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Die Mixology-Verkostungsrunde im März 2022

Diesmal in unserer monatlichen Verkostungsrunde: Die Limited Edition „Hendrick’s Neptunia“, der Rum „Jon“ der Birkenhof Brennerei, die Agavenspirituose Selva Negra von Florian Faude, der Rumlikör Damoiseau Rhum Arrangé Ananas und der dänische Holunderblüten-Likör Ellenor Elderflower.

 

Mit der Limited Edition „Neptunia“ geht Hendrick's Gin maritime Wege

Hendrick's Neptunia

Nachdem der heimische Kräutergarten mittlerweile weitestgehend abgearbeitet ist, schauen immer mehr Ginproduzenten, ob nicht die Ozeane noch den ein oder anderen Schatz bereit halten. Vor allem Algen geben ein sehr eigenes und zu Gin passendes Aroma ab, und auch die Sonderedition aus dem Kuriosiätenkabinett von Hendrick’s Gin bedient sich in diesem Jahr der kryptischen Kategorie von „Küstenbotanicals“.
Einen maritimen Gin möchte Master Distillerin Leslie Gracie mit dieser Limited Edition kreiert haben – was das bedeutet? Wie bereits in der Vergangenheit üblich, kommt der Neptunia in der ikonischen Hendrick’s-Flasche mit neuem Etikett. 43,3% Vol. werden ausgegeben, und wenig überraschend legt sich eine klare Spirituose ins Glas. Sehr überraschend hingegen ist, dass der sonst so dominante Duft von Gurke kaum zu erkennen ist. Stattdessen ist die Nase sehr zitruslastig mit angenehmer, kräutriger Note. Auf der Zunge spürt man die 43,3% Vol. recht deutlich. Mit einem leicht cremigem Mundgefühl transportiert der Gin neben erdigen und kräutrigen Noten eine immer wieder aufscheinende, salzige Note, die vor allem in Drinks mit viel Säure Spaß macht.
Ein Gin Fizz oder Gimlet bekommen eine komplett neue Note, und bei nächster Gelegenheit werde ich mir einen – aufgepasst – Martini Cocktail damit mixen. Könnte mir vorstellen, dass das ganz gut funktioniert.

Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt: 43,4% Vol.
UVP: € 44 ,-
Vertrieb: William Grant & Sons Deutschland

„Jon“ Handcrafted Rum

Der Westerwald ist sicherlich für einiges berühmt und berüchtigt. An Rum denken dabei aber vermutlich die wenigsten. Das könnte sich aber bald ändern, vor allem wenn es nach den Betreibern der Birkenhof Brennerei geht.

In achter Generation widmet sich die Familie Klöckner der Herstellung edler Spirituosen, mit den beiden Söhnen Lukas und Jonas treten derzeit die jüngsten Familienmitglieder in das Unternehmen ein. Ihnen sind auch die Sondereditionen „Luk“ und „Jon“ gewidmet, wobei es sich im Fall von Luk um Whisky und im Falle von Jon um Rum handelt.

Letzterem wollen wir uns diesmal widmen. Das Ausgangsprodukt ist Molasse aus Guatemala. Kalt und lang fermentiert, lagert das Destillat für zwei Jahre in Ex-Bourbon Fässern und solchen aus amerikanischer Weißeiche gelagert. Edel präsentiert in schöner Flasche mit auffällig schwerem Deckel, ist die Nase des Rums angenehm süß, mit leichter Vanillenote und der Erinnerung an Karamell.

Der Rum macht dann auch auf der Zunge wirklich Spaß. Er präsentiert sich gut ausgewogen zwischen angenehmer Frische, leichter Süße mit klassischen Noten von Vanille und perfekt eingebundenem Alkohol. Ein schöner Rum, der sowohl pur funktioniert, aber mit seiner Aromatik auch in Drinks überzeugen kann. Angesichts des Preises sollte aber dann auch der Anlass wohl etwas spezieller sein.

Flaschengröße 700ml
Alkoholgehalt: 42%
UVP: 48,50 €
Vertrieb: Birkenhof Brennerei

Der Rum „Jon“ kommt aus dem Westerwald
Hinter Selva Negra steckt der bekannte Brenner Florian Faude

Selva Negra (Agavenspirituose)

Auch die nächste Spirituose, oder eher deren Basis, kennt man eher aus wärmeren Gefilden. Selva Negra ist eine Agavenspirituose, die in Deutschland aus dem Extrakt mexikanischer Agaven gebrannt wird. Als Brenner zeichnet niemand anders als Florian Faude verantwortlich, und mit dieser Info steigt auch die Neugier auf den Hybriden.

Laut Hersteller soll Selva Negra die fehlende Verbindung von Mezcal und Tequila sein. Fermentiert und destilliert wird mexikanische Agavenessenz, für das dezente rauchige Aroma ist Schwarzwälder Fichte verantwortlich. Allerdings hüllt man sich in Schweigen, wie das Raucharoma in die Flasche kommt.

