Die Verkostungsrunde im April 2024: Zwischen Äpfeln und Agaven
Die Verkostungsrunde im April hatte diesmal in den Gläsern: ABC de Christian Drouin, Agitator Single Malt Whisky, JUNE by G’Vine Gin, Penelope Bourbon und San Cosme Artesano Edition V.
Hinweis: Die Verkostung basiert ausschließlich auf redaktioneller Basis. Die Flaschen wurden MIXOLOGY für die Verkostung unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder ungefragt zugesandt. Es erfolgt weder eine Einflussnahme auf die Bewertung, noch erfährt MIXOLOGY finanzielle Zuwendungen durch eine Veröffentlichung oder Verlinkung. Wenn Sie denken, Ihr Produkt solle an dieser Stelle ebenfalls Erwähnung finden, schreiben Sie uns.
ABC de Christian Drouin Aperitif
Als die Gelben Seiten noch wichtiger waren als Algorithmen großer Suchmaschinen, war es ein großer Spaß für viele Firmen, ihren Namen möglichst weit vorn im großen Buch zu platzieren. ABC war also ein beliebter Firmen- oder Produktname. Allerdings war diese Abkürzung wohl selten so treffend wie für diesen Aperitif a Base de Calvados. Die Familie Drouin beschäftigt sich seit drei Generationen mit Apfelwein und probiert an allem, was man aus Äpfeln herauskitzeln kann. Nicht zuletzt der Gin von Christian Drouin war unter Bartendern stets ein sehr beliebter Tropfen. Bei ABC handelt es sich um einen Aperitif auf Basis von Apfelmost, kombiniert mit einem jungen Calvados, der nach seiner Reifung in Eichenfässern noch mit verschiedenen Kräutern und Gewürzen aromatisiert wird.
Das Äußere überzeugt schon einmal, schauen wir also, was der Inhalt kann. Bronzefarben glänzt die Flüssigkeit im Glas und verströmt einen deutlichen Duft von destillierten Äpfeln und Kräutern. Dieser setzt sich auf der Zunge fort. Vollmundige und sehr frische Apfelnoten, leichte Fasslagerung und eine ganz dezente, bittere Note, die sich gegen die Frucht auflehnt, runden den ersten Eindruck sehr harmonisch ab. Die Inspiration vom Wermut lässt sich erkennen, ist aber neu und interessant umgesetzt. Bartender werden mit ABC in diesem Sommer ihre Freude haben.
Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt: 17% Vol.
UVP: / Flasche: ca. € 25,90
Vertrieb: Kirsch Import
Agitator Single Malt Whisky
Destilled and Bottled in Sweden und hergestellt nach dem Prinzip „What if“. So beschreibt das Etikett diesen neuen Single Malt aus Schweden – im Vakuum destilliert und laut eigener Aussage mit Fokus auf Geschmack anstatt auf Tradition hergestellt. Mit Blick in die Zukunft spricht man lieber über die Energieeffizienz der Destillerie und die Funktion der Vakuumdestillation, als über wahre oder überlieferte Geschichten skandinavischen Whiskys, und konzentriert sich aufs Wesentliche: die Qualität der Rohstoffe, die Sorgfalt bei der Verarbeitung und eine ausgewählte Fasslagerung.
Hier experimentiert man mit einer Vielzahl verschiedener Hölzer und Vorbelegungen, die in mehreren Fällen direkt abgefüllt werden. In unserer Flasche befindet sich ein Blend aus Bourbon- und Sherryfässern sowie neuer amerikanischer Eiche und Kastanienholz. Wie lang die einzelnen Destillate gereift sind, erfahren wir vorerst nicht, aber wenn der Geschmack stimmt, ist dies ja auch zweitrangig. In der Nase ein spannender Mix aus leichter Frische, viel Holz und einer ganz leichten, rauchigen Note. Diese ist auf der Zunge dann deutlich präsenter. Die 43% Vol. sind angenehm präsent und unterstützen die rauchige Note hervorragend. Nach ein paar Minuten im Glas überwiegen dann die frischen Noten und werden von leichter Vanille begleitet. Ein spannender Malt, der durchaus mit denen mit großer Geschichte mithalten kann.
Flaschengröße 700 ml
Alkoholgehalt: 43% Vol.
UVP: ca. € 54,90
Vertrieb: Agitator
JUNE by G’Vine Gin
Wenn ich böse wäre, würde ich rückblickend sagen, dass der langsame Abstieg des Vodkas vor 12-13 Jahren mit der schier unendlichen Zahl an verschiedenen Fruchtaromen in Flaschen begann. G’Vine hat bereits 2019 und 2021 Sondereditionen mit intensivem Fruchtaroma produziert und legt mit Wassermelone jetzt noch einmal nach. Allerdings rufen die 37,5% Vol. ein wenig Skepsis hervor. Interessant, dass man sich auch im eigenen Online-Shop des deutschen Vertriebs nicht so ganz herangewagt hat an die Neuerung. Hier wird von einem leicht rötlichen Gin gesprochen, der durch natürliches Aroma mit Wassermelone angereichert wurde. Die Flasche ist leicht rötlich gefärbt, der Gin ist Gott sei Dank komplett farblos. Aber auch nur mit sehr viel Fantasie als solcher zu erkennen. Die „natürlichen“ Aromen dominieren sowohl den Geruch als auch den ersten Eindruck auf der Zunge. Gurke lässt sich noch erahnen und am Gaumen haben wir eine unerwartete Süße. Vielleicht ist dies der Weg, den Gin in den nächsten Jahren gehen wird – aromatische Öffnung in alle Richtungen. Aber einen Gin erkennt man hier beim besten Willen nicht mehr. Wer Drinks mit Wassermelonen-Geschmack mixen möchte, kann hier zugreifen, und zumindest in einem Punkt ist eine Übereinstimmung mit einer frischen Wassermelone zu finden: nach dem Genuss kleben die Lippen ein kleines Bisschen zusammen.
Flaschengröße: 700 ml
Alkoholgehalt 37,5%
UVP: UVP: ca. € 29.95
Vertrieb: Waldemar Behn
Penelope Bourbon
Optisch eher an einen Single Malt erinnernd, macht Penelope Bourbon einen recht klassischen ersten Eindruck. Der amerikanische Whiskey, der neu ist im Portfolio von Perola, ist allerdings wahrlich kein Klassiker. Erst 2018 hatten sich zwei Kindheitsfreunde das Ziel gesetzt, einen neuen Bourbon zu kreieren, benannt nach der damals gerade neu geborenen Tochter des Mitbegründers. So weit, so romantisch. Was ich persönlich großartig finde, ist die Offenheit, mit der man Auftritt: Der Bourbon trägt den Beinamen „Four Grain“ und die Mashbill besteht zu 75% aus Mais, 15% Weizen, 7% Roggen und 3% Gerstenmalz. Außerdem wurde aus drei Mashbills geblendet und die Fässer hatten an Boden und Deckel ein Charring der Stufe 2, der Rest die Stufe 4. Die 40% Alkohol und ein eher helles gelb-gold sind noch eindeutig, bevor es an die Verkostung geht.
Die Nase ist ungewöhnlich und erinnert im ersten Moment eher an einen Malt als an einen klassischen Amerikaner. Der Gaumen wird dann aber eines Besseren belehrt. Die 40% haben viel Druck, und was im ersten Moment sehr trocken und fruchtig herüberkommt, ist im zweiten Schluck ein schöner, sehr kräftiger Bourbon, der die klassischen Geschmacksnoten leicht dehnt. Vanille, Trockenobst und deutliche Noten von Getreide bleiben lange am Gaumen und machen pur definitiv Spaß. Aber auch im Drink kann Penelope überzeugen. Der Manhattan schmeichelt dem Bourbon außerordentlich, und auch für einen Revolver ist genügend Kraft vorhanden, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Flaschengröße 700 ml
Alkoholgehalt 40% Vol.
UVP: ca. € 49,90
Vertrieb: Perola
San Cosme Artesano Edition V
Wie die Edicion IV auf 2.000 Flaschen limitiert und ebenso einer speziellen Agavensorte gewidmet, beschreibt Gernot Allnoch, Mitbegründer der Marke San Cosme, die Idee der Edition V als „Möglichkeit, die große Vielfalt der wild wachsenden Agaven in Mexiko abzubilden und für den Genießer erlebbar zu machen.“ Eine ehrbare Idee, und die limitierten Abfüllungen stoßen auf große Nachfrage bei den wachsenden Mezcal-Freunden hierzulande. Die Cuishe-Agave ist eine wild wachsende Sorte, die zwischen 10 und 15 Jahren Wachstum benötigt, um wirklich reif zu werden. Der aus ihr gewonnene Mezcal hat normalerweise ein sehr blumiges, mineralisches Aroma und eine ausgeprägte Rauchnote.
Wie schon Vol. IV wurde auch V in einer 500ml-Flasche und mit 51% Vol. abgefüllt. Schauen wir einmal, was drinsteckt. Die 51% Vol. sind jedenfalls sehr deutlich, und der Gaumen benötigt eine Sekunde, um sich den Aromen zu widmen. Die Rauchnote ist sehr präsent, aber nicht übertrieben, das Blumige ist eher zurückhaltend, aber das trocken-fruchtige der Agave präsentiert sich sehr schön und gibt sofort zu erkennen, dass es sich hier um einen ungewöhnlichen und außergewöhnlichen Mezcal handelt. Ein Mezcal für den ruhigen Abend, auch wenn er in einem Mezcal-Negroni eine wahrlich wundervolle Figur macht.
Flaschengröße: 500 ml
Alkoholgehalt: 51% Vol.
UVP: ca. € 99,90
Vertrieb: Sierra Madre
Credits
Foto: Marco Beier