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Whiskey Sour ohne Whiskey?

Wie sich mittlerweile herumgesprochen haben dürfte, interessieren wir uns für Cocktails. In Cocktails befindet sich, für gewöhnlich, Alkohol.  Kann man ohne Whiskey, Vodka und Gin jedoch auch anständige Drinks mischen? Eine Rundreise gegen die eigene Skepsis.

Sie gehören doch irgendwie zusammen, der Drink und der Alkohol. Das passt auch ganz gut, denn Cocktails gibt es in der Regel in Bars. Und in Bars treffen wir uns mit Freunden – mit denen wir gelegentlich gerne ausgelassen sind. Dabei wiederum, hilft uns Alkohol. Das allerschönste an der Verkettung dieser zauberhaften Zufälle ist der Fakt, dass jene Drinks, die es in solchen Bars, in denen wir mit unseren Freunden verkehren, so gut schmecken. Deswegen haben wir ziemlich viele Wege entwickelt, die Auswahl von Drinks zu maximieren und deren Qualität zu verbessern. So füllen wir unsere Seiten und  tausende von Bartendern ihre Tresen.

Auskommen ohne Alkohol

Nähme man nun einem Drink eine Zutat weg, es würde vermutlich nicht länger als eine halbe Stunde dauern, ehe selbige ersetzt würde und ein wundervoller neuer Drink entstünde. Was aber, wenn man das mit einer ganzen Kategorie täte – beispielsweise dem Alkohol? Man kann das etwa am Gesicht des Bartenders ablesen, wenn man einen alkoholfreien Drink bestellt. „Was magst du denn gern?“ – „Whiskey Sour.“ Da fällt das Gesicht dann etwa zusammen wie ein angegessener Windbeutel – und zwar einem alkoholfreien.

„Nicht, dass mir nichts einfiele,“ so Thelonious-Bartender Amos Wasserbach. „aber als ich noch mit Küchen zusammen gearbeitet habe, war es einfacher. Wenn man einen Herd zur Verfügung hat, sind auch eigene Sirups schnell gemacht.“ Mit einer noch so gut sortierten Auswahl an Whisk(e)y, Gin und Rum wird das ungleich schwieriger. Dem Drink schmeckt man das keineswegs an. Aus Limetten- und Cranberrysaft, hausgemachtem Zimtsirup und Tonic Water mischt Amos einen Drink, dem es an weniger kaum mangeln könnte. Das Aroma der Minzgarnitur und der Zimtsirup erinnern an Ingwer und das Tonic an Gin.

Viel Kundschaft ist es nicht, die Amos nach alkoholfreien Drinks fragt. Und wenn doch, fällt ihm auch etwas ein. „Ich habe noch keine Küche kennengelernt, die nicht ohne Alkohol auskommt,“ sagt Amos. Es muss ja nicht immer ein Coq au Vin sein.

Curaçao-Kaviar in Kreuzberg

„Dabei ist Alkohol Geschmacksträger,“ könnte man da einwenden. „Und ein Nervengift!“ würde man dann entgegnen. Beides stimmt und es ist mühsam zu diskutieren, ob ein Drink mit oder ohne Alkohol sinnvoller sei – zumindest auf der geschmacklichen Seite. Denn dass ein Gin & Tonic ohne Gin schwierig wird, kann man sich schließlich denken. In alkoholfreien Drinks ist der Alkohol bestenfalls nicht einfach weg, sondern der Drink ist ein komplett anderer. Genau wie in einem vegetarischen Burger nicht einfach das Fleisch fehlt oder ein veganes Vanilleeis aus einer bloßen Waffel mit Vanillemark besteht.

Für anspruchsvolle Alternativen zum Gewöhnlichen wollen wir daher wissen, was die Destillations-Doktoren dazu denken: das Kreuzberger „Institut für Unterhaltungschemie“ Zyankali. Wie gewöhnlich, im Laborglas serviert, gibt es hier einen „Greeny“ aus Limetten- und Orangensaft, Mandelsirup, hausgemachtem und alkoholfreiem Curaçao-Kaviar und Ginger Ale. Wohlwollend wissend, wie es gemeint war, hängen die blauen Kugeln hilflos im Eis und ringen mit einem Süßigkeitensalat aus Haribos „Tropifrutti“ und gebrannten Mandeln. Die Variante mit Kirschsaft statt Curaçao-Kaviar macht die Sache nicht besser und den Salat höchstens um ein Dressing aus Roter Grütze reicher.

