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Applejack Rabbit

Falsches Spiel mit Applejack Rabbit

Der Applejack Rabbit von Harry Craddock ist in Vergessenheit geraten, es kann aber auch sein, dass er nie wirklich bekannt war. Wie dem auch sei, die Sour-Variante besticht durch Aromen von gebackenem Apfel, Zitrus sowie einem Hauch Toffee und muss sich neben berühmteren Kreationen aus dem Savoy Cocktail Book nicht verstecken.
Harry Craddock lebte von 1876 bis 1963. Er war gebürtiger Engländer und wanderte für einige Jahre in die USA aus. Dort erlernte er das Handwerk des Bartenders, zog aber während der Prohibition wieder nach England. Zurück in London, wurde er einer der bekanntesten Barkeeper der 1920er und 1930er Jahre, vor allem wegen seiner Amtszeit im Londoner Savoy Hotel und der Veröffentlichung des Savoy Cocktail Book im Jahre 1930.
Dieses Buch enthält über 2.000 Rezepturen, zu denen neben Hanky Panky, White Lady & Co. auch der Applejack Rabbit zählt. Heute, 88 Jahre später, wird das Buch immer noch gedruckt und gilt als eines der wichtigsten Cocktailbücher des 20. Jahrhunderts. Harry Craddock wusste eben, wie der Hase läuft.

Harry Craddock: Immer schon Dynamit für die Bar?

Doch nun zum Hauptdarsteller des heutigen Artikels, dem Applejack Rabbit. Der Cocktail mit der DNA eines Sours kombiniert in seiner Urform Applejack, Ahornsirup, frisch gepressten Orangensaft und ebenfalls frisch gepressten Zitronensaft. 1948 schrieb David A. Embury in seinem Buch „The Fine Art of Mixing Drink“ über den Drink: „This Cocktail is also sometimes, for no reason at all, called Applejack Dynamite”.
Auch heute passt der Zusatz Dynamit nicht so wirklich, vielleicht ist er aber auf die Zubereitung mit minderwertigem Applejack zurückzuführen, welcher Anfang des 20. Jahrhunderts häufiger den Weg in die Flasche bzw. in den Cocktail fand. Die Qualität schwankte, da viele Haushalte im Winter ihren eigenen Applejack mittels der Freezing-Methode herstellten. Dazu wurde Apfelcidre in die Kälte gestellt, nach und nach das Eis von der Oberfläche abgeschöpft und so der Alkoholgehalt erhöht. Die Ergebnisse waren alles andere als konstant und die Folgen des Konsums sowie auch der Rausch unberechenbar.

Applejack heute aus herkömmlichen Brennblasen

Heutzutage wird Applejack nicht mehr mittels Freezing hergestellt, sondern in herkömmlichen Brennblasen gebrannt. Der größte und bekannteste Hersteller ist das Familienunternehmen Laird’s aus New Jersey, USA. Seit 1780 werden hier verschiedene Apfelsorten angebaut, destilliert und in Holzfässern gereift. Der Standard Applejack von Laird’s ist ein Blend aus 35% gereiftem Apfelbrand und 65% Neutralalkohol. Das Aroma ist so milder und soll in Cocktails weniger hervorstechen.
Ich persönlich bevorzuge allerdings die Bottled in Bond Variante, welche als purer Apfelbrand mit 50% Vol. und mindestens 7,5 Jahren Fassreifung daher kommt. Sollte man keinen Applejack zur Hand haben, lässt sich dieser auch hervorragend durch einen Calvados ersetzen.

Applejack Rabbit braucht die Kraft des Saftes

Bei einem Drink mit zwei verschiedenen Zitrussäften mag der eine oder andere in die Versuchung geraten, den Orangensaft im Tetrapak zu kaufen. Dieser Versuchung sollte man allerdings widerstehen. Das Pressen der Säfte kostet vielleicht etwas mehr Zeit, zahlt sich bei dem anschließenden Genuss des Drinks aber definitiv aus. Versprochen!
Saft ist nicht gleich Saft und Ahornsirup ist nicht gleich Ahornsirup. Die Qualität von Ahornsirup wird in verschiedenen Graden angegeben. Den hellen Ahornsirup bezeichnet man als Grad A, er wird in den ersten zwei Wochen der Ernteperiode gewonnen, hat ein mildes Aroma und ist bernsteinfarbig. Ahornsirup der Kategorie Grad C wird dagegen später geerntet, ist in seiner Farbe rotbraun und vom Aroma karamelliger. Es gibt auch einen Grad F. Dieser wird allerdings nur zur Aromatisierung von Pfeifentabak verwendet. Für den Applejack Rabbit eignet sich der Grad C Ahornsirup am besten, er bringt die nötige Intensität mit, um gegen den Bonded Applejack oder den Calvados zu bestehen, und sorgt für den gewünschten Hauch Toffee im Abgang des Applejack Rabbits.

Applejack Rabbit und Old Vermont

Schlussendlich bleibt zu sagen, dieser Drink sollte probiert werden, denn, wie oben schon erwähnt, muss er sich neben seinen berühmten Buch-Genossen keineswegs verstecken. Und PS: Derselbe Cocktail auf der Basis von Gin und einem Dash Angostura nennt sich Old Vermont.

Credits

Foto: Tim Klöcker

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