archiv mal umgeblickt: In der Destilleria Sarti in Bologna wird seit 1885 gebrannt, Campari hatte die Destille in den 1970ern mitsamt ihrer Rezepte gekauft.
Laut Etikett handelt es sich bei Sarti Rosa um einen Likör auf Premium-Vodka Basis (was immer das Premium auch bedeuten mag) mit Fruchtessenzen von Mango, Passionsfrucht, Blutorange und Farbstoff. Der Farbstoff überrascht nicht wirklich. Rosa leuchtend liegt die Flüssigkeit im Glas und erstickt jegliche Hoffnung auf eine natürliche Farbgebung. Die Nase ist fruchtig intensiv, aber leider sehr überbordend. Auf der Zunge dann eine – wenn man nur nach deklarierten Inhaltsstoffen geht – überraschende Säure, die dann aber von schwerer Süße und einem bunten Fruchtmix überlagert wird. „Bubblegum Drinks“ könnte man die Kategorie nennen, die man mit Sarti Rosa mixen könnte. Oder man spezialisiert sich auf eine möglichst große Auswahl an verschiedenen Spritz und hat noch eine rosa leuchtende Variante im Angebot. Ansonsten scheint Sarti ein wenig aus der Zeit gefallen, wenn man sich die Entwicklung hin zu leichten und natürlichen Aromen anschaut.
Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt 17% Vol.
UVP: ca. € 17,-
Vertrieb: Campari
Offenlegung: Die Produkte der MIXOLOGY-Verkostungsrunde werden uns von den Produzent:innen zur Verfügung gestellt. Auf den Inhalt erfolgt keine Einflussnahme, MIXOLOGY erhält darüber hinaus keine Vergütung.
Credits
Foto: Marco Beier