Apfelschorle statt Aviation

Die Aufgabe ist aber auch schwierig. Säfte zusammenschütten kann man auch zuhause, zu überkandidelt soll es aber auch nicht sein. Die Zutaten sollen frisch, an sich gut und nach Möglichkeit nicht aussehen wie auf einer 90er-Grußkarte – ihr wisst schon, die mit kleinen Mensch- oder Tierwelpen, bunten Sonnenbrillen und Drinks mit Glitterhalmen oder einer Papierananas dran. Im Limonadier sollte das möglich sein. Denn wer sich durch seine selbst gemachten Limonaden einen Namen gemacht hat, sollte es wohl auch schaffen, diese so zu kombinieren, dass es schmeckt.

Mit diesen Limonaden geht das. Darunter befinden sich Holunder-Sellerie, Gurke-Lavendel oder auch Rote Bete-Honig. Wenn dazu nun noch hausgemachter Rosmarinsirup, Basilikumpüree oder Pfeffer dazukommt, kann das sehr gut werden. Es macht nicht betrunken, aber den Toskana-Urlaub für einen Moment flüssig. Das kann man sich nun überlegen. Manche wollen auch betrunken werden und die Toskana sowieso lieber in einem Weinglas serviert. Dann sollte man es mit der alkoholfreien Variante sowieso lassen. Wer keine Lust auf alkoholfreie Drinks hat, halte sich an die Methoden im Neuköllner Tier. Da kann man sich überlegen, ob man einen der besten Whiskey Sour der Stadt trinken möchte. Oder eben eine Saftschorle. Das ist immerhin konsequent.

Rote Bete, Basilikum und Birkenwasser

Andreas Künster aus der Kantine Kohlmann mag es weniger radikal, ihn interessieren derzeit vor allem Shim Drinks – also alkoholarme Drinks. Im Grunde eine gute Sache – bloß interessiert sich eine Schwangere vermutlich nicht für den Alkoholgehalt eines Drinks. Entweder es ist welcher drin oder nicht. Wenn keiner drin sein soll, wandelt Andreas gerne mal einen Smash ab, „mit Salbei, Minze oder Basilikum funktioniert das immer ganz gut.“ Letzterer verträgt sich wunderbar mit Himberpüree und kann mit Ginger Beer getoppt werden.

Als Zutat spannend findet er auch Birkenwasser. Bis er sich allerdings der konzentrierten Ausarbeitung mehrere alkoholfreier Drinks widmen kann, dauert es noch ein wenig. Allesamt also noch ein wenig gewartet mit dem schwanger werden, im Thelonious vorbeigehen, oder sich selbst ans Mixen gemacht! Es gibt einiges zu tun und in Bars kein alkoholfreies Bier, das günstiger ist als alkoholhaltiges Bier. Das wiederum wäre eine Frage für einen anderen Artikel, der da lautete „Ist ein alkoholisches Getränk mehr wert als ein alkoholfreies?“ Wir recherchieren – und beißen derweil in unseren Burger. Mit Rind oder Rübenbratling.

Credits

Foto: Foto via Shutterstock.

Comments (1)

  • Robert Kar

    Eigentlich muss man es ja “nur” schaffen Aroma, Antritt und Abgang mit Früchten und Gewürzen abzustimmen und nicht zu überladen… wie bei einem ganz normalen Cocktail. Der Geschmack im Gin kommt ja auch vorrangig durch nicht-alkoholische Komponenten, man brauch dann eben einen gut sortierten Gewürzschrank. Aber auch eine simple, frische selbstgemachte Limonade (Zitrusfrucht + wahlweise Ingwer, Basilikum, Minze, Rohrzucker, Honig… ) kann schon einiges!

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