Sei es drum, auch ohne diese Info können wir Selva Negra probieren. In der Nase eine leichte Schärfe und typische Noten von Agave. Etwas versteckt lässt sich eine sehr dezente Rauchnote wahrnehmen, ohne dass sich diese aufdrängt. Auch der Geschmack überzeugt als stimmiger Mix aus bekannten Noten von Tequila und Mezcal mit einer sehr dezenten, harmonischen Süße. Selva Negra füllt rasch den kompletten Mundraum mit seinem Aroma. Dabei kommt auch eine sehr angenehme, rauchige Note zum Tragen. Mir persönlich ist im Mix ein Mezcal oft zu rauchig und einem Tequila fehlt manchmal diese gewisse Note. Genau an diesem Punkt platziert sich Selva Negra – nicht übertrieben rauchig, aber mit einem tollen Aroma. Ergibt in Summe eine der leckersten Margaritas, die ich in letzter Zeit getrunken habe. Nichtsdestotrotz bei einem Literpreis von ca. € 140 ,- wohl eher etwas für besondere Festtage.
Flaschengröße: 500ml
Alkoholgehalt 46%
UVP: € 69,99
Vertrieb: Selva Negra

Damoiseau Rhum Arrangé Ananas

Wenige Kombinationen sind so selbstverständlich wie Rum und Ananas, wenig überraschend kamen in den letzten Jahren immer mehr Produkte auf den Markt, die diese Kombination in die Flasche bringen – meist mazeriert, destilliert und harmonisch abgestimmt.

Seit ein paar Jahren wird dieses Segment um einen Rumlikör auf Basis von Rhum Agricole erweitert. Allerdings verfährt man bei Damoiseau ein wenig anders. Wie der geneigte Freund der Ananas bestätigen wird, gibt es ein Zeitfenster von gefühlt drei Minuten, in denen eine Ananas perfekt reif ist. Und in genau diesen Minuten schafft man es auf Guadeloupe anscheinend, die Frucht zu zerkleinern, in eine Flasche zu geben und mit Rhum Agricole aufzufüllen. Mit einer Vanilleschote als Zugabe wird die Flasche dann verschlossen und darf sich entwickeln.

Was zum Verkosten in der Flasche war, schmeckt fantastisch. Selten transportiert ein Produkt die Aromen einer vollreifen Frucht so prägnant. Allerdings gibt es zwei Punkte, die man berücksichtigen sollte. Zum einen die Füllmenge: 700 ml sind es laut Etikett, zieht man jedoch die Fruchtstücke ab, bleibt eventuell noch ein halber Liter übrig. Das ist bei der Kalkulation von Drinks ein nicht zu unterschätzender Punkt.

Die zweite Frage ist, wie der Bezug des Rumlikörs zukünftig aussieht. Denn praktisch während wir noch verkosten, erreicht uns die Nachricht, dass die Zusammenarbeit von Damoiseau und dem Hamburger Vertrieb Charles Hosie beendet wird. Damoiseau will sich wohl vorerst vom deutschen Markt zurückziehen. Zumindest ein Anlass, sich noch ein paar Sammlertropfen einzuverleiben.

Flaschengröße 700 ml
Alkoholgehalt 30% Vol.
UVP: ca. € 36 ,-
Vertrieb: Charles Hosie

Ungewöhnlicher Rumlikör: im Damoiseau Rhum Arrangé Ananas wird Rhum Agricole mit Ananasstücken versetzt
Ellenor Elderflower kommt aus Dänemark

Ellenor Elderflower

Holunderblüte. Vor einigen Jahren noch gern gesehener Gast in jeder Backbar – zeitweise so beliebt, dass der Likör den fragwürdigen Ruf des „Bartender’s Ketchup“ innehatte – ist es aktuell eher ruhig um den Blütenlikör geworden. Als Sirup ist er im Hugo natürlich auf jeder Terrasse im Glas zu finden, aber eben nicht als Likör.

Vielleicht kann eine neue Marke hier frischen Wind bringen, und vielleicht ist es Ellenor aus Dänemark. Der erste Eindruck stimmt jedenfalls. Optisch eher zurückhaltend – nennen wir es skandinavisches Understatement –, will Ellenor vor allem mit dem Inhalt punkten. Bio-zertifiziert gefällt schon mal, dunkel aber klar überwältigt der Duft frischer Holunderblüten sofort in der Nase.

Am Gaumen dann eine feine Balance aus Süße und Säure, die 18% Vol. sind durchaus bemerkbar und geben den Aromen einen breiten Boden, um sich zu entfalten. Im Drink drängt sich natürlich ein Padovani Cocktail auf, wenig überraschend ein großartiger Drink. Der dänische Likör hat in jedem Fall genug Kraft und Körper, um auch neben komplexen Whiskys zu bestehen. Wer einen Stork Rye Malt im Regal hat, dem sei diese Kombi ans Herz gelegt. Mit so viel Geschmack darf Holunder gern wieder eine größere Rolle spielen.

Flaschengröße: 700ml
Alkoholgehalt 18% Vol.
Vertrieb: Local Spirits
UVP € 24,80

Credits

Foto: Marco Beier